Die Beweislast für die Testierunfähigkeit des Erblassers liegt bei demjenigen, der die Testierfähigkeit anzweifelt und sich auf die das Erbrecht vernichtende Tatsache beruft.
Bei Vorliegen einer mittelgradigen Demenz, wie erörtert, kann nicht ohne Weiteres auf eine Testierunfähigkeit geschlossen werden, es müssen hierzu weitere Tatsachen vorgetragen werden, die einem Beweis zugänglich sind. Einzig und allein bei nicht datierten Testamenten mit unbestimmtem Errichtungszeitpunkt trifft die Feststellungslast denjenigen, der hieraus Rechte herleitet.
1. Juristische Vorarbeit innerhalb der Schriftsätze
Die beweisbelastete Partei muss alle Tatsachen vortragen, aus denen aus ihrer Sicht das demenzielle Syndrom zu vermuten oder sogar schon zu erkennen ist. So muss im Schriftsatz dezidiert dargelegt werden, auf welche Symptome sich dieser Vortrag bezieht. Aussagen von Beteiligten sollten wiedergegeben und diese als Beweismittel benannt werden, weiter sollten sämtliche Krankenunterlagen beigezogen werden.
Bei Zweifeln an der Testierfähigkeit müssen zunächst die konkreten Verhaltensweisen des Erblassers herausgearbeitet werden, anhand derer eine Testierunfähigkeit angenommen werden kann. Die Tatsachen für die Annahme einer Testierunfähigkeit sind zunächst vom Gericht festzustellen. Erst dann hat es zu entscheiden, ob aus seiner Sicht konkrete Anhaltspunkte für eine Testierunfähigkeit des Erblassers sprechen, und ob ein Sachverständiger beauftragt werden muss. Über die Art und den Umfang der dabei erforderlichen Ermittlungen und Beweiserhebungen entscheidet es orientiert am Einzelfall, ohne Bindung an Beweisanträge, nach pflichtgemäßem Ermessen. Eine Aufklärungspflicht besteht nur insoweit, als dass das Vorbringen der Beteiligten und der festgestellte Sachverhalt bei sorgfältiger Überlegung hierzu Anlass geben. Somit muss das Gericht nicht allen Beweisanträgen stattgeben und allen denkbaren Möglichkeiten zur Erforschung des Sachverhaltes nachgehen. In dem Schriftsatz sind somit alle den Beteiligten bekannten Tatsachen und Personen zu benennen, die Begebenheiten bezeugen können. Dabei messen Gerichte im Rahmen der Demenzdiagnostik den Angaben über charakteristische Verhaltens- und Wesensauffälligkeiten des Erblassers der dem Erblasser nahestehenden Personen, Ärzte und Pflegepersonals ein besonderes Gewicht bei.
2. Exkurs: Indizwirkung der Ausführungen des Notars im Bezug auf die Testierfähigkeit
Ein weiterer Anhaltspunkt kann die vom Notar festgestellte Testierfähigkeit sein, wobei eine schlichte Bejahung das Vorliegen einer Testierunfähigkeit nicht endgültig ausschließt. Wird die letztwillige Verfügung von Todes wegen vor einem Notar errichtet, so hat sich dieser zwar von Amts wegen von der Testierfähigkeit zu überzeugen und diesbezüglich Ausführungen zu machen. Dabei ist jedoch zu beachten, dass eine Bejahung der Testierfähigkeit durch den Notar lediglich Indizwirkung hat und der Führung des Gegenbeweises nicht entgegensteht. Die Wahrnehmungen des Notars nehmen gem. § 418 ZPO an der Beweiskraft teil, nicht jedoch seine rechtlichen Schlussfolgerungen. Denn ein amtierender Notar ist letztendlich Jurist und in der Regel keine Person mit einer medizinischen Ausbildung. So wie von einem Psychiater keine Gestaltung eines Erbvertrags erwartet werden kann, so wenig ist ein Notar letztendlich befähigt zur Durchführung einer psychiatrischen Diagnostik.
In der Realität muss sich der Notar auf seine bisherige Erfahrung verlassen, ohne dabei auf das erforderliche medizinische Wissen zurückgreifen zu können, das erforderlich wäre, Anzeichen einer Testierunfähigkeit zu erkennen. Bei älteren oder schwerkranken Testatoren ist es selbstverständlich, dass der Notar zwar Zeuge des ihm sich bietenden Geschehens ist, jedoch die Gesamtlage nicht ohne die Mithilfe eines psychiatrischen Sachverständigen bzw. von sachverständigen Dritten beurteilen kann. Ein oberflächliches Gespräch, das keine detaillierten Fragen oder Nachfragen enthält, ist als nicht ausreichend anzusehen. Der Erkrankte kann trotz Demenz eine Fassade aufrechterhalten, die aber nur noch scheinbar vorlie- gende Fähigkeiten demonstriert. Zur Feststellung der Schwere der Krankheit und der Testierfähigkeit soll der Notar möglichst Erkundigungen einholen, etwa beim Hausarzt, beim Stationsarzt bzw. beim kompetenten Pflegepersonal im Krankenhaus bzw. Alters- oder Pflegeheim. Das dies in der Realität schwer durchzusetzen ist, ist nachvollziehbar, aber unumgänglich.