"… 1. Der Kl. steht gegen die Bekl. als Gesamtschuldner ein Erstattungsanspruch hinsichtlich der an die Zeugin S. erstatteten Schäden aus dem Verkehrsunfall vom 27.7.2016 auf der Kreuzung S-Straße/M-Straße/B-Allee in H. gem. §§ 7 Abs. 1, 17 Abs. 1, Abs. 2 StVG, 115 Abs. 1 S. 1 Nr. 1, S. 4 VVG, 249 ff. BGB, 86 Abs. 1 VVG i.H.v. 1.281,70 EUR zu. Die Bekl. haften dem Grunde nach quotal für die Unfallfolgen aus Betriebsgefahr des Beklagtenfahrzeugs, welche hier mit 20 % zu bemessen ist."
a) Die der Zeugin S. durch das Auffahren der Zeugin H. auf den Pkw der Zeugin S. entstandenen Schäden sind bei Betrieb des Beklagtenfahrzeugs i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG entstanden.
(1) Beim Betrieb eines Fahrzeugs hat sich ein Unfall ereignet, wenn sich eine Gefahr realisiert, die mit dem Fahrzeug als Verkehrsmittel verbunden ist. Dabei hat das LG zutreffend erkannt, dass es für eine Zurechnung der Betriebsgefahr nicht auf einen Kontakt der am Unfall beteiligten Fahrzeuge ankommt. Der Begriff "bei dem Betrieb" ist weit zu fassen (BGH NVZ 2014, 207). Ausreichend ist, dass bei einer wertenden Betrachtung das Schadensgeschehen durch das Kfz zumindest mitgeprägt worden ist (BGH NZV 2015, 327). Dabei reicht die bloße Anwesenheit eines im Betrieb befindlichen Kfz an einer Unfallstelle nicht aus. Vielmehr ist ein naher zeitlicher und örtlicher Zusammenhang mit einem Betriebsvorgang des Kfz erforderlich, wobei sich eine vom Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt haben muss, mithin das Fahrzeug durch seine Fahrweise oder sonstige Verkehrsbeeinflussung zu der Entstehung des Schadens beigetragen haben muss (BGH NJW 2017, 1173).
(2) Vorliegend ist von einem zeitlichen und örtlichen Zusammenhang des Betriebs des Beklagtenfahrzeugs zu dem Bremsmanöver der Zeugin S. und dadurch bedingten Auffahren der Zeugin H. auszugehen. Der Bekl. zu 1 hatte unstreitig mit seinem Fahrzeug von der S-Straße kommend die für Ihn geltende Haltelinie im Bereich der Kreuzung S-Straße/M-Straße/B-Allee überfahren und war zunächst im Bereich zwischen Haltelinie und Kreuzungsviereck – verkehrsbedingt – zum Stehen gekommen. Zur Überzeugung des Senats (dazu unten) ist der Bekl. zu 1 – nachdem die Kreuzung wieder frei war – dann jedoch zumindest bis in den Bereich des Kreuzungsvierecks vorgefahren, während der von der B. Allee kommende Linksabbiegeverkehr schon grün hatte. Nach den glaubhaften Angaben der Zeugin S. hatte diese aufgrund dieses Fahrmanövers des Bekl. zu 1 die Sorge, er würde ihre Fahrspur kreuzen, so dass diese eine Vollbremsung durchgeführt hat.
Für die Haftung der Bekl. aus Betriebsgefahr kann dabei dahinstehen, ob das Bremsmanöver der Zeugin S. zur Vermeidung einer Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug objektiv oder subjektiv erforderlich war oder sich als einzige Möglichkeit darstellte, eine Kollision zu vermeiden und ob der Bekl. zu 1 sein Fahrzeug nach Erkennen des bevorrechtigten Verkehrs mit Abstand zur Linksabbiegerfahrspur der Zeugin S. wieder zum Stehen gebracht hat, da auch ein Unfall infolge einer voreiligen, objektiv nicht erforderlichen (Über-)Reaktion dem Betrieb des Kfz zuzurechnen ist, das diese Reaktion ausgelöst hat (BGH NJW 2010, 3713; OLG Brandenburg, Urt. v. 12.9.2017 – 12 U 1/17, juris).
b) Ein Fall höherer Gewalt i.S.d. § 7 Abs. 2 StVG liegt offenkundig nicht vor.
c) Keine der am Verkehrsunfall beteiligten Parteien kann Unabwendbarkeit im Sinne des § 17 Abs. 3 StVG für sich in Anspruch nehmen.
(1) Die Zeugin H. hat gegen die Pflichten aus §§ 3 Abs. 1 S. 4, 4 Abs. 1 S. 1, 1 StVO verstoßen, da sie – wie sich aus dem Unfallgeschehen zeigt – nicht mit der gebotenen besonderen Aufmerksamkeit und erhöhten Bremsbereitschaft (vgl. dazu KG NZV 2013, 80) im durch Lichtzeichenanlagen geregelten Kreuzungsbereich (an-)gefahren und deswegen auf das Kfz der Zeugin S. aufgefahren ist.
(2) Für die Zeugin S. war der Unfall nicht unabwendbar, da sie bei gehöriger Aufmerksamkeit einer Idealfahrerin hätte erkennen können, dass keine Gefahr der Kollision mit dem Beklagtenfahrzeug bestand und daher zumindest objektiv kein zwingender Grund vorlag, ihr Kfz stark abzubremsen.
(3) Für den Bekl. zu 1 war der Unfall nicht unabwendbar, da er trotz der für den aus der B. Allee kommenden aufgrund Grün zeigender Lichtzeichenanlage bevorrechtigten Linksabbiegerverkehr mit seinem Fahrzeug erneut angefahren und zumindest bis in das Kreuzungsviereck der Kreuzung gefahren ist.
Der Senat vermag nach dem Ergebnis der Beweisaufnahme dabei allerdings nicht mit der erforderlichen Gewissheit feststellen, dass der Bekl. zu 1 mit seinem Fahrzeug bereits bis zur linken, von der Zeugin S. befahrenen, Linksabbiegerfahrspur vorgefahren ist und diese daher zur Vermeidung einer Kollision zur Vollbremsung objektiv gezwungen war. Zwar hat die Zeugin R. angegeben, sich sicher zu sein, dass sie hinter dem Fahrzeug des Bekl. zu 1 ungehindert auf ihrer Fahrspur – d.h. der rechten Linksabbiegerspur – an der Unfallstelle auf der Kreuzung, wo sie neben den zwei Pkw auch das Beklagtenfahrzeug gesehen habe, vorbeif...