"… 1. Der Kl. steht gegen die Bekl. kein Zahlungsanspruch aus § 1 S. 1 VVG i.V.m. dem zwischen den Parteien zum 26.6.2014 geschlossenen Versicherungsvertrag über eine Kfz-Haftpflicht- und Vollkaskoversicherung zu, da das hier streitgegenständliche Unfallgeschehen vom 11.3.2016 in unversicherter Zeit eingetreten ist. Der Versicherungsvertrag ist aufgrund der Kündigung der Kl. vom 19.11.2014 wirksam mit Ablauf des 26.6.2015 beendet worden."
a. Die Kündigungserklärung stellt eine einseitige empfangsbedürftige Willenserklärung dar, die erst mit Zugang bei dem richtigen Erklärungsempfänger – dem Vertragspartner – wirksam wird (§ 130 BGB; vgl. Rixecker in: Langheid/Rixecker, VVG, 6. Aufl., § 11 Rn 10). Die Kündigung stellt ein Gestaltungsrecht dar (Fausten in: MüKo-VVG, 2. Aufl. 2016, § 11 Rn 96), das nach seinem Zugang unwiderruflich ist (BGH zfs 1985, 80; …).
Das wirksam gekündigte Versicherungsverhältnis lebt nur dann wieder auf, wenn beide Vertragspartner dies vereinbaren (BGH, a.a.O.; OLG Karlsruhe, VersR 1981, 646). Dies ist auch noch dann möglich, wenn die Wirkungen der Kündigung bereits eingetreten sind (Muschner in: Rüffer/Halbach/Schimikowski, VVG, 3. Aufl., § 11 Rn 31). Erklärt der Versicherungsnehmer die “Rücknahme' der Kündigung, so liegt darin ein Angebot auf Abschluss eines Vertrages, mit dem die Fortsetzung des früheren Versicherungsverhältnisses geregelt werden soll (Rixecker in: Langheid/Rixecker, a.a.O., § 11 Rn 12 m.w.N.; …). Hierzu bedarf es der Annahme durch den Versicherer, die auch konkludent erklärt werden kann (…).
b. Vorliegend hat die Kl. das Vertragsverhältnis mit Schreiben vom 19.11.2014 “zum Vertragsablauf' gekündigt. Der Vertragsablauf datierte unstreitig auf den 27.6.2015, 00.00 Uhr. Diese Kündigung ist der Bekl. auch unstreitig zugegangen und damit wirksam geworden. Einer Bestätigung der Kündigung seitens der Bekl. bedurfte es nicht.
Die Kündigung qualifiziert sich, wie bereits angemerkt, als einseitige empfangsbedürftige und gleichzeitig rechtsgestaltende Willenserklärung. Demgemäß ist der Versicherer nicht gehalten, gegenüber dem Versicherungsnehmer zu bestätigen, er habe dessen Kündigung erhalten oder erkenne diese als wirksam zu einem bestimmten Zeitpunkt an (…). Eine derartige Verpflichtung lässt sich auch nicht als Nebenpflicht aus dem Vertragsverhältnis ableiten (OLG Schleswig VersR 1997, 178). Es ist ureigene Aufgabe des Versicherungsnehmers, hinsichtlich der wirksamen Vertragsbeendigung für klare Verhältnisse zu sorgen und ggf. beim Versicherer nachzufragen (…).
c. Eine Vereinbarung über eine Fortsetzung des Versicherungsvertrages trotz erfolgter Kündigung ist zwischen den Parteien nicht geschlossen worden.
aa. Ein derartiger Vertragsschluss kann nicht in der Übersendung des Nachtrags zur Kfz-Versicherung vom 15.4.2015 erblickt werden. Soweit die Kl. vorträgt, sie habe den Nachtrag zur Kfz-Versicherung vom 15.4.2015 nur dahingehend verstehen können, weiterhin bei der Bekl. versichert zu sein, so steht dem entgegen, dass dieser Nachtrag nach unbestrittenem Vortrag der Bekl. auf die Anforderung der Kl. hin erfolgte und nicht etwa auf Initiative der Bekl. In diesem Nachtrag wird im Übrigen ausdrücklich bestätigt, dass das Versicherungsvertragsverhältnis bei der Bekl. bis zum 27.6.2015, 00.00 Uhr läuft. Damit hat die Bekl. lediglich ihre Pflicht aus § 3 Abs. 1 VVG erfüllt, wonach der Versicherer dem Versicherungsnehmer einen Versicherungsschein in Textform, auf dessen Verlangen hin als Urkunde zu übermitteln hat.
bb. Auch die Kl. hat der Bekl. kein Angebot auf Abschluss eines Vertrages über die Fortsetzung des früheren Versicherungsverhältnisses unterbreitet.
Weder hat die Kl. sich ausdrücklich insoweit an die Bekl. gewandt, noch hat die Kl. durch ein schlüssiges Verhalten der Bekl. gegenüber zu erkennen gegeben, dass von ihr eine Fortsetzung des gekündigten Vertragsverhältnisses gewollt gewesen wäre. Insb. hat sie auch nach dem 26.6.2015, mithin nach Ablauf des Versicherungsvertrages, keine weiteren Prämien an die Bekl. gezahlt. Veranlassung von der ihr erteilten Einzugsermächtigung nach dem kündigungsbedingten Auslaufen mit Ablauf des 26.6.2015 Gebrauch zu machen, hatte die Bekl. nicht.
d. Die Kl. konnte auch im Hinblick auf den Nachtrag 001 zum Versicherungsschein der R. Direktversicherung AG keinen Vertrauenstatbestand dahin bilden, dass die Bekl. einen mit der Kl. geschlossenen Versicherungsvertrag auch über den 26.6.2015 hinaus habe fortführen wollen. Unabhängig davon, dass bereits eine seitens der R. Direktversicherung AG abgegebene Erklärung der Bekl. nicht zugerechnet werden kann, bestand sowohl zum Zeitpunkt des Abschlusses des weiteren Versicherungsvertrages zum 1.1.2015 als auch zum Zeitpunkt des Nachtrags 001 unstreitig eine Doppelversicherung. Aus der Vertragskündigung der R. Direktversicherung AG konnte die Kl. daher bereits aus diesem Grunde keinen Rückschluss hinsichtlich des Fortbestehens des Vertragsverhältnisses mit der Bekl. über den 26.6.2015 hinaus ziehen. Bis ...