“Die Klage ist zulässig. Sie ist auch teilweise begründet.
1. Die Beklagten sind als Gesamtschuldner verpflichtet, an den Kläger weitere EUR 886,82 zu bezahlen, da die Beklagten als Gesamtschuldner für 2/3 des durch den Unfall entstandenen Schadens des Klägers einstandspflichtig sind.
a. Die Einstandspflicht des Beklagten zu 1) ergibt sich aus § 18 Abs. 1 S. 1, 2 StVG i.V.m. § 7 Abs. 1 StVG. Der Beklagte zu 1) hat schuldhaft gehandelt, indem er gegen das Überholverbot bei unklarer Verkehrslage verstoßen hat (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Dies rechtfertigt zum einen eine Haftung des Beklagten zu 1) dem Grunde nach, zum anderen eine gegenüber dem Kläger erhöhte Haftungsquote von 2 zu 1.
aa. Das Gericht sieht es als beweisen an, dass die Zeugin F rechtzeitig den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hat und dieser auch am linken Fahrzeugheck aufleuchtete. Denn dies hat nicht nur die Zeugin F, sondern auch die Zeugin M ausgesagt. Die Zeugin M ist als in hohem Maße glaubwürdig einzuschätzen, da sie als einzige der drei Zeuginnen in keinem Näheverhältnis zu den Parteien steht; auch gab die Zeugin M an, sich konkret an die Vorgänge auch schon vor der Kollision erinnern zu können, da ihr das Fahrzeug der Zeugin F besonders aufgefallen sei; dies habe sie wegen seines Kennzeichens an das “Legoland’ erinnert. Die entgegenstehende Aussage der Zeugin P, das vorausfahrende Fahrzeug habe nicht geblinkt, bewertet das Gericht nach dem Gesamteindruck der Zeugin hingegen als weniger glaubwürdig.
Auch der Theorie, jedenfalls der hintere linke Blinker des klägerischen Fahrzeugs könne defekt gewesen sein, mag sich das Gericht nicht anschließen. Zum einen hat der Kläger in seiner informatorischen Befragung angegeben, dass ihm auf Nachfrage in einer VW-Fachwerkstatt erklärt worden sei, dass eine defekte Blinkleuchte im Display durch ein Warnsymbol angezeigt werde, darüber hinaus aber auch die Blinkfrequenz erhöht sei; insbesondere Letzteres entspricht auch der Lebenserfahrung. Dass es sich um einen “nervösen Blinker’ (d.h. ein Blinken mit erhöhter Frequenz) gehandelt habe, haben jedoch sowohl die Zeugin F als auch die Zeugin M auf Nachfrage verneint.
bb. Angesichts dessen ist von einem haftungserhöhenden Verschulden des Beklagten zu 1) auszugehen. Denn der Beklagte zu 1) hätte in der gegebenen Situation nicht überholen dürfen, da die Verkehrslage unklar war (§ 5 Abs. 3 Nr. 1 StVO). Die Zeugin F hatte bereits vor dem Einfahren in die Kreuzung den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt; vor diesem Hintergrund durfte der Beklagte zu 1) nicht davon ausgehen, dass die Zeugin F nach rechts fahren würde, um am rechten Fahrbahnrand zu halten. Hier wäre der Beklagte zu 1) verpflichtet gewesen, zunächst abzuwarten, anstatt die – weiterhin links blinkende – Zeugin F sogleich zu überholen.
Der von den Beklagten zitierte Beschluss der 9. Zivilkammer des LG vom 17.8.2007 – 9 S 232/07 – steht dem nicht entgegen. Denn in dem zitierten Beschluss hat die 9. Zivilkammer den Vorwurf des Überholens bei unklarer Verkehrslage zurückgewiesen, da allein die Fahrweise des Überholten noch nicht zur Begründung einer unklaren Verkehrslage ausreiche. Demgegenüber wird im selben Absatz unter Verweis auf KG Berlin, Urt. v. 15.8.2005, NZV 2006, 309 ausdrücklich darauf hingewiesen, dass eine unklare Verkehrslage zu bejahen wäre, wenn das vorausfahrende Fahrzeug – wie hier – den linken Fahrtrichtungsanzeiger betätigt hätte.
cc. Zwar ist davon auszugehen, dass die Zeugin F als Fahrerin des klägerischen Fahrzeugs der doppelten Rückschaupflicht des Linksabbiegers (§ 9 Abs. 1 S. 4 StVO) nicht nachgekommen ist. Die Zeugin F gab in ihrer Vernehmung an, sich nicht erinnern zu können, ob sie nach hinten gesehen habe. Demgegenüber erklärte die Zeugin P, die Zeugin F habe nicht nach hinten gesehen; die Aussage der Zeugin P ist insoweit nachvollziehbar, als davon auszugehen ist, dass der Unfall noch hätte verhindert werden können, wenn die Zeugin F nach hinten gesehen und den zum Überholen ansetzenden Beklagten zu 1) bemerkt hätte. Allerdings tritt die Verletzung der zweiten Rückschaupflicht durch die Zeugin F hinter dem schuldhaften Fehlverhalten des Beklagten zu 1) zurück (vgl. Grüneberg, Haftungsquoten bei Verkehrsunfällen, 10. Aufl. 2007, Rn 161 m.w.N).
Dem steht auch nicht das von den Beklagten mehrfach zitierte Urteil des OLG Frankfurt vom 8.7.2002 – 1 U 113/01 – entgegen. Hier ist zunächst festzuhalten, dass der dieser Entscheidung zu Grunde liegende Sachverhalt anders gelagert ist: An Stelle eines Abbiege- bzw. Überholvorgangs im Bereich einer innerörtlichen Kreuzung zweier Straßen gleicher Ordnung bog der Beklagte in der zitierten Entscheidung außerorts von einer Kreisstraße auf einen Feldweg ab (OLG Frankfurt a.a.O.). Darüber hinaus konnte in der zitierten Entscheidung kein gefahrerhöhendes Verhalten des Überholenden festgestellt werden; auch insoweit liegt der hier gegebene Fall anders.
Dass die Zeugin F vor dem Linksabbiegen zunächst nach rechts gefahren ist, ist ebenfalls unbe...