BGB § 241 § 280 § 311
Der Verkäufer eines Gebrauchtwagens muss den Käufer darüber aufklären, dass er das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf von einem nicht im Kraftfahrzeugbrief eingetragenen "fliegenden Zwischenhändler" erworben hat.
BGH, Urt. v. 16.12.2009 – VIII ZR 38/09
Der Kläger hat Schadensersatzansprüche aus dem Kauf eines Pkw im Jahre 2004 verfolgt. Den Pkw hatte der Kläger von dem Beklagten zu 1) über den Beklagten zu 2), der ein Gebrauchtwagenhändler ist, gekauft. In dem Kaufvertragsformular wurde eine Gesamtfahrleistung von 201.000 Kilometern vermerkt, was dem Tachostand zum Zeitpunkt des Vertragsschlusses entsprach. Als Vorbesitzer waren nur der ursprüngliche Halter und der Beklagte zu 1) eingetragen. Der Beklagte zu 1) hatte das Fahrzeug über den Beklagten zu 2) von einem Zwischenhändler erworben, den die Beklagten nur unter seinem Namen A kannten. A hatte das Fahrzeug von einem nicht als Halter im Kfz-Brief eingetragenen Vorbesitzer erworben. Darüber wurde der Kläger beim Abschluss des Kaufvertrages nicht unterrichtet.
Der Kläger legte mit dem Pkw eine Fahrstrecke von 21.000 Kilometern zurück und veräußerte das Fahrzeug im November 2006 zu einem Preis von 1.500 EUR. Der Kläger hat Schadensersatz in Höhe von 7.009,39 EUR begehrt, den er aus der Differenz zwischen dem gezahlten Kaufpreis zuzüglich der Erstattung von Reparaturkosten zu dem Verkaufserlös und dem Entgelt für die gezogenen Nutzungen errechnet hat. Zur Begründung hat er sich darauf bezogen, dass die Beklagten ihn über den Erwerb des Fahrzeuges von einem nicht näher bekannten fliegenden Zwischenhändler hätten aufklären müssen. Bei Erteilung dieser Aufklärung hätte er auf die angegebene Laufleistung nicht vertraut, die unter Bezugnahme auf die Angabe des Vorbesitzers erfolgt sei und auch das Fahrzeug deshalb nicht gekauft. Die tatsächliche Laufleistung habe mehr als 340.000 Kilometer betragen.
Nach Klageabweisung durch das LG hat das BG die Beklagten zur Zahlung von 6.754,24 EUR verurteilt. Die Revision der Beklagten, die die Wiederherstellung des erstinstanzlichen Urteils begehrten, blieben erfolglos.
Aus den Gründen:
[11] “… Die Revisionen sind unzulässig, soweit sie sich gegen die Höhe des geltend gemachten Schadensersatzes wenden. Das BG hat die Revisionen nur beschränkt – auf den Grund des vom Kläger geltend gemachten Anspruchs auf Schadensersatz – zugelassen. Das ergibt sich zwar nicht aus dem Tenor, wohl aber, was nach der Rspr. des BGH ausreicht (BGHZ 153, 358, 360 f. = NJW 2003, 1518; Senat NKW 2010, 148 = WM 2009, 2334 Rn 11, NJW-RR 2009, 1383 = WuM 2009, 1383 Rn 13), aus den Gründen des Urteils.
[12] Das BG hat die Revisionen einerseits wegen der Frage nach der Anwendbarkeit der culpa in contrahendo neben den §§ 434 ff. BGB in den Fällen einer vorsätzlichen vorvertraglichen Pflichtverletzung und andererseits im Hinblick auf eine Offenbarungspflicht des Gebrauchtwagenverkäufers über nicht eingetragene Vorbesitzer zugelassen. Diese Fragen betreffen nur den Anspruchsgrund. Eine Beschränkung der Revisionszulassung auf den Anspruchsgrund ist nach der Rspr. des BGH möglich (Senat NJW 2010, 148 = WM 2009, 2334 Rn 11; NJW 1982, 2380, unter II 2c; BGH NJW 2004, 3176, unter II 1) und daher wirksam.
[13] 2. Soweit die Revisionen zulässig sind, sind sie unbegründet. Die Beklagten sind dem Kläger gem. § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, 3, § 241 Abs. 2 BGB als Gesamtschuldner zum Schadensersatz verpflichtet. Sie haften wegen der unterbliebenen Aufklärung über den nicht näher bekannten Zwischenhändler aus Verschulden bei Vertragsverhandlungen.
[14] a) Zu Recht hat das BG angenommen, dass der Beklagte zu 1) sich das Verhalten des Beklagten zu 2), dessen er sich als Erfüllungsgehilfe bedient hat, zurechnen lassen muss (§ 278 BGB) und dem Kläger nach § 280 Abs. 1, § 311 Abs. 2, § 241 Abs. 2 BGB zum Schadensersatz verpflichtet ist.
[15] aa) Nach der gefestigten Rspr. des BGH besteht bei Vertragsverhandlungen für jeden Vertragspartner die Pflicht, den anderen Teil über solche Umstände aufzuklären, die den Vertragszweck (des anderen) vereiteln können und daher für seinen Entschluss von wesentlicher Bedeutung sind, sofern er die Mitteilung nach der Verkehrsauffassung erwarten kann (Senat NJW 2001, 2163 = WM 2001, 1118, unter II 3b; NJW 2007, 3057 = WM 2007, 2258, Rn 35; jew. m.w.N.).
[16] Wie das BG richtig gesehen hat, liegt ein solcher für den Käufer eines Gebrauchtwagens wesentlicher Umstand vor, wenn der Verkäufer das Fahrzeug selbst – wie hier – kurz zuvor von einem ‘fliegenden Zwischenhändler’ erworben hat. In einem solchen Fall ist der Verkäufer zur Aufklärung verpflichtet (OLG Bremen NJW 2003, 3713 f.; Reinking/Eggert, Der Autokauf, 10. Aufl., Rn 1599), denn ohne einen entsprechenden Hinweis geht der Käufer davon aus, dass der Vertragspartner das Fahrzeug von demjenigen übernommen hat, der als letzter Halter in dem Kraftfahrzeugbrief eingetragen ist. Hat der Verkäufer das Fahrzeug kurze Zeit vor dem Weiterverkauf selbst von einer Person unbekannter ...