BGB § 249
Ist ein Gutachten des Sachverständigen zum Nachweis der Schadenshöhe eines Verkehrsunfalles nicht geeignet, sind die Aufwendungen für die Einholung des Gutachtens kein erforderlicher Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB und deshalb nicht ersatzfähig. Das gilt jedenfalls dann, wenn der Geschädigte erkennt, dass der Gutachter nicht auf den Unfall zurückzuführende Vorschäden bei der Bemessung der Schadenshöhe einbezogen hat.
(Leitsätze der Schriftleitung)
AG Nürnberg, Urt. v. 28.9.2009 – 33 C 690/09
Der Kläger hat die Verurteilung der Beklagten zum Ersatz des ihm aus einem Verkehrsunfall erwachsenen Sachschadens, der Sachverständigenkosten und der Unfallpauschale geltend gemacht. Der Gutachter bezog bei der Bestimmung des Sachschadens zu Unrecht einen Schaden an der Heckklappe ein, was das AG durch eine Würdigung der Kompatibilität der Beschädigungen an den an dem Unfall beteiligten Fahrzeugen feststellte. Das AG hielt damit das Gutachten für ungeeignet, die Unfallschäden zu beweisen und versagte einen Anspruch auf den Ersatz der Gutachterkosten mit der zusätzlichen Erwägung, dass dem geschädigten Kläger die zu Unrecht dem Unfallschaden zugeordneten Vorschäden an der Heckklappe hätten bekannt sein müssen.
Aus den Gründen:
“Was die Hauptforderung betrifft, ist die zulässige Klage nur hinsichtlich eines Betrages in Höhe von 229,80 EUR begründet.
Wie sich aus dem gerichtlich erholten Gutachten des Sachverständigen ergibt, betragen die auf das Unfallereignis zurückzuführenden Reparaturkosten nur 1.408,95 EUR (netto). Danach hat der vom Kläger eingeschaltete Sachverständige in die Reparaturkostenkalkulation einen Schaden an der Heckklappe des klägerischen Fahrzeugs einbezogen, der nicht durch das Unfallereignis entstanden sein kann. Dies zeigt ein Vergleich der an beiden Fahrzeugen eingetretenen Schäden. So sind die Schäden am Fahrzeug der Beklagten zu 1) der Art, dass ein direkter Kontakt der Stoßstange des Fahrzeugs der Beklagten zu 1) mit der Heckklappe des klägerischen Fahrzeugs auszuschließen ist Damit müssen sämtliche Schäden an der Heckklappe des klägerischen Fahrzeugs als Vorschäden eingestuft werden.
Diese Ausführungen des Sachverständigen hält das Gericht für überzeugend. Nachdem am Fahrzeug der Beklagten zu 1) kaum wahrnehmbare Schäden eingetreten sind, erscheint es ausgeschlossen, dass durch den Anstoß von Stoßstange an Stoßstange die markanten Verformungen an der Heckklappe im Bereich des Kennzeichens, die der Sachverständige dem Unfallereignis zugeordnet hat, entstanden sein sollen. In jedem Fall wären die vom Sachverständigen dokumentierten Schäden an der Heckklappe nicht vorstellbar ohne eine erhebliche Deformation des Heckabschlussbleches. Diese Deformation hat der Sachverständige aber nicht dokumentiert. Schon aus diesem Grunde hält das Gericht sein Gutachten für nicht geeignet, die vom Kläger behaupteten Unfallschäden zu beweisen.
Damit errechnen sich die klägerischen Ansprüche wie folgt:
Reparaturkosten laut Gutachten des Sachverständigen in Höhe von 1.408,95 EUR (netto).
Nachdem der Wiederbeschaffungswert im Gutachten des Sachverständigen nicht angegriffen ist, steht nun fest, dass beim klägerischen Fahrzeug kein wirtschaftlicher Totalschaden eingetreten ist, weshalb nach den Nettoreparaturkosten abzurechnen ist.
Unkostenpauschale 25 EUR.
Nicht erstattet ersetzt verlangen kann der Kläger die Gutachterkosten. Denn das Gutachten des Sachverständigen ist objektiv zum Nachweis der Schadenshöhe nicht geeignet Dies hat zur Folge, dass die Aufwendungen für dieses Gutachten nicht zum erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB zu zählen sind. Dies gilt jedenfalls dann, wenn dem Geschädigten (Kläger) die Vorschäden an der Heckklappe hätten bekannt sein müssen. Davon muss hier ausgegangen werden.”
Die im ersten Leitsatz aufgenommene apodiktische Feststellung des Urteils, wonach die Aufwendungen für die Einholung eines Gutachten nicht ersatzfähig sind, weil sie keinen erforderlichen Herstellungsaufwand i.S.d. § 249 BGB darstellen, kehrt das Regel- und Ausnahmeverhältnis für die Feststellung der Ersatzpflicht hinsichtlich der Gutachtenkosten um.
1) Grundsätzlich sind die Kosten der Einholung eines Gutachtens auch dann ersatzfähig, wenn das Gutachten unrichtig ist. Das folgt aus dem Grundsatz der subjektiven Schadensbestimmung und dem Grundsatz, dass der Sachverständige nicht Erfüllungsgehilfe des Geschädigten für Verpflichtungen gegenüber dem Schädiger und dessen Haftpflichtversicherung ist, was zur Folge hat, dass der Schädiger grundsätzlich auch das Risiko unrichtiger Feststellungen des Gutachters zu tragen hat (vgl. OLG Saarbrücken zfs 2003, 308 ff.; OLG Hamm DAR 2001, 506; OLG Düsseldorf DAR 2006, 234; AG Saarlouis zfs 1997, 96; vgl. auch Geigel-Knerr, Der Haftpflichtprozess, 25. Aufl., Kap. 3 Rn 122; Fleischmann/Hillmann/Schneider, Das verkehrsrechtliche Mandat, Bd. 2: Verkehrszivilrecht, 5. Aufl.,§ 8 Rn 6 ff.). Mit der Beauftragung eines Sachverständigen, über dessen Qualifikation der Ge...