Der Entscheidung ist zuzustimmen.
I. Gebührenanfall
Der BGH hat sich der zutreffenden Auffassung in Rspr. und Literatur angeschlossen, nach der das Einreichen einer Schutzschrift durch den Verfahrensbevollmächtigten die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG auslöst. Das vom BGH für die Gegenmeinung zitierte OLG Hamburg hatte allerdings seine Ansicht i.S.d. jetzt vom BGH vertretenen Auffassung geändert, s. RVGreport 2007, 424 (Hansens) = AGS 2007, 448. Zur BRAGO hatte der BGH noch entschieden, dass lediglich die halbe Prozessgebühr nach § 31 Abs. 1 Nr. 1 i.V.m. § 32 Abs. 1 BRAGO anfalle, weil die in der Schutzschrift vorsorglich enthaltenen Anträge nicht als Sachanträge i.S.v. § 32 Abs. 1 BRAGO gesehen wurden, so BGH BRAGOreport 2003, 114 (Hansens) = NJW 2003, 1257 = AGS 2003, 272 mit Anm. N. Schneider = JurBüro 2003, 369. Der BGH hat hier darauf hingewiesen, dass sich die Rechtslage mit dem Inkrafttreten des RVG geändert hat.
Welche Gebühr dem mit dem Einreichen einer Schutzschrift beauftragten Anwalt anfällt, hängt von den Umständen des Einzelfalls ab:
- Wird der RA nur mit der Fertigung und dem Einreichen der Schutzschrift beauftragt, ohne auch zum Verfahrensbevollmächtigten bestellt zu werden, fällt ihm nach Nr. 3403 VV RVG nach den Ausführungen des BGH hier lediglich eine 0,8 Verfahrensgebühr für Einzeltätigkeiten an.
- Ist der RA bereits mit der Vertretung in dem erwarteten Eilverfahren beauftragt und endigt dieser Auftrag nach erster Information vor Einreichen der Schutzschrift, entsteht ihm ebenfalls eine 0,8 Verfahrensgebühr, die jedoch ihre Grundlage in Nr. 3100, 3101 Nr. 1 VV RVG hat, so BGH NJW-RR 2007, 1575 = RVGreport 2007, 348 (Hansens).
- Wird der RA nicht nur mit der Fertigung und dem Einreichen der Schutzschrift, sondern bereits mit der Vertretung in dem erwarteten Eilverfahren beauftragt und reicht er dann die Schutzschrift bei Gericht ein, fällt hierfür – wie der BGH hier entschieden hat – die 1,3 Verfahrensgebühr nach Nr. 3100 VV RVG an. Diese Entscheidung bestätigt im Übrigen auch meine u.a. in zfs 2008, 291 veröffentlichte Auffassung, auch der spätere Beklagte kann seinem Rechtsanwalt bereits vor Erhebung der Klage durch die Gegenseite einen unbedingten Prozessauftrag erteilen, was den Anfall einer Geschäftsgebühr für vorgerichtliche Tätigkeit ausschließt.
2. Kostenerstattung
Der BGH hat seine bisherige Rspr. in NJW 2003, 1257 = BRAGOreport 2003, 114 (Hansens) = AGS 2003, 272 bekräftigt, nach der die Kosten einer Schutzschrift dann erstattungsfähig sind, wenn der erwartete Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung eingereicht wird. Dies gilt auch dann, wenn dieser Verfügungsantrag abgelehnt oder später zurückgenommen wird, so der BGH hier.
Wird hingegen die Schutzschrift erst eingereicht, nachdem der Antragssteller seinen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Verfügung wieder zurückgenommen hat, ist lediglich die für das Betreiben des Geschäfts angefallene 0,8 Verfahrensgebühr nach Nr. 3101 Nr. 1 VV RVG erstattungsfähig: Dies gilt nach Auffassung des BGH NJW-RR 2007, 1575 = RVGreport 2007, 348 (Hansens) = AGS 2007, 477 = JurBüro 2007, 430 selbst dann, wenn der Antragsgegner die Antragsrücknahme nicht kannte oder kennen musste. Der BGH legt für die Erstattungsfähigkeit der Kosten einer Schutzschrift somit einen objektiven Maßstab an, er stellt nämlich darauf ab, ob zum Zeitpunkt des Eingangs der Schutzschrift noch ein Verfügungsverfahren anhängig ist. Dabei verlagert der BGH allerdings das Risiko der Kostenerstattung auf den Antragsgegner, was ich für bedenklich halte. Bereits aus erstattungsrechtlichen Gründen empfiehlt es sich deshalb, die Schutzschrift bei Gericht so schnell wie möglich einzureichen.
Heinz Hansens