StVG § 7 Abs. 1
Leitsatz
Allein durch das vorsätzliche Inbrandsetzen eines ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Kraftfahrzeuges verwirklicht sich nicht dessen Betriebsgefahr i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG bei einem Übergreifen des Brandes auf ein anderes Kraftfahrzeug. Hinzu kommen muss vielmehr, dass der Brand oder dessen Übergreifen in einem ursächlichen Zusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betriebseinrichtung des Kraftfahrzeuges steht.
BGH, Urt. v. 27.11.2007 – VI ZR 210/06
Sachverhalt
Der Beklagte zu 1) stellte in den Abendstunden des 18.5.2003 seinen bei der Beklagten zu 2) haftpflichtversicherten Pkw auf einem öffentlichen Parkplatz ab. In der Nacht setzte ein Unbekannter den Pkw in Brand. Das brennende Fahrzeug rollte auf den in der Nähe stehenden, bei der Klägerin zu 1) versicherten Lkw der Klägerin zu 2) zu und setzte diesen ebenfalls in Brand.
Das Berufungsgericht bejahte, abweichend von dem LG, eine Ersatzpflicht der Beklagten.
Die Revision führte zur Aufhebung des angefochtenen Urteils und zur Zurückverweisung an das Berufungsgericht.
Aus den Gründen
[4] “I. Das Berufungsgericht ist der Auffassung, dass sich die Schadensersatzpflicht der Beklagten aus § 7 Abs. 1 StVG, § 3 Abs. 1 Nr. 1 PflVG ergebe, weil der Lkw der Klägerin zu 2) “bei dem Betrieb’ des Pkw des Beklagten zu 1) beschädigt worden sei. Mit dem Brand des Pkw habe sich eine der typischen Gefahren von Kraftfahrzeugen realisiert. Auf Grund der entzündlichen und z.T. explosiven Stoffe wie Öl, Benzin oder Diesel sei ein solches Fahrzeug leicht in Brand zu setzen und entfalte während des Brennvorganges starke Hitzewirkungen. Dies erschwere erfahrungsgemäß nicht nur den Löschvorgang, sondern gefährde auch die unmittelbare Umgebung in erheblicher Weise. Dabei komme es nicht darauf an, ob sich das betreffende Fahrzeug – wie hier unstreitig – zudem bewegt habe. Eine solche Beweglichkeit, ob mit oder ohne Motorkraft, stelle lediglich eine andere typische Gefahr eines Kraftfahrzeuges dar, die sich entweder allein – oder wie hier der Fall – im Zusammenwirken mit anderen typischen Gefahren verwirklichen könne. Die Haftung der Beklagten sei auch nicht nach § 7 Abs. 2 StVG ausgeschlossen, weil der Unfall nicht durch höhere Gewalt verursacht worden sei. Zwar handele es sich bei dem Brandanschlag auf den Pkw um ein Ereignis, welches nicht mit den allgemeinen Gefahrenquellen des Straßenverkehrs zusammenhänge, sondern räumlich von außen in den Verkehr eingreife. Das Ereignis sei aber nicht so außergewöhnlich, dass der Halter mit ihm nicht rechnen müsse. Dabei habe sich ein typisches Risiko des Straßenverkehrs verwirklicht, das sowohl vorhersehbar als auch vermeidbar sei, indem man sein Fahrzeug nur auf bewachten Parkplätzen, in Tiefgaragen oder sonstigen geschützten Räumlichkeiten abstelle.
[5] II. Die Beurteilung des Berufungsgerichts hält revisionsrechtlicher Nachprüfung nicht stand.
[6] Nach den bisherigen Feststellungen des Berufungsgerichts hat sich in dem Schadensfall allein durch das vorsätzliche Inbrandsetzen des ordnungsgemäß auf einem Parkplatz abgestellten Pkw nicht dessen Betriebsgefahr i.S.d. § 7 Abs. 1 StVG verwirklicht.
[7] 1. Das Haftungsmerkmal “bei dem Betrieb’ ist nach der Rspr. des BGH entsprechend dem umfassenden Schutzzweck der Vorschrift weit auszulegen. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG umfasst daher alle durch den Kfz-Verkehr beeinflussten Schadensabläufe. Es genügt, dass sich eine von dem Kfz ausgehende Gefahr ausgewirkt hat und das Schadensgeschehen in dieser Weise durch das Kfz mitgeprägt worden ist (vgl. Senatsurteile BGHZ 105, 65, 66; 107, 359, 366; 115, 84, 86; v. 18.1.2005, VersR 2005, 566, 567 und v. 26.4.2005, VersR 2005, 992, 993). Diese weite Auslegung des Tatbestandsmerkmals “bei dem Betrieb eines Kraftfahrzeugs’ entspricht dem weiten Schutzzweck des § 7 Abs. 1 StVG und findet darin ihre innere Rechtfertigung. Die Haftung nach § 7 Abs. 1 StVG ist sozusagen der Preis dafür, dass durch die Verwendung eines Kfz – erlaubterweise – eine Gefahrenquelle eröffnet wird. Ein Schaden ist demgemäß bereits dann “bei dem Betrieb’ eines Kraftfahrzeuges entstanden, wenn sich von einem Kraftfahrzeug ausgehende Gefahren ausgewirkt haben (vgl. Senatsurt. v. 26.4.2005, a.a.O.).
[8] Ob dies der Fall ist, muss mittels einer am Schutzzweck der Haftungsnorm orientierten wertenden Betrachtung beurteilt werden (vgl. Senatsurteile BGHZ 71, 212, 214; 115, 84, 86; v. 18.1.2005 und v. 26.4.2005, jeweils a.a.O.). An einem auch im Rahmen der Gefährdungshaftung erforderlichen Zurechnungszusammenhang fehlt es, wenn die Schädigung nicht mehr eine spezifische Auswirkung derjenigen Gefahren ist, für die die Haftungsvorschrift den Verkehr schadlos halten will (vgl. Senatsurteile BGHZ 79, 259, 263; 107, 359, 367; 115, 84, 87 und v. 26.4.2005, a.a.O.).
[9] Für eine Zurechnung der Betriebsgefahr kommt es damit maßgeblich darauf an, dass der Unfall in einem nahen örtlichen und zeitlichen Kausalzusammenhang mit einem bestimmten Betriebsvorgang oder einer bestimmten Betrieb...