[…] II. Die gemäß § 79 Abs. 1 Ziff.1 und 2 OWiG statthafte, Zulässigkeitsbedenken nicht unterliegende Rechtsbeschwerde hat auch in der Sache Erfolg.
1. Für die von der Verteidigung in erster Linie erstrebte Verfahrenseinstellung besteht keine Veranlassung; Verfolgungsverjährung ist nicht eingetreten. Der Bußgeldbescheid vom 31.3.2022 bildet aus den vom AG zutreffend dargelegten Gründen eine wirksame Verfahrensgrundlage.
2. Das angefochtene Urteil unterfällt indessen auf die zulässig erhobene Verfahrensrüge der Verletzung des § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG der Aufhebung; auf die – freilich gleichfalls bedenkenswerten – sachlich-rechtlichen Beanstandungen zur subjektiven Tatseite kommt es damit nicht an.
a) Der Rüge liegt das folgende Verfahrensgeschehen zugrunde:
Im Hauptverhandlungstermin hat der Verteidiger des Betroffenen den – zuvor bereits schriftsätzlich zur Akte gereichten – Antrag gestellt, auf der Grundlage von – teils bereits zur Akte gelangten – Signalzeitenplänen ein Sachverständigengutachten zum Beweis der Tatsache einzuholen, dass (namentlich) am 10.2.2022, 04:57 die Ampel für Linksabbieger an der Kreuzung Y.-straße/M.-straße Grünlicht zeigt, wenn von der L.-straße bei Grünlicht auf die Y.-straße abgebogen und mit normaler Geschwindigkeit auf die Ampel für Linksabbieger an der Kreuzung Y.-straße/M.-straße zugefahren wird.
Diesen Antrag hat das Tatgericht mit der Kurzbegründung des § 77 Abs. 3 OWiG abgelehnt und hierzu in den Gründen des angefochtenen Urteils ausgeführt, es komme nicht darauf an, ob die tatsächliche Schaltung der Ampelanlage der von der Straßenverkehrsbehörde gewollten entsprochen habe. Es hätten zwei (polizeiliche) Zeugen zur Verfügung gestanden, die das maßgebliche Licht der Lichtzeichenanlage glaubhaft und verlässlich hätten beobachten und den stattgehabten Verstoß glaubhaft hätten darlegen können.
b) Die Rüge hat Erfolg:
aa) Sie ist zulässig erhoben. Lehnt das Tatgericht einen Beweisantrag mit der Begründung des § 77 Abs. 2 Ziff. 1 OWiG ab, die begehrte Beweiserhebung sei zur Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich, kann eine Verletzung des Beweisantragsrechts nur mit der Aufklärungsrüge beanstandet werden. Nötig ist demnach neben der Wiedergabe von Beweisantrag und gerichtlicher Entscheidung hierüber die bestimmte Behauptung eines dem Beschwerdeführer günstigen Beweisergebnisses. Ferner muss dieser sich dazu verhalten, welche Umstände das Tatgericht zu der begehrten Beweiserhebung hätten drängen bzw. eine solche jedenfalls hätten nahelegen müssen (s. insgesamt Senat NStZ-RR 2021, 25).
Diesen Anforderungen genügt die Rechtsbeschwerdebegründung. Namentlich wird mit dem Vortrag, die fragliche Ampelanlage an der Kreuzung Y.-straße/M.-straße schalte "stets" auf Grünlicht um, wenn diese von der bei Grünlicht verlassenen L.-straße aus angefahren werde, und weiter mit der Behauptung, die Induktionsschleifen hätten zur Tatzeit nur bei Grünlicht zeigender Ampel an der Kreuzung Y.-straße/M.-straße einen Kontakt angezeigt, ein dem Beschwerdeführer günstiges Beweisergebnis bestimmt behauptet. Soweit es in der Rechtsbeschwerdebegründung weiter heißt, mit der begehrten Beweiserhebung wären die Aussagen der Polizeibeamten widerlegt "bzw. jedenfalls hinreichend bezweifelt" worden, ist hiermit lediglich ohne Abstriche in der Beweisbehauptung das erstrebte Beweisziel näher bezeichnet.
bb) Die Rüge ist auch begründet:
Nach § 77 Abs. 2 Nr. 1 OWiG kann das Gericht eine (weitere) Beweiserhebung ablehnen, wenn eine solche bereits stattgefunden hat, das Gericht aufgrund der Beweisaufnahme zu der Überzeugung gelangt ist, der Sachverhalt sei geklärt und die Wahrheit gefunden und die beantragte Beweiserhebung nach dem pflichtgemäßen Ermessen des Gerichts zur weiteren Erforschung der Wahrheit nicht erforderlich ist (statt aller: KK-OWiG/Senge, § 77 Rn 15). Ist der Sachverhalt aufgrund verlässlicher Beweismittel und ohne Missachtung der Aufklärungspflicht so eindeutig geklärt, dass die Möglichkeit, diese Überzeugung könne durch weitere Beweisaufnahme erschüttert werden, vernünftigerweise auszuschließen ist, darf von weiterer Beweiserhebung abgesehen werden (vgl. OLG Köln VRS 88, 376 [377]; OLG Hamm DAR 2021, 700; KG NZV 2002, 416).
Diese Voraussetzung ist jedoch regelmäßig nicht erfüllt, wenn die begehrte Beweiserhebung das Ziel verfolgt, die Aussage des einzigen Belastungszeugen zu entkräften. Unter Aufklärungsgesichtspunkten darf ihr dann ein Erkenntniswert in der Regel nicht abgesprochen werden (allgemein: KK-OWiG/Senge, § 77 Rn 17; BeckOK-OWiG/Hettenbach, § 77 Rn 16; BeckOK-StVR/Lay, § 77 Rn 78, 79). Diese Grundsätze gelten auch, wenn – wie hier – die belastende Beweisführung mittels einer durch gemeinsame Dienstausübung miteinander verbundene Zeugengruppe erfolgt ist (OLG Köln VRS 88, 376 [378]; KG VRS 137, 85; OLG Düsseldorf NZV 1999, 260). Namentlich darf das Tatgericht den Beweisantrag grundsätzlich dann nicht ablehnen, wenn die Vernehmung eines Sachverständigen gerade zu dem Zweck beantragt wird, die Aussage de...