… Dem Kläger steht gegen die Beklagte aus dem Kaskoversicherungsvertrag ein Anspruch auf eine weitere, über den bereits gezahlten Betrag hinausgehende Versicherungsleistung zu.

Zwischen den Parteien besteht ein Kaskoversicherungsvertrag, aus dem die Beklagte zur Leistung verpflichtet ist, wenn das versicherte Fahrzeug entwendet wird (A.2.2.1.2 der zugrundeliegenden AKB). Den Tatbestand der Entwendung hat der Kläger bewiesen. Wenn auch die Beklagte auf den angezeigten Versicherungsfall hin schon Leistungen erbracht hat, ist sie dennoch berechtigt, die Entwendung des Fahrzeugs im Prozess zu bestreiten. Deshalb war der Beweis zu erheben.

Es ist anerkannt, dass der Versicherungsnehmer nicht den Vollbeweis für den Tatbestand der Entwendung führen muss, sondern dass es ausreicht, wenn er das äußere Bild einer bedingungsgemäßen Entwendung darlegt und beweist. Er muss also ein Mindestmaß an Tatsachen vortragen und beweisen, die nach der Lebenserfahrung mit hinreichender Wahrscheinlichkeit den Schluss auf die Entwendung zulassen. Es genügt, wenn er darlegt und beweist, dass er den Wagen zu einer bestimmten Zeit an einem bestimmten Ort abgestellt und dort nicht wieder aufgefunden hat (BGH NJW 1995, 2169). Wenn Zeugen nicht vorhanden sind, genügen auch Angaben des Versicherungsnehmers bei der persönlichen Anhörung.

Die Zeugin @ hat ausgesagt, dass sie das streitgegenständliche Fahrzeug gemeinsam mit dem Kläger an einem Sonntag zum Autohaus gefahren habe. Der Kläger habe das Fahrzeug auf dem Parkplatz abgestellt und danach etwas in den Briefkasten geworfen. Genaueres habe sie nicht gesehen, da sie währenddessen in ihrem eigenen Auto gesessen habe, mit dem sie dann weggefahren seien. Wenige Tage später habe der Kläger ihr erzählt, dass das Fahrzeug entwendet worden sei. Damit allein ist das äußere Bild noch nicht bewiesen, da die Zeugin bezüglich des Nicht-Wiederauffindens keine eigenen Bekundungen angeben konnte.

Der Kläger persönlich, informatorisch angehört, hat aber glaubhaft angegeben, dass das Autohaus ihm mitgeteilt habe, dass das Fahrzeug schon am Montag nicht (mehr) auf dem Hof gestanden habe. Das Abstellen des Fahrzeugs hat er ebenso geschildert wie die Zeugin. Die Tatsache der Entwendung ergibt sich zudem auch aus der beigezogenen Ermittlungsakte.

Die Beklagte ist nicht wegen einer Obliegenheitsverletzung des Klägers leistungsfrei. Nach § 28 Abs. 2 VVG ist der Versicherer im Fall einer grob fahrlässigen Verletzung einer Obliegenheit berechtigt, seine Leistung in einem der Schwere des Verschuldens entsprechenden Verhältnis zu kürzen. Eine grobe Fahrlässigkeit liegt aber nicht vor. Der Kläger hat angegeben, dass er den Schlüssel in einen kleinen Schlüsselanhänger gesteckt, den Anhänger verschlossen und diesen dann in den Briefkasten des Autohauses eingeworfen hat. Entgegen der Ansicht der Beklagten ist dieses Verhalten nicht grob fahrlässig und begründet keine Leistungskürzung.

Es ist zwar anerkannt, dass das Einwerfen eines Schlüssels in den Briefkasten eines Autohauses den Tatbestand der groben Fahrlässigkeit erfüllen kann (OLG Köln); dieser Grundsatz gilt aber nicht ohne Weiteres.

Entscheidend sind vielmehr die Umstände des Einzelfalles, so dass es also darauf ankommt, ob es für jeden einleuchtend und ersichtlich ist, dass ein in den Briefkasten eingeworfener Schlüssel im konkreten Einzelfall leicht wieder herausgezogen werden kann, und ob sonstige äußere Umstände den Verdacht aufkommen lassen müssen, der Schlüssel sei dort nicht sicher und dem Zugriff Dritter leicht ausgesetzt. Solche Umstände liegen hier nicht vor.

Der Briefkasten befindet sich im direkten Eingangsbereich des Autohauses. Der Eingangsbereich liegt zurückgesetzt hinter den Schaufenstern der Ausstellung und ist somit in das Gebäude hineingezogen. Die rings um das Haus laufende Überdachung ragt weit nach vorn hinaus und hat über dem Eingangsbereich etwa die doppelte Tiefe. Seitlich in diesem Eingangsbereich befindet sich der Briefkasten. Es erweckt aufgrund dieser beschriebenen Örtlichkeiten den Eindruck, als befinde der Briefkasten sich in einem geschützten Bereich, in dem sich zudem Lampen befinden, die den eingegrenzten Eingangsbereich beleuchten. Der Briefkasten selbst sieht von außen aus, als sei er tief, so dass die oben in den Schlitz eingeworfenen Teile weit nach unten fallen und dass man diese von außen nicht erreichen und herausholen kann. Der Briefkasten sieht zudem stabil aus, als sei er nicht leicht aufzubrechen. Bei diesem äußeren Bild mussten dem Kläger keine Zweifel kommen, dass der Schlüssel von Unbefugten aus dem Briefkasten herausgenommen werden würde. Er hat auch angegeben, dass er darauf geachtet habe, dass der Schlüssel nach unten fällt. Daraus lässt sich nun aber nicht schließen, dass der Kläger selbst konkrete Verdachtsmomente bezüglich der Sicherheit dieses Vorgehens als solches hatte, sondern nur, dass er sichergehen wollte, dass die für eine angenommene Sicherheit erforderliche Voraussetzung des Herunterfallens des Schlüssel...

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