… II 1. Zutreffend hat das BG allerdings entschieden, dass die Beklagte den Rechtsschutz nicht nach Ziffer 23.1.1 ARB verweigern kann. Es hat festgestellt, dass die Rechtsverteidigung des Versicherten in dem arbeitsgerichtlichen Verfahren hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet. Demnach kann offenbleiben, ob sich die Beklagte nicht rechtzeitig auf den Einwand fehlender Erfolgsaussicht berufen hat (vgl. hierzu Senat VersR 2003, 638).
2. Zu Unrecht hat das BG aber angenommen, der Versicherer könne sich im Deckungsprozess nicht auf den Risikoausschluss in Ziffer 5.5 ARB berufen und bleibe vorläufig leistungspflichtig, wenn der Versicherungsnehmer die Begehung einer vorsätzlichen Straftat bestreite.
a) Ob der Vorwurf, der Versicherungsfall stehe in einem ursächlichen Zusammenhang mit einer vorsätzlich begangenen Straftat, im Deckungsprozess zu klären ist und ob anderenfalls der Versicherer bis zu einer anderweitigen Klärung vorläufig leistungsfrei oder leistungspflichtig ist, ist umstritten. Die gleichen Fragen stellen sich, wenn der Risikoausschluss statt einer – wie hier in Ziffer 5.5 ARB – vorsätzlich begangenen Straftat die vorsätzliche Verursachung des Versicherungsfalles voraussetzt (vgl. zur Übersicht der Klauselfassungen: Obarowski in Beckmann/Matusche-Beckmann, VersR 3. Aufl. § 37 Rn 366 ff.).
aa) Eine Auffassung geht davon aus, dass der Rechtsschutzversicherer, der begründete Anhaltspunkte für das Vorliegen einer vorsätzlichen Straftat (oder für eine vorsätzliche Verursachung des Versicherungsfalles) hat, ohne vorläufige Leistungspflicht berechtigt sei, die Deckungsfrage bis zur endgültigen Klärung im Ausgangsprozess zurückzustellen (vgl. LG Duisburg zfs 1989, 309 unter 1 c; zfs 1985, 302 vor 1; LG Heidelberg zfs 1984, 17; AG Lingen zfs 1985, 19, 20; Böhme, ARB 12. Aufl. § 4 (2) a Rn 50; vgl. auch LG Düsseldorf r+s 1989, 88 jedenfalls für den Fall, dass die persönliche und wirtschaftliche Existenz des Versicherungsnehmers nicht schwerwiegend bedroht ist). Der Versicherer sei lediglich berechtigt, aber nicht verpflichtet, alternativ eine Deckungszusage unter Vorbehalt zu erteilen. Ob die Voraussetzungen eines Risikoausschlusses vorlägen, könne im Hinblick auf eine nach dieser Auffassung bestehende Bindungswirkung erst nach rechtskräftigem Abschluss des Ausgangsrechtsstreits zuverlässig beurteilt werden (vgl. Böhme a.a.O.).
bb) Nach einer anderen Ansicht ist der Rechtsschutzversicherer dagegen verpflichtet, bis zur endgültigen Klärung des Vorliegens einer vorsätzlichen Straftat (oder einer vorsätzlichen Verursachung des Versicherungsfalles) vorläufig Deckungsschutz zu gewähren (vgl. OLG Frankfurt VersR 1994, 667; NZV 1989, 314, 315; LG Berlin r+s 1990, 19, …). Dies stützt sich auf die Erwägung, dass der Versicherungsnehmer andernfalls den – sich gegebenenfalls längere Zeit hinziehenden – Ausgangsrechtsstreit zunächst selbst finanzieren müsse, selbst wenn sich schließlich herausstelle, dass der Rechtsschutzversicherer mangels Nachweises einer vorsätzlichen Straftat leistungspflichtig sei (…). Vereinzelt wird darüber hinaus angenommen, auch für die Prüfung der Voraussetzungen eines Risikoausschlusses sei allein der Tatsachenvortrag entscheidend, mit dem der Versicherungsnehmer seinen Anspruch begründe (…). Jedenfalls hänge die Frage, ob der Rechtsschutzversicherer endgültig Deckung schulde, davon ab, ob der Vorsatzvorwurf im Ausgangsrechtsstreit nachgewiesen werde oder nicht (…). Im Falle des Nachweises könne der für die Voraussetzungen des Risikoausschlusses beweispflichtige Versicherer die erbrachten Leistungen nach § 812 BGB oder den AVB – hier Ziffer 5.5 Satz 2 ARB – zurückfordern (…). Teilweise wird es insoweit jedoch für erforderlich oder zumindest zulässig gehalten, dass der Versicherer den vorläufigen Deckungsschutz unter den ausdrücklichen Vorbehalt einer späteren Rückforderung stellt (vgl. zum Meinungsstand Obarowski a.a.O.; Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht 7. Aufl. § 13 Rn 241).
cc) Dagegen ist nach einer dritten Auffassung im Deckungsprozess über den vom Rechtsschutzversicherer erhobenen Vorwurf einer vorsätzlichen Straftat endgültig zu entscheiden (vgl. Schneider in van Bühren, Handbuch Versicherungsrecht 7. Aufl. § 13 Rn 238; Piontek in Prölss/Martin, VVG 31. Aufl. ARB 2010 § 3 Rn 2, 110). Maßgeblich sei die objektive Sachlage, so dass weder ein Recht noch eine Pflicht des Versicherers zur Gewährung vorläufigen Rechtsschutzes bestehe (…). Der Versicherer sei für die Voraussetzungen des Risikoausschlusses beweispflichtig (…).
b) Der Senat schließt sich der zuletzt genannten Auffassung insoweit an, als das Vorliegen einer vorsätzlichen Straftat als Voraussetzung des Leistungsausschlusses nach Ziffer 5.5 Satz 1 ARB im Deckungsprozess endgültig zu klären ist und eine vorläufige Leistungspflicht des Versicherers nicht besteht. Dabei ist der Versicherer für die Voraussetzungen des Risikoausschlusses darlegungs- und beweisbelastet, und der Risikoausschluss ist nicht bereits dann zu ve...