Nachdem der Anwalt den Sachverhalt umfassend aufgeklärt hat, trifft ihn die grundsätzliche Pflicht, seinen Mandanten umfassend und erschöpfend zu beraten. Vor voraussehbaren und vermeidbaren Nachteilen muss der Rechtsanwalt den Mandanten bewahren; Zweifel und Bedenken, zu denen die Sachlage Anlass gibt, hat er darzulegen und mit seinem Mandanten zu erörtern (BGH, NJW 1997, 2168, 2169). In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass die Rechtsprechung vom Anwalt auch ungefragte Rechtsauskünfte fordert (Borgmann, BRAK-Mitteilungen 2000, 288). Allerdings besteht die umfassende und erschöpfende Beratungspflicht des Rechtsanwalts grundsätzlich nur in den Grenzen des erteilten Mandats (BGH, AnwBl 1998, 536 f.).
a) Unbeschränktes oder beschränktes Mandat?
Der Mandatsumfang ergibt sich entweder aus einer schriftlichen Beauftragung durch den Mandanten oder aber ist durch Auslegung zu ermitteln. Bei lebensnaher Würdigung der üblichen Umstände der Mandatierung ist eher davon auszugehen, dass der Mandant in der Erkenntnis seiner fehlenden Rechtskenntnisse regelmäßig ein unbeschränktes Mandat erteilen möchte, selten ein beschränktes (Jungk, AnwBl 2004, 374). Es ist die Aufgabe des Rechtsanwalts dieses exakt herauszuschälen und den Mandanten nötigenfalls auf den Unterschied des beschränkten zum unbeschränkten Mandat hinzuweisen. Soweit der Mandant nicht unzweideutig zu erkennen gibt, dass er des Rates nur in einer bestimmten Richtung bedarf, ist der Rechtsanwalt zur allgemeinen, umfassenden und möglichst erschöpfenden Belehrung seines Mandanten verpflichtet (Sieg, in: Zugehör, a.a.O., S 479). Der Rechtsanwalt sollte hier für Klarheit im Innenverhältnis zu seinem Mandanten sorgen und den Mandatsumfang schriftlich – außerhalb der Vollmacht, die nur das Außenverhältnis betrifft – fixieren. Im Haftpflichtprozess gegen den Rechtsanwalt erleichtert sich dieser damit selbst die Verteidigung.
In der überwiegenden Anzahl der Fälle wird vom Mandanten ein unbeschränkter Auftrag erteilt, der den Anwalt zur Wahrnehmung der rechtlichen Interessen seines Mandanten in jede Richtung verpflichtet. Andererseits kann der Mandatsumfang jedoch ausnahmsweise auch beschränkt werden. Einerseits kann der Rechtsanwalt selbst sein Mandat einschränken, zum anderen kann auch vom Mandanten die Initiative zu einer nur eingeschränkten Mandatierung ausgehen. Im Übrigen ist das Vorliegen eines unbeschränkten oder eingeschränkten Mandats Tatfrage und nicht Rechtsfrage, die nach den allgemeinen Grundsätzen von demjenigen zu beweisen ist, der sich hierauf zu seinen Gunsten beruft (Vollkommer/Heinemann, Anwaltshaftungsrecht, Rn 159; Zugehör, a.a.O., S. 298).
b) Warnpflicht bei beschränktem Mandat
Bei einem beschränkten Mandat nimmt der Rechtsanwalt grundsätzlich die Interessen seines Mandanten außerhalb des Mandatsgegenstandes nicht wahr (Zugehör, a.a.O., S. 294). Aber der Anwalt muss außerhalb des beschränkten Mandats seinen Mandanten vor Gefahren warnen, die ihm – dem Rechtsanwalt – bekannt oder für ihn offenkundig sind. (BGH NJW 1997, 2169; BGH, AnwBl 1998, 536). Der BGH hat eine Warnpflicht angenommen, wenn der Rechtsanwalt die außerhalb seines Mandates liegende Gefahr erkennen muss (BGH NJW 2001, 3477). Weiterhin muss er vor Gefahren warnen, die sich bei ordnungsgemäßer Bearbeitung aufdrängen (BGH NJW 2002, 505).
Diese Warnpflicht trifft den Anwalt dann, wenn er Grund zu der Annahme hat, dass sich sein Mandant der ihm drohenden Nachteile nicht bewusst ist (BGH AnwBl 1998, 536). Sie besteht bei einem eingeschränkten Mandat insbesondere dann, wenn die Gefahr in einem engen Zusammenhang mit dem tatsächlichen Auftragsgegenstand steht (Vollkommer/Heinemann, a.a.O., Rn 158 m.w.N.). Beispielhaft ist an dieser Stelle die Warnpflicht des Rechtsanwalts zu nennen, den Mandanten auf den Ablauf für ihn bestehender Ausschlussfristen (BGH WM 1998, 2246, 2247) oder Verjährungsfristen (Zugehör, a.a.O., Rn 529) hinzuweisen.
c) Umfassende Interessenwahrnehmung beim unbeschränkten Mandat
Ausgangspunkt bei der uneingeschränkten Beauftragung des Rechtsanwalts bildet die ständige Rechtsprechung des BGH, wonach der Anwalt die Interessen seines Mandanten nach jeder Richtung umfassend wahrzunehmen hat; der Anwalt soll nicht nur erkennbare Nachteile vom Mandanten abwenden, sondern seine Beratung hat sich ebenso auf wirtschaftliche Gefahren wie auf praktische Folgen der jeweils anzuratenden rechtlichen Schritte zu beziehen (Vollkommer/Heinemann, a.a.O., Rn 245 m.w.N.).
Der Rechtsanwalt muss bei der Beratung auf alle Aspekte eingehen, die für die Entscheidung des Mandanten von Bedeutung sein könnten (Hartmann/Seybold, in: van Bühren, a.a.O. § 10, Rn 8). Auch kaufmännische und wirtschaftliche Argumente sind darzulegen und Prozessrisiken gegeneinander abzuwägen. Bei mehreren vorhandenen Wegen um ein Ziel zu erreichen, müssen diese aufgezeigt werden. Der Rechtsanwalt sollte sich jedoch davor hüten, dem Mandanten die Entscheidung für den einen oder anderen Weg abzunehmen. Der Mandant muss mit den Konsequenzen seiner Entscheidung leben, nicht der Rechtsanwalt.
Der Unterschied zum beschränkten Mandat besteht darin, dass sich die Haup...