In der Praxis kommt es immer wieder vor, dass sich Gutachten als unzutreffend und mithin fehlerhaft herausstellen. Die Fehlerhaftigkeit des Gutachtens kann die unterschiedlichsten Gründe haben. Dies zum einen deshalb, weil der Sachverständige sein Handwerk nicht versteht. Das Gutachten kann aber auch fehlerhaft sein, weil der Sachverständige vom Geschädigten unzutreffend informiert wird. Schließlich kann ein Sachverständigengutachten (zunächst) fehlerhaft sein, weil sich die von dem Sachverständigen zunächst angestellte "Prognose" im Nachhinein als unzutreffend herausstellt. Hier wird zu differenzieren sein.

1. Fehlerhafte Gutachtenerstellung durch den Sachverständigen veranlasst

Liefert der beauftragte Sachverständige – aus Gründen die in seiner Sphäre liegen – ein objektiv ungeeignetes Gutachten ab, so kann jedenfalls im Hinblick auf die Sphäre des geschädigten Auftraggebers die Frage der "Brauchbarkeit des Gutachtens" dahinstehen. Dies im Hinblick darauf, dass der geschädigte Unfallteilnehmer durch die Rechtsprechung geschützt wird.[8] Solange den Geschädigten kein Auswahlverschulden trifft, sind selbst die Kosten eines objektiv unbrauchbaren Gutachtens zu ersetzen.[9]

[8] Vgl. OLG Düsseldorf, Urt. v. 6.2.2006 – 1 U 148/05, DAR 2006, 324 sowie OLG Naumburg, Urt. v. 20.1.2006 – 4 U 49/05, NJW RR 2006, 1029, 1031.

2. Fehlerhaftes Gutachten durch den Geschädigten veranlasst

Die Grenze der Erstattungsfähigkeit ist dann gegeben, wenn das unzutreffende Sachverständigengutachten auf falschen Angaben des Geschädigten beruht. Die Kosten eines solchen Gutachtens sind dem Schädiger nicht aufzuerlegen.[10] Verschweigt der Geschädigte dem von ihm beauftragten Sachverständigen einen Vorschaden, so beruht das unzutreffende Gutachten auf der Handlung des Geschädigten. Das Risiko des Fehlschlagens der Kostenermittlung ist vom Schädiger aber nur solange zu tragen, als der Geschädigte nicht durch unlauteres Handeln Einfluss auf das zu erstellende Gutachten nimmt. Von daher ist es völlig legitim, in diesen Fällen jedenfalls im Hinblick auf den Schädiger bzw. dessen Haftpflichtversicherung eine Kostenerstattung zu versagen. Im Innenverhältnis zwischen Auftraggeber und Sachverständigen ist freilich eine Verpflichtung zur Entrichtung der vereinbarten Vergütung entstanden.

3. Prognoserisiko

In Auftrag gegebene und erstellte Sachverständigengutachten stellen sich im Rahmen der Instandsetzung gelegentlich als unzutreffend heraus. Es handelt sich regelmäßig um solche Fälle, in denen das Fahrzeug zunächst unzerlegt oder aber weitestgehend unzerlegt durch den Sachverständigen in Augenschein genommen wird. Im Rahmen einer solchen Instandsetzung stellt sich dann nicht selten heraus, dass sich die ursprüngliche Prognose des Sachverständigen als unzutreffend darstellt.[11] Diese Fallkonstellationen treten häufig auf. Der Sachverständige steht regelmäßig vor dem Dilemma, entweder kostenträchtigte erhebliche Freilegungsmaßnahmen durchzuführen, mit dem Ziel, schon beim Erstgutachten den Schaden komplett und umfassend zu begutachten. Dies würde aber mit erheblichen Freilegungskosten erkauft mit der Folge, dass es wirtschaftlicher ist, hier ggf. zu einer Nachbegutachtung zu gelangen, wenn das Fahrzeug freigelegt und hier ein weitergehender Schadenumfang festgestellt wird. Rechnet der Sachverständige – wie regelmäßig – nach dem Schadenumfang ab, so führt dies gelegentlich auch zu weitergehenden Sachverständigengebühren, weil sich retrospektiv ein höherer der Abrechnung zugrunde zu legender Wert ergibt, als dies ursprünglich angenommen wurde.

[11] Vgl. Becker, Die vom Schädiger und seiner Haftpflichtversicherung zu tragenden Risiken in der Unfallschadenregulierung, VRR 2013, 44 f.

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