Die Europäischen Verkehrsrechtstage werden in diesem Jahr zum 23. Mal stattfinden. Diese finden schon seit mehreren Jahren in wechselnden europäischen Städten statt. Nachdem der Kongress im letzten Jahr in Prag veranstaltet wurde, zieht er dieses Jahr wieder in den Süden – nach Porto.
Das Programm der Europäischen Verkehrsrechtstage weist in diesem Jahr wieder eine Vielfalt an verkehrspolitischen Themen auf, mit denen sich Europa aktuell beschäftigt.
Der Kongress wird sich in einem äußerst aktuellen Themenbereich mit Fragen rund um die Schadensregulierung mit KI-Anwendungen und deren Umsetzung befassen – ein Thema, an dem kaum einer noch vorbeikommt. Nachdem mittlerweile die Digitalisierung und elektronisches Arbeiten in Europa stetig zugenommen haben, und dieses auch in Deutschland kein unbekanntes Thema mehr ist, wird es einen Überblick über die Möglichkeiten der "Künstlichen Intelligenz" bei der Regulierung von Schadenersatzansprüchen geben. Der Fokus wird hierbei auf die Handhabung und die Entwicklungen in einzelnen Ländern liegen sowie auf konkrete Fragen: Wie ist der aktuelle Stand der Technik bezüglich der Automatisierung von Prozessen und dem Einsatz von KI-Tools in juristischen Bereichen? Welche KI-Tools stehen zur Verfügung? Wie werden sie angewandt und – insbesondere welche KI-Anwendungen haben bereits Versicherer und Gerichte erreicht? Und wesentlich: Wie kann eine Optimierung im internationalen Schadenmanagement mit ChatGPT erfolgen.
Auch das spannende Thema "neue Fahrzeugtechnologien" wird ein Schwerpunkt sein – ein Thema, das nicht einheitlich in Europa gehandhabt wird. Während in einigen Ländern Europas bereits länger intensiv die Entwicklung vorangetrieben wurde, hat sich die Benutzung von automatisierten Fahrzeugen und Elektro-Fahrzeugen auch in Deutschland mittlerweile verbreitet. Die Europäischen Verkehrsrechtstagen werden zum einen auf die Herausforderungen neuer Technologien bei der Regulierung internationaler Kfz-Schäden und zum anderen auf die rechtlichen Zulässigkeiten im europäischen Vergleich eingehen, aber auch auf die "Vorreiter-Rolle" der USA im Verhältnis dazu.
Durch die ständige Weiterentwicklung im Bereich des autonomen Fahrens und E-Fahrzeugen, die auch mittlerweile in Deutschland immer mehr stattfindet und insbesondere E-Fahrzeuge auf den Straßen zunehmend verbreitet sind, müssen weiterhin die rechtlichen Grundlagen geregelt und die Fragen zum Haftungsrecht geklärt werden. Seit mehreren Jahren gibt es einen aktuellen Überblick, wie der Fortschritt immer weiter geht. In diesem Jahr werden vor allem die Bedeutung und Geltung von verkehrsrechtlichen Vorgaben diskutiert werden, aber auch die Abgrenzung zur Produktversicherung. Hierbei stellen sich Fragen zur Erlaubnis der Nutzung, des Zugriffs auf Black-Box-Informationen und die Geltung der europarechtlichen Regelung Verordnung 2019/2144. Durch die Veränderung der Fahrzeugtechnologien können sich aber auch praktische "Probleme" ergeben u.a. bei der Rückgewinnung von E-Fahrzeugen, Nachhaltigkeit – Lagerung und Entsorgung – Ladestationen und die Ausgestaltung der Straßeninfrastruktur. Der wirtschaftliche Aspekt ist hierbei ebenfalls nicht zu vernachlässigen. Zum einen bei der Regulierung entsprechender Fahrzeugschäden, aber zum anderen auch bei der Frage, welche Kosten für den Versicherer im Rahmen der Versicherungsverträge zu berücksichtigen sind.
Insgesamt gibt es bislang keine konkreten – jedenfalls einheitlichen – rechtlichen Vorgaben in Europa und keine einheitliche Rechtsprechung; jedoch werden auch dazu einheitliche europarechtliche Vorgaben benötigt, die auf dem Kongress diskutiert werden.
Die Entwicklung des Europarechts ist stetig vorangegangen, und auch seit dem letzten Jahr gab es vom EuGH wieder mehrere Urteile, die Einfluss auf die Regulierung in internationalen Verkehrsunfällen haben. Zu den wichtigsten Entscheidungen des EuGH aber auch aus einzelnen Ländern in Europa der letzten Zeit mit grenzüberschreitender Wirkung wird es einen Überblick geben. Hierbei wird es auch um aktuelle Entwicklungen im britischen Verkehrsrecht gehen, die seit dem Brexit in der Praxis umgesetzt werden.
Autor: Verena Bouwmann
RAin Verena Bouwmann, FA für Verkehrsrecht, München
zfs 9/2024, S. 481