1. Einleitung
Transportunternehmen werden zunehmend für vormals durch Angestellte begangene Verkehrsordnungswidrigkeiten zur Verantwortung gezogen. Dies erfolgt in letzter Zeit im Wesentlichen durch Verfallbescheide gem. § 29a OWiG, in denen das durch die bußgeldrechtlich relevante Handlung des Fahrers Erlangte beim Halter des Fahrzeugs abgeschöpft wird. Der Verfall kann nämlich nicht nur gegen den Täter, der etwas aus einer mit Geldbuße bedrohten Handlung erlangt hat, angeordnet werden (§ 29a I OWiG), sondern auch gegen den Dritten, wenn der Täter für einen anderen gehandelt hat und dieser dadurch etwas erlangt hat (§ 29a II OWiG). Schließlich soll der Halter als "Dritter" durch die Ordnungswidrigkeit des Fahrers keine ungerechtfertigten Mehreinnahmen behalten dürfen. Verfallbescheide im Verkehrsordnungswidrigkeitenrecht sind in der Praxis regelmäßig anzutreffen als Reaktion der Bußgeldstellen auf Überladungen von Lastkraftwagen. Bei überladenen Fahrzeuggespannen versucht man diese Vermögenswerte, die der Täter oder ein Dritter als Gegenleistung für sein rechtswidriges Handeln erhalten hat, der Höhe nach zu ermitteln oder gem. § 29a III 1 OWiG zu schätzen. In Bußgeldbescheiden ist oft die Formulierung anzutreffen, dass sich die Verfallsbeteiligte für einen weiteren Transport die Kosten erspart habe und damit durch die rechtswidrige Tat des Fahrers einen wirtschaftlichen Vorteil erlangt habe, der abzuschöpfen sei. Die Berechnung erfolgt oft entweder unter Zugrundelegung der "Kostensätze Gütertransport Straße, Handbuch Ausgabe 2008" oder auf der Grundlage der "Kalkulationsgrundsätze des Bundesverbandes des Deutschen Güterfernverkehrs (BDF)". Im vorliegenden Beitrag soll weniger die Frage abgearbeitet werden, ob die Berechnungen von Bußgeldstellen zur Höhe des Verfalls einer Nachprüfung durch ein Sachverständigengutachten standhalten, als vielmehr die Problematik, wie sich der Umstand auswirkt, dass oft neben dem Verfallsverfahren ein Bußgeldverfahren gegen den Fahrer der betreffenden Überladung durchgeführt wird/wurde und ob deshalb dem Verfallsverfahren ein Verfahrenshindernis entgegensteht.
2. Die Folgen der parallelen Verfolgung
Die Bußgeldbehörde stellt regelmäßig die dem Geschäftsführer des Unternehmens/der Unternehmensvereinigung vorgeworfenen Verstöße, die Inbetriebnahme überladener Lkw angeordnet oder zugelassen zu haben, gem. § 47 I OWiG, ein. Aus prozessökonomischen Gründen verbindet sie die selbständige Verfallsanordnung mit dem Einstellungsbescheid, was für zulässig gehalten wird. Dies hat die durchaus erfreuliche Wirkung, dass der Geschäftsführer Punkte im Verkehrszentralregister nicht zu befürchten hat. Im gleichen Zuge wird aber gegen den Halter wegen des zugrunde liegenden historischen Vorgangs ein Verfallbescheid, je nach der Anzahl der Fahrten und dem Ausmaß der Überladung, oft in exorbitanter Höhe, erlassen. Adressaten des Verfalls als Drittbegünstigte können dabei nach h.M. auch juristische Personen oder Personenvereinigungen sein. Statt das Verfahren gegen den Fahrer mit diesem Verfallsbescheidverfahren einheitlich abzuwickeln, wird von Bußgeldstellen oftmals ein sog. selbständiges Verfallsverfahren gem. § 29a IV OWiG eingeleitet, in dem es ausschließlich um den Verfall gegen den Dritten geht. In diesem Absatz 4 heißt es: "Wird gegen den Täter ein Bußgeldverfahren nicht eingeleitet oder wird es eingestellt, so kann der Verfall selbstständig angeordnet werden."
Die höchstrichterliche Rechtsprechung hatte sich jüngst wiederholt mit der Frage auseinanderzusetzen, ob ein Verfahrenshindernis für das Verfallsverfahren vorliegt, wenn auch der Fahrer (wegen des Verstoßes gegen § 34 Abs. 3, § 69a StVZO, § 24 StVG) ein Bußgeldverfahren durchläuft/durchlaufen hat, und kam dabei zu unterschiedlichen Ergebnissen.
a) Das OLG Koblenz ist der Auffassung, dass auf Grund des gegen den Fahrer eingeleiteten Bußgeldverfahrens kein Verfahrenshindernis für ein selbständiges Verfallverfahren bestehe. Das Gericht argumentiert mit der Wortlaut der Verfallsnorm: Als Täter i.S.v. § 29a IV OWiG sei der Geschäftsführer der Verfallbeteiligten anzusehen, dem die Bußgeldbehörde eine gegenüber der vom Fahrer möglicherweise begangenen Ordnungswidrigkeit eigenständige mit Geldbuße bedrohte Handlung anlastet. Da der Fahrer des überladenen Fahrzeugs kein Täter sei, dürfe gesondert im Wege des selbständigen Verfallsverfahrens gegen den Verfallsbeteiligten vorgegangen werden. Nur bei einem Bußgeldverfahren gegen den Geschäftsführer selbst liege ein Verfahrenshindernis vor. Anders sei zu entscheiden, wenn dem Täter und dem Geschäftsführer der Verfallbeteiligten dieselbe mit Geldbuße bedrohte Handlung zum Vo...