Der Schmerzensgeldanspruch erfüllt nach seiner Intention (und der Rechtsprechung des BGH) eine doppelte Funktion: Er ist zum einen Genugtuung für erlittenes Unrecht des Geschädigten und zum anderen beinhaltet er den Ausgleich für den eingetretenen Schaden, der sich durch die erlittenen Schmerzen manifestiert. Das Schmerzensgeld soll den Geschädigten mithin in die Lage versetzen, sich "Erleichterungen und Annehmlichkeiten zu verschaffen, die die erlittenen Beeinträchtigungen auszugleichen vermögen". Der Schmerzensgeldanspruch ist damit ein selbständiger Anspruch, der neben den materiellen Schadensersatzanspruch tritt und der demzufolge nicht im Wege einer bloßen Rechungsposition im materiellen Schadensersatzanspruch aufgeht.
Gegen die Doppelfunktion des Schmerzensgeldanspruches ist allerdings schon seit einiger Zeit Kritik laut geworden. Diederichsen stellte dar, dass auch nach der höchstrichterlichen Rechtsprechung die Genugtuungsfunktion zugunsten des Ausgleichsgedankens immer weiter in den Hintergrund trete. Allerdings vermochte sich die Abschaffung der Doppelfunktion des Schmerzensgeldanspruches nicht durchzusetzen, denn auch im 2. Schadensrechtsänderungsgesetz wurde eine noch in den Vorentwürfen bestehende Einschränkung gerade nicht übernommen. Die Ansicht, dass Schmerzensgeld durch eine Rückbesinnung auf die Entschädigungsfunktion dogmatisch wieder stärker in das allgemeine Schadensersatzrecht einzubinden sei, ließ sich mithin nicht verwirklichen. Das Gesetz transferierte den bislang in § 847 BGB normierten Schmerzensgeldanspruch in Form einer “billigen Entschädigung in Geld’ vom Delikts- in den Allgemeinen Teil des Schuldrechts (Artikel 2 Nr. 2, Zweites Schadensrechtsänderungsgesetz). War der Schadenersatzanspruch, der dem Geschädigten gegen den Schädiger zustand, bisher dem Deliktsrecht, also den §§ 823 ff. BGB, namentlich § 847 BGB, zugeordnet, wurde der Schaden, der nicht Vermögensschaden war, als Abs. 2 des § 253 BGB nunmehr Bestandteil des Schuldrechts.
Das hatte eine ganz erhebliche Auswirkung, auch im Hinblick auf die in Aussicht genommene Exkulpationsmöglichkeit des Schädigers: War es ihm möglich, sich für Verrichtungsgehilfen i.S.v. § 831 BGB zu exkulpieren, sollte dies fortan zwangsläufig durch den systematischen Transfer der Anspruchsgrundlage in den Allgemeinen Teil des Schuldrechts ausscheiden. Das Gegenteil sollte demnach erreicht werden: Wie eigenes Verschulden sollte sich der Schädiger im Rahmen von § 280 BGB n.F. das Verhalten anderer Personen nunmehr definitiv zurechnen lassen müssen. Es war damit ein erklärtes Ziel der Reform des Schadensersatzechtes, § 847 BGB a.F. umfasste dies angesichts der Verortung im Deliktsrecht nicht, dem Geschädigten auch dann einen Schmerzensgeldanspruch gegen den Schädiger aus verschuldensunabhängiger Gefährdungshaftung, Vertrag oder vertragsähnlichem (Anbahnungs-) Verhältnis zu eröffnen. Bislang konnte der Geschädigte unter Geltung des § 847 BGB lediglich angesichts der auf einem Verschulden basierenden Rechtsgutverletzung Ansprüche auf Schmerzensgeld erheben; das sollte sich ändern. Der Nichtvermögensschaden wurde damit in vertraglicher Hinsicht erweitert, das Deliktsrecht abgewertet.
Wie wird der Schmerzensgeldanspruch konkret bemessen? Die Zubilligung des Schmerzensgeldes ist der klassische Fall der tatsächlich “gelebten’ richterlichen Unabhängigkeit, denn das Gericht ist frei in seiner Beurteilung, erfolgt der Zuspruch nach § 287 Abs. 1 Satz 1 ZPO “unter Würdigung aller Umstände nach freier Überzeugung’ – und damit ist ein Richter de facto nur seinem Gewissen und seiner Begründungsverpflichtung unterworfen. Wenngleich im Urteil die tatsächlichen Grundlagen der Schätzung anzugeben sind, ist dem Gericht damit ein weiter Ermessensspielraum eingeräumt, wobei billigend in Kauf genommen wird, dass die richterliche Schätzung unter Umständen nicht mit der Wirklichkeit übereinstimmt.