Dem Kl. steht der geltend gemachte Anspruch aus dem Versicherungsvertrag nicht zu, denn die Bekl. ist wegen grob fahrlässiger Herbeiführung des Versicherungsfalls durch den Kl. gemäß § 81 Abs. 2 VVG vollständig von der Leistung frei. Dies ergibt sich aus einer Bewertung der Schwere des Verschuldens des Kl., das eine Leistungskürzung auf Null rechtfertigt und gebietet.
1) Der Kl. hat mit einem Blutalkoholgehalt von mindestens 1,98 Promille in absolut fahruntüchtigem Zustand sein bei der Bekl. versichertes Fahrzeug geführt und dabei die Kontrolle über das Fahrzeug verloren. In einer Kurve geriet er mit dem Fahrzeug auf den Gehweg und kollidierte dort mit einem Verkehrsschild und einem Gebäude bzw. Gebäudeteil. Anschließend setzte er mit dem beschädigten Fahrzeug seine Fahrt fort und hielt letztlich im rechten Winkel zur Fahrbahn am rechten Fahrbahnrand an.
Das Führen eines Kraftfahrzeuges in alkoholbedingt fahruntüchtigem Zustand gehört zu den schwersten Verkehrsverstößen. Wer sich in absolut fahruntüchtigem Zustand an das Steuer eines Kraftfahrzeuges setzt, handelt grundsätzlich grob fahrlässig (BGHZ 190, 120–131, Rn 11; …).
2) Dem Kl. gelingt hier der Nachweis nicht, dass er sich bei Antritt der Fahrt in fahruntüchtigem Zustand in einem die freie Willensbestimmung ausschließenden Zustand krankhafter Störung der Geistestätigkeit befunden hat. Diesen Nachweis hat bei Anwendung des § 81 VVG der VN zu führen, wenn er sich auf die Vorschrift des § 827 BGB zu seiner Entlastung berufen will (BGHZ 190, 120–131. Rn 12 …).
3) a) Der Kl. beruft sich hier darauf, dass er auf dem Grundstück seiner Bekannten gestürzt sei und in Folge dieses Sturzes, bei dem er sich auch Kopfverletzungen zugezogen habe, in einen geordneten amnestischen Dämmerungszustand verfallen sei mit der Folge, dass ab einem Zeitpunkt vor Antritt der Fahrt kein Erinnerungsvermögen vorhanden sei und erst nach Beendigung der Fahrt wieder sein Bewusstsein einsetze.
aa) Der Kl. hat zum Beweis hierfür seine eigene Parteivernehmung angeboten, der die Bekl. widersprochen hat.
Eine Vernehmung des Kl. als Partei von Amts wegen gemäß § 448 ZPO war nicht zulässig. Die nach pflichtgemäßem Ermessen vom Gericht anzuordnende Parteivernehmung von Amts wegen setzt grundsätzlich das Bestehen einer gewissen Wahrscheinlichkeit für die Richtigkeit der Behauptungen der beweisbelasteten Partei aufgrund des bisherigen Verhandlungsergebnisses bei einer nonliquet-Situation im Übrigen voraus. Dieser "Anbeweis" kann sich aus einer schon durchgeführten Beweisaufnahme oder aus dem sonstigen Verhandlungsinhalt, insbesondere aus einer Anhörung nach § 141 ZPO oder aus Ausführungen der Partei nach § 137 Abs. 4 ZPO ergeben (BGH NJW 2020, 776). Der im Termin vor dem LG anwesende Kläger hat von der Möglichkeit des § 137 Abs. 4 ZPO keinen Gebrauch gemacht. Ein sonstiger "Anbeweis" für die Richtigkeit seines Vortrages lag nicht vor.
Hierzu reicht es nicht aus, dass der Kl. sich an den Fahrtantritt in alkoholisiertem Zustand nach seinem Vortrag nicht mehr erinnern könne. Denn ein derartiger Erinnerungsverlust – sollte er tatsächlich vorliegen – kann auch erst nachträglich durch ein (Unfall-)Geschehen eingetreten sein (sog. retrograde Amnesie – vgl. BGH NJW 2007, 1126). Da der Kl. nach dem Ende seiner Trunkenheitsfahrt Verletzungen im Kopfbereich aufwies, die von den Polizeibeamten vermerkt worden sind und der Kl. diese Verletzungen mit dem Eintritt seines Gedächtnisverlustes in Zusammenhang bringt, müsste der Zeitpunkt des Entstehens dieser Verletzungen vor Fahrtantritt feststehen. Dies ist jedoch nicht der Fall, denn trotz des Hinweises des LG in der mündlichen Verhandlung vor dem Landgericht hat der Kl. nicht den ihm möglichen Zeugenbeweis durch Vernehmung der Frau F. angetreten.
Soweit der Kl. mit der Berufungsbegründung geltend macht, bei einer gedeckten Commotio cerebri, also einer nicht sichtbaren Gehirnverletzung, als Ursache der Bewusstseinsstörung seien äußerliche Verletzungen nicht feststellbar, nimmt er sich selbst die Möglichkeit zum "Anbeweis" für den Eintritt einer Bewusstseinsstörung gemäß § 827 S. 1 BGB. Denn kommt es auf sichtbare Verletzungen zum Beleg eines Kopftraumas nicht an, so kann die Ursache für einen Erinnerungsverlust auch in einem nach Antritt der Fahrt stattgefunden Anprall liegen. Es muss dann gerade kein Ursachenzusammenhang mit dem zum Eintritt der äußerlich sichtbaren Verletzungen führenden Geschehen bestehen. Ein möglicher – hier streitiger – Sturz des Kl. im Garten der Frau F. vor dessen Antritt der Unfallfahrt in absolut fahruntüchtigem Zustand ist deshalb nicht die einzige in Betracht kommende Ursache für den Eintritt des behaupteten Gedächtnisverlustes, der einen Zeitraum umfasst ab einem Gespräch vor Fahrtantritt bis nach Ende der Trunkenheitsfahrt.
bb) Der Verweis auf das vom Kl. selbst in Auftrag gegebene Gutachten des Dr. Sch vom 24.3.2019 kann den Nachweis für die Richtigkeit des Klagevortrages nicht erbringen. Das Gutachten erbringt auch nicht den für ein...