ZPO § 91 Abs. 1; VV RVG Nr. 3401 3402
Leitsatz
Die Beauftragung eines Unterbevollmächtigten bereits vor der Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung steht der Festsetzung der Kosten jedenfalls dann nicht entgegen, wenn anschließend ein Termin bestimmt wird, der später infolge der Rücknahme der Klage aufgehoben wird.
OLG Celle, Beschl. v. 31.7.2013 – 2 W 163/13
Sachverhalt
Das LG hatte in dem vor dem Gericht geführten Rechtsstreit Termin zur mündlichen Verhandlung bestimmt. Die Streithelferin der Bekl. hatte bereits vor Anberaumung dieses Termins einen Terminsvertreter bestellt. Noch vor dem angesetzten Termin hatte die Kl. ihre Klage wieder zurückgenommen. Aufgrund der hierauf ergangenen Kostenentscheidung hat die Streithelferin der Bekl. u.a. die Festsetzung ihrer Terminsvertreterkosten beantragt. Die Rechtspflegerin des LG hat dem Kostenfestsetzungsantrag insoweit entsprochen. Die hiergegen eingelegte sofortige Beschwerde der Kl. hatte keinen Erfolg.
2 Aus den Gründen:
[2] "1. Zu Recht hat das LG die Kosten des Unterbevollmächtigten der Streithelferin der Bekl. gegen die Kl. festgesetzt."
[3] a) Dass der Unterbevollmächtigte vorliegend bereits vor Anberaumung eines Termins zur mündlichen Verhandlung bestimmt worden ist, steht der Festsetzung der Kosten nicht entgegen. Zwar hat, worauf das LG in dem angefochtenen Beschl. zutreffend hingewiesen hat, das OLG Nürnberg ausgeführt, entscheidendes Kriterium für die Erstattungsfähigkeit der Kosten eines Unterbevollmächtigten sei lediglich, ob zum Zeitpunkt der Auftragserteilung bereits ein Termin zur mündlichen Verhandlung anberaumt gewesen sei (OLGR Nürnberg 2008, 700, 701). Dies ist allerdings kein tragender Grund der Entscheidung des OLG Nürnberg. Denn in dem dort entschiedenen Fall war die Beauftragung des Unterbevollmächtigten nach Terminsbestimmung erfolgt.
[4] Zu Recht hat das LG aus der zeitlich später ergangenen Entscheidung des BGH v. 1.4.2009 (RVGreport 2009, 274 (Hansens) = zfs 2009, 465 m. Anm. Hansens =NJW 2009, 2220, 2221) entnommen, dass die Bestellung eines Unterbevollmächtigten vor der Terminsbestimmung der Erstattungsfähigkeit der Kosten jedenfalls dann nicht entgegensteht, wenn anschließend ein Termin bestimmt wird. Denn nach den Ausführungen des BGH in dieser Entscheidung ist entscheidend, ob die tatsächlich entstandenen Anwaltskosten bei wertender Betrachtung zur zweckentsprechenden Rechtsverteidigung erforderlich geworden sind. Dies ist vorliegend zu bejahen. Denn spätestens mit der Terminsbestimmung wäre es vorliegend geboten gewesen, einen Unterbevollmächtigten zu bestellen.
[5] b) Der Erstattungsfähigkeit der Gebühren des Unterbevollmächtigten steht auch nicht entgegen, dass der Termin später infolge einer Klagerücknahme aufgehoben wurde. Insb. vermag der Senat nicht der Auffassung der Kl. zu folgen, dass die Streithelferin der Bekl. mit der Bestellung eines Unterbevollmächtigten bis relativ kurzzeitig vor dem Termin hätte warten müssen. Das wäre allenfalls dann in Betracht gekommen, wenn konkrete Anhaltspunkte dafür bestanden hätten, dass die Klage zurückgenommen werden würde (OLG Nürnberg a.a.O.; OLG Schleswig NJW-RR 2004, 1008). So lag es hier jedoch nicht. Zumindest macht die Kl. nicht geltend, den Hauptbevollmächtigten der Streithelferin der Bekl. etwa unter Hinweis darauf, dass eine Klagerücknahme geprüft werde, gebeten zu haben, noch keinen Unterbevollmächtigten zu bestellen.
[6] c) Der Höhe nach sind die Kosten des Unterbevollmächtigten zutreffend berechnet. Einwendungen hiergegen erhebt die Kl. auch nicht … .“
3 Anmerkung:
Der Entscheidung ist zuzustimmen.
Nach der st. Rspr. des BGH, dessen Voraussetzungen das OLG Celle hier offensichtlich als erfüllt angesehen hat, sind die Terminsvertreterkosten dann erstattungsfähig, wenn durch die Tätigkeit des Terminsvertreters erstattungsfähige Reisekosten des Hauptbevollmächtigten erspart worden sind, die ansonsten bei der Wahrnehmung des Termins durch den Hauptbevollmächtigten entstanden wären (so BGH BRAGOreport 2003, 13 (Hansens) = NJW 2003, 898 = AGS 2003, 97; BGH JurBüro 2005, 94 = NJW-RR 2004, 1724; BGH RVGreport 2012, 114 (ders.) = NJW-RR 2012, 384; BGH RVGreport 2012, 423 (ders.) = zfs 2012, 645 mit Anm. Hansens = JurBüro 2012, 593). Dabei sieht die überwiegende Anzahl der Zivilsenate des BGH die Terminsvertreterkosten dann als erstattungsfähig an, wenn sie die ersparten Terminsreisekosten des auswärtigen Prozessbevollmächtigten nicht wesentlich, im Regelfall nicht um mehr als 10 %, übersteigen (so BGH – I. ZS – RVGreport 2012, 114 (Hansens); BGH – VI. ZS – RVGreport 2004, 473 (ders.) = AGS 2005, 41; BGH – XII. ZS – RVGreport 2004, 74 (ders.), dem folgend die Rspr. der OLG, wie etwa OLG Stuttgart RVGreport 2005, 319 (ders.) = AGS 2006, 206; OLG Düsseldorf AGS 2007, 51; OLG München RVGreport 2007, 392 (ders.) = AGS 2008, 52 und 102. Nur der VIII. ZS des BGH hat in vermeintlicher Ergänzung und tatsächlicher Abkehr von seiner bisherigen Rspr. im Beschl. v. 16.10.2002, BRAGOreport 2002, 13 (Hansens) in seinem Beschl. v. 10.7.2012 RVGrepo...