Ich halte die Argumentation des OLG Hamm nicht für zutreffend.
Keine Bindungswirkung der Streitwertfestsetzung
Meine Bedenken richten sich zunächst gegen die Annahme des OLG, der Rechtspfleger sei bei der Festsetzung der 1,3 Verfahrensgebühr und der 1,2 Terminsgebühr an die ursprüngliche Streitwertfestsetzung im Beschl. v. 11.2.2019 gebunden gewesen. Das trifft für die Terminsgebühr nämlich nicht zu. Zwar ist gem. § 32 Abs. 1 RVG die gerichtliche Festsetzung des Streitwertes auch für die Gebühren des Rechtsanwalts maßgebend. Diese Bindungswirkung für die Berechnung der Anwaltsgebühren besteht jedoch nur, wenn und soweit die Tätigkeit des Rechtsanwalts auch der durch die Streitwertfestsetzung erfassten gerichtlichen Tätigkeit entspricht.
Die ursprüngliche Streitwertfestsetzung im Beschl. v. 11.2.2019 auf einheitlich 6.000 EUR war auf jeden Fall für die dem Berufungsanwalt der Kl. durch Einreichen der Berufungsschrift angefallene 1,6 Verfahrensgebühr nach Nr. 3200 VV RVG maßgebend. Gleiches gilt für die entsprechende Verfahrensgebühr des Prozessbevollmächtigten der Bekl., die sicherlich vor Teilrücknahme der Berufung einen Antrag auf Zurückweisung der Berufung gestellt hatte.
Nicht maßgeblich war die Streitwertfestsetzung vom 11.2.2019 hingegen für die Berechnung der durch die Terminswahrnehmung entstandenen 1,2 Terminsgebühren der beiden Prozessbevollmächtigten. Die teilweise Rücknahme der Berufung war mit Eingang des entsprechenden Schriftsatzes, der hier eine gute Stunde vor Beginn des Verhandlungstermins erfolgt war, wirksam geworden. Folglich berechnen sich die Terminsgebühren der beteiligten Anwälte nur nach dem – unter Berücksichtigung der Teilrücknahme der Berufung – ermäßigten Gegenstandswert und somit ersichtlich nicht nach dem für die Gerichtsgebühren festgesetzten Streitwert.
Folglich hätte der Rechtspfleger im Kostenfestsetzungsverfahren entweder von sich aus die Terminsgebühr nur nach dem ermäßigten Gegenstandswert festsetzen dürfen. Oder er hätte das Kostenfestsetzungsverfahren entsprechend § 11 Abs. 4 RVG förmlich aussetzen müssen oder es formlos eine Zeit lang nicht weiter betreiben können, um den Kl. Gelegenheit zu geben, hinsichtlich der Terminsgebühr einen gesonderten Antrag auf Festsetzung des Gegenstandswertes zu stellen (siehe AnwKomm-RVG/Thiel, 8. Aufl., § 32 RVG Rn 10).
Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das OLG
Das OLG Hamm hätte seinen Streitwertfestsetzungsbeschluss vom 11.2.2019, in dem es den Streitwert für das Berufungsverfahren einheitlich auf 6.000 EUR festgesetzt hat, weder von Amts wegen noch auf die Beschwerde der Kl. ändern dürfen. Denn die Streitwertfestsetzung war auch unter Berücksichtigung der teilweisen Berufungsrücknahme zutreffend. Die Festsetzung des Streitwertes dient nämlich der – richtigen – Berechnung der wertabhängigen Gerichtsgebühren. Die einzige gerichtliche Gebühr, für die die Streitwertfestsetzung hier maßgebend sein konnte, war die 4,0 Verfahrensgebühr nach Nr. 1220 GKG KV für das Verfahren im Allgemeinen. Diese Verfahrensgebühr fällt gem. § 6 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 GKG mit Einreichung der Rechtsmittelschrift an. Zu diesem Zeitpunkt hat der Streitwert jedoch (noch) 6.000 EUR betragen. Die somit nach einem Streitwert von 6.000 EUR zu berechnende 4,0 Verfahrensgebühr hat sich auch infolge der nach Anfall und Fälligkeit dieser Gebühr erfolgten teilweisen Rücknahme der Berufung nicht ermäßigt. Deshalb war die Abänderung der Streitwertfestsetzung durch das OLG Hamm nicht nur überflüssig, sondern falsch.
Unzulässige Abänderung der Streitwertfestsetzung
War somit eine nachträgliche Änderung der Streitwertfestsetzung nicht zulässig, weil die teilweise Berufungsrücknahme auf die nach dem unverminderten Wert bereits angefallene gerichtliche Verfahrensgebühr keinen Einfluss hat, kommt auch ein Abänderungsverfahren nach § 107 ZPO nicht in Betracht. Denn nach Erlass des Kostenfestsetzungsbeschlusses hätte richtigerweise der Streitwert durch den Berufungssenat des OLG Hamm nicht geändert werden dürfen. Wäre bei richtiger Verfahrensweise der Gegenstandswert für die Terminsgebühr (erstmals) auf Antrag der Kl. auf 3.000 EUR festgesetzt worden, so würden die Voraussetzungen des § 107 ZPO ebenfalls nicht vorliegen. Denn diese Vorschrift betrifft nicht die Festsetzung oder Änderung des Gegenstandswertes, sondern nur des für die Gerichtsgebühren maßgeblichen Streitwertes.
Schon hieraus kann man ersehen, wovon im Ansatz ja auch das OLG Hamm ausgeht, dass das Abänderungsverfahren gem. § 107 ZPO nicht genauso effektiv ist wie das gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss gerichtete Beschwerdeverfahren. Wie wenig effektiv das Abänderungsverfahren nach § 107 ZPO sein kann, zeigt gerade der vorliegende Fall. Wenn die Kl. gegen den Kostenfestsetzungsbeschluss keine sofortige Beschwerde eingelegt hätten, wäre die Beschwerdefrist längst verstrichen, wenn das BG – wie es geboten gewesen wäre – eine Änderung des Streitwertfestsetzungsbeschlusses vom 11.2.2019 abgelehnt hätte. Dann wäre der Kostenfe...