II. Die zulässige Berufung des Klägers ist begründet und führt wie tenoriert zur Abänderung des landgerichtlichen Urteils. Der Kläger hat gegen den Beklagten einen Anspruch auf Zahlung von Schadensersatz in der geltend gemachten Höhe von EUR 12.451,33 nebst den zuerkannten Zinsen sowie auf Ersatz der vorgerichtlichen Rechtsverfolgungskosten i.H.v. EUR 490,99 nebst Zinsen.

1. Der Beklagte haftet dem Kläger aus §§ 7, 17 StVG in Verbindung mit den § 115 Abs. 1 VVG, § 6 Abs. 1 AuslPflichtVG und den Regelungen des Grüne-Karte-Abkommens, wonach der Beklagte auf der Grundlage eines Direktanspruchs des Geschädigten verpflichtet ist, den von einem eingereisten Inhaber einer Grünen Karte verursachten Schaden so zu regulieren, als wenn er von einem pflichtversicherten Inländer verursacht worden wäre (siehe BGH, Urt. v. 1.7.2008 – VI ZR 188/07, juris Rn 10, NJW 2008, 2642; Prölss/Martin/Klimke, VVG, 30. Aufl. 2018, Vor § 1 PflVG Rn 3). Die alleinige Verantwortlichkeit des Fahrers des in Polen zugelassenen Lkw und die Einstandspflicht des Beklagten dem Grunde nach stehen zwischen den Parteien nicht im Streit.

2. Der Höhe nach ist der Schadensersatzanspruch des Klägers nach § 249 Abs. 2 BGB in der geltend gemachten Höhe von EUR 12.451,33 nebst den zuerkannten Zinsen begründet. Das Vorhandensein von Vorschäden am Pkw des Klägers steht dem Bestehen dieses Ersatzanspruchs nicht entgegen, da – auch wenn der Kläger nicht die Einzelheiten des Umfangs und der fachgemäßen Beseitigung an seinem Fahrzeug vorhandener Vorschäden hat darlegen können – auf der Grundlage der durch den Senat durchgeführten Beweisaufnahme eine Verursachung weiterer Schäden im vorgeschädigten Bereich durch den streitgegenständlichen Unfall im geltend gemachten Umfang nachzuweisen war.

3. Zur Frage der Bestimmung des Umfangs der Schadensersatzpflicht des Unfallverursachers bzw. seines Versicherers im Fall von Vorschäden am Fahrzeug des Geschädigten sind in der Rechtsprechung des Bundesgerichtshofs und der Oberlandesgerichte eine Anzahl besonderer Regeln und Grundsätze entwickelt worden, die wie folgt zusammenzufassen sind:

a. Ausgangspunkt dieser Rechtsprechung ist der allgemeine Grundsatz, dass es auch hinsichtlich des haftungsausfüllenden Tatbestands dem jeweiligen Geschädigten obliegt, die Voraussetzungen eines Haftungstatbestands darzulegen, also die kausale Verursachung und den Umfang eines Schadens auf der Grundlage eines unstreitigen oder festgestellten haftungsbegründenden Tatbestands, d.h. hier dem Unfallereignis mit der Beschädigung des Eigentums des Geschädigten (vgl. allgemein BGH, Beschl. v. 15.10.2019 – VI ZR 377/18, juris Rn 8, NJW 2020, 393). Bei der Ermittlung dieses Kausalzusammenhangs und des Umfangs des Schadens gelten nicht die strengen Anforderungen des § 286 ZPO, sondern es kommt § 287 ZPO zur Anwendung, wonach für die Überzeugungsbildung des Gerichts je nach Lage des Einzelfalls eine überwiegende (höhere oder deutlich höhere) Wahrscheinlichkeit genügt (vgl. BGH, Urt. v. 13.12.1951 – IV ZR 123/51, juris Ls., BGHZ 4, 192; Urt. v. 19.4.2005 – VI ZR 175/04, juris Rn 9 f., NJW-RR 2005, 897; Urt. v. 17.9.2019 – VI ZR 396/18, juris Rn 13, NJW 2020, 236; Beschl. v. 15.10.2019 – VI ZR 377/18, juris Rn 8, NJW 2020, 393; siehe auch OLG Celle, Urt. v. 8.2.2017 – 14 U 119/16, juris Rn 9, RuS 2017, 665; OLG Düsseldorf, Urt. v. 11.2.2008 – 1 U 181/07, juris Rn 25, DAR 2008, 344; OLG München, Urt. v. 5.7.2019 – 10 U 2814/18, juris Rn 25). Wenn der Schädiger den Umfang oder die Höhe des vom Geschädigten geltend gemachten Schadensersatzes mit der Begründung bestreitet, der Gegenstand sei bereits durch ein früheres Ereignis beschädigt worden, so ändert sich an diesen Grundsätzen nichts und es verbleibt die Darlegungs- und Beweislast grundsätzlich beim Geschädigten (siehe BGH, Beschl. v. 15.10.2019 – VI ZR 377/18, juris Rn 8, NJW 2020, 393 m.w.N.): Der Geschädigte muss also darlegen und gegebenenfalls beweisen, dass die Beschädigung seines Pkw, für welche er Schadensersatz begehrt, unfallbedingt ist und nicht als Vorschaden bereits vor dem Unfall vorhanden war.

b. Dieser Darlegungs- und Beweislast kann der Geschädigte in erster Linie durch den Nachweis der Beseitigung der von der Gegenseite geltend gemachten Vorschäden nachkommen.

aa. In der Rechtsprechung der Oberlandesgerichte sind in der Vergangenheit besondere detaillierte Anforderungen an den Vortrag des Geschädigten zur Beseitigung von Vorschäden an seinem Fahrzeug entwickelt worden.

(a) Ausgangspunkt dieser Erwägungen ist, dass der Geschädigte grundsätzlich verpflichtet sein soll, im Einzelnen zur Art der Vorschäden vorzutragen sowie substantiiert darzulegen und zu beweisen, dass der Vorschaden ordnungsgemäß repariert und beseitigt wurde (siehe KG Berlin, Beschl. v. 12.11.2009 – 12 U 9/09, juris Rn 5, NZV 2010, 348; Urt. v. 27.8.2015 – 22 U 152/14, juris Rn 38, MDR 2015, 1128; Urt. v. 10.7.2017 – 22 U 79/16, juris Rn 2, DAR 2018, 265; OLG Celle, Urt. v. 8.2.2017 – 14 U 119/16, juris Rn 9, RuS 2017, 665; ...

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