II. Die zulässige Berufung der Beklagten hat in der Sache jedenfalls vorläufig Erfolg. Auf den entsprechenden Hilfsantrag ist das angefochtene Urteil nebst dem ihm zugrundeliegenden Verfahren nach § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO aufzuheben und an das Landgericht K. zurückzuverweisen. Das Verfahren im ersten Rechtszug leidet an einem wesentlichen Mangel, der eine aufwändige Beweisaufnahme notwendig macht (§ 538 Abs. 2 S. 1 Nr. 1 ZPO).
1. a) Das Landgericht hat den Anspruch der Beklagten auf Gewährung rechtlichen Gehörs (Art. 103 Abs. 1 GG) verletzt, indem es erheblichen und unter Beweis gestellten Vortrag der Beklagten übergangen hat. Das unberechtigte Übergehen eines Beweisantrags stellt einen Verstoß gegen die Pflicht zur Erschöpfung der Beweismittel als Ausfluss der Pflicht zur Gewährung rechtlichen Gehörs nach Art. 103 Abs. 1 GG dar (BVerfGE 50, 32, NJW 2003, 125, 127). Da es sich bei dem Gebot der Ausschöpfung der angebotenen Beweise um das Kernstück des Zivilprozesses handelt, liegt ein wesentlicher Verfahrensmangel im Sinne von § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO vor (BGH, Urt. v. 20.7.2011, IV ZR 291/10, juris Rn 21 = VersR 2011, 1392, 1394; OLG Schleswig, Urt. v. 13.6.2019, 7 U 140/18; OLG München, Urt. v. 20.2.2015, 10 U 1722/14 juris, Rn 33 m.w.N.).
Die Beklagte hatte bereits mit der Klagerwiderung vom 20.8.2020 vorgetragen und unter Beweis gestellt (u.a. Einholung eines Unfallrekonstruktionsgutachtens), dass der Kläger mit seinem Motorrad mit überhöhter Geschwindigkeit von mindestens 70 km/h (bei erlaubten 50 km/h) in die linke Seite des Beklagtenfahrzeugs hineingefahren sei, als dieses sich bereits auf der Gegenfahrspur im Abbiegevorgang befunden habe. Der Kläger hat eine überhöhte Geschwindigkeit von ca. 55 bis maximal 60 km/h zugestanden, eine Geschwindigkeit von mindestens 70 km/h aber ausdrücklich bestritten. Mit Verfügung vom 26.1.2021 hatte das Landgericht eine Begutachtung zum Unfallgeschehen auch in Aussicht gestellt. Soweit das Landgericht diesem Beweisangebot dann letztlich nicht nachgegangen ist, liegt ein wesentlicher Verfahrensfehler und damit zugleich ein Verstoß gegen Art. 103 Abs. 1 GG vor. Mangelhafte Beweiserhebungen insbesondere in Verbindung mit der Nichtgewährung rechtlichen Gehörs stellen den wichtigsten Anwendungsfall eines wesentlichen Verfahrensfehlers im Sinne von § 538 Abs. 2 Nr. 1 ZPO dar (Zöller-Hessler, ZPO, 35. Aufl., § 538, Rn 25 und 28).
Die Sache ist deshalb an das Landgericht K. zurückzuverweisen. Das Landgericht hat zwar im Urteil ausdrücklich die Einholung eines Gutachtens zur Unfallrekonstruktion mit der Begründung abgelehnt, die festgesetzte Quote von 80 % zu 20 % zu Lasten der Beklagten sei auch gerechtfertigt, wenn unterstellt werde, der Kläger wäre 70 km/h gefahren. Ein Beweisantrag kann zwar abgelehnt werden, wenn die vorgebrachte Tatsache als wahr unterstellt wird (vgl. BGH, Urt. v. 17. 2. 1970 – III ZR 139/67, NJW 1970, 946, 950; MüKoZPO/Prütting, 6. Aufl. 2020, ZPO § 284 Rn 101). Das Landgericht hätte dann aber die Geschwindigkeitsüberschreitung von 70 km/h – und damit einen gravierenden Verstoß gegen § 3 StVO – auch tatsächlich in die Abwägung nach § 17 StVG einstellen müssen. Das ist ersichtlich nicht erfolgt, da das Landgericht zu Lasten des Klägers nur die einfache Betriebsgefahr mit 20 % berücksichtigt hat.
b) Zur Quotenbildung nach Ermittlung der Verursachungsanteile weist der Senat auf Folgendes hin:
Da ein unabwendbares Ereignis im Sinne von §§ 17, Abs. 3, 18 Abs. 3 StVO hier nicht vorliegt, ist im Rahmen der bei einem Verkehrsunfall zweier Kraftfahrzeuge erforderlichen Abwägung gemäß § 17 Abs. 1 StVG auf die Umstände des Einzelfalles abzustellen, insbesondere darauf, inwieweit der Schaden vorwiegend von dem einen oder anderen Teil verursacht worden ist. Bei der Abwägung der Verursachungs- und Verschuldensanteile der Fahrer der beteiligten Fahrzeuge sind unter Berücksichtigung der von beiden Fahrzeugen ausgehenden Betriebsgefahr nur unstreitige bzw. zugestandene und bewiesene Umstände zu berücksichtigen. Jeder Halter hat dabei die Umstände zu beweisen, die dem anderen zum Verschulden gereichen und aus denen er für die nach § 17 Absatz 1 u. 2 StVG vorzunehmende Abwägung für sich günstige Rechtsfolgen herleiten will (vgl. BGH, NZV 1996, S. 231).
Hier streitet zu Lasten der Beklagten zwar bereits der Anscheinsbeweis der Unfallverursachung durch ein Fehlverhalten beim Linksabbiegen. Insoweit kann dahinstehen, ob der Fahrer des Beklagtenfahrzeugs, der unerreichbar nach Rumänien verzogene Zeuge C., geblinkt hat und wann. Der einzige unbeteiligte Zeuge K. konnte zur Frage des Fahrverhaltens des Zeugen C. vor dem Unfall nichts Wesentliches beitragen, insbesondere nicht zur Frage, ob der Fahrtrichtungsanzeiger betätigt wurde. Hierauf kommt es aber letztlich auch nicht entscheidend an, da der Zeuge C. jedenfalls, wie das Landgericht zutreffend festgestellt hat, gegen die doppelte Rückschaupflicht verstoßen hat (§ 9 Abs. 1 Satz 4 StVO). Soweit sich ein Unfall im unmittelbaren örtl...