Bezogen auf den Schadensumfang liegt der Schwerpunkt der "So-nicht"-Rechtsprechung bei den Vorschäden und § 287 ZPO. Verschweigt der Geschädigte alte Schäden im Anstoßbereich, die erst im Prozess durch einen Sachverständigen aufgedeckt werden, hat dies weitreichende Konsequenzen. Wenn die zuverlässige Ermittlung auch nur eines unfallbedingten Teilschadens aufgrund der Wahrscheinlichkeit von erheblichen Vorschäden nicht möglich ist, so kann diese Unsicherheit die vollständige Klagabweisung zur Folge haben.
Grundsätzlich trägt der Geschädigte für die haftungsausfüllende Kausalität, also für die Unfallbedingtheit sämtlicher Schäden, die Darlegungs- und Beweislast. Sind Vorschäden bekannt oder werden sie nachträglich "zufällig" aufgedeckt, kann der Geschädigte selbst Schäden, die technisch plausibel (kompatibel) sind, nicht ersetzt verlangen, wenn nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit auszuschließen ist, dass sie bereits anlässlich eines vorherigen Unfalls entstanden sind. Der Geschädigte hat auszuschließen, dass Schäden gleicher Art und gleichen Umfangs zuvor vorhanden waren, wobei Zweifel zu seinen Lasten gehen. Nur soweit der geltend gemachte Schaden technisch und rechnerisch eindeutig vom Vorschaden abgrenzbar ist, besteht jedenfalls aufgrund dessen ein Ersatzanspruch des Geschädigten.
Kompatible Schäden kann der Geschädigte nur dann ersetzt verlangen, wenn mit überwiegender Wahrscheinlichkeit gem. § 287 ZPO auszuschließen ist, dass sie bereits im Rahmen eines Vorschadens entstanden sind. Lässt sich nicht mit überwiegender Wahrscheinlichkeit feststellen, dass die von dem Geschädigten behaupteten Schäden in ihrer Gesamtheit oder zumindest ein abgrenzbarer Teil hiervon bei dem Unfall entstanden sind, ist die Klage mangels eines feststellbaren konkreten Schadens abzuweisen ("So-Nicht"-Unfall bezogen auf den Schadensumfang).
Der Geschädigte muss zwar nicht stets automatisch darlegen und beweisen, dass Vorschäden nicht vorhanden waren. Einen konkreten Vortrag der Gegenseite oder ernsthafte Anhaltspunkte für Vorschäden muss er jedoch ausräumen, weil ihn die Darlegungs- und Beweislast für einen unfallursächlichen Schaden bzw. die vorherige Schadensfreiheit seines Fahrzeugs trifft. Wenn ein Geschädigter die ordnungsgemäße Substantiierung seines Anspruchs und die zumutbare Mitwirkung an der Aufklärung des Vorschadens hartnäckig verweigert, hat er keinen Anspruch darauf, durch eine richterliche Schätzung der Schadenshöhe (§ 287 ZPO) über den dem Strengbeweis zugänglichen Rahmen hinaus begünstigt zu werden.
Dabei sind an den Vortrag des Geschädigten in der Praxis strenge Anforderungen zu stellen, weil der Geschädigte aufgrund des zivilprozessualen Beibringungsgrundsatzes seine Aufgabe zur Darlegung des durch die Kollision verursachten Schadens nicht auf das Gericht oder einen noch zu bestellenden Sachverständigen abwälzen darf. Der häufig reflexartig gestellte Antrag auf Einholung eines Sachverständigengutachtens zu Art und Umfang der Vorschäden – ohne Darlegung entsprechender Anknüpfungstatsachen – stellt deshalb einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar. Es ist nicht Aufgabe des Gerichts, den technisch und rechnerisch abgrenzbaren Schaden von Amts wegen zu ermitteln.
Für die Darlegungslast genügt es auch nicht, wenn der Geschädigte auf die entsprechende Angabe im Schadensgutachten "keine Vorschäden vorhanden" verweist. Der Sachverständige darf sich nämlich normalerweise ungeprüft auf die Angaben des Geschädigten verlassen. Wenn ihm verlässliche Eckdaten zu einem (vorgelagerten) Unfallgeschehen fehlen, gehört es nicht zu seinem werkvertraglich geschuldeten Leistungsprogramm, automatisch eigene Untersuchungen auf unfallfremde Schäden bzw. eine Plausibilität- bzw. Kompatibilitätsprüfung durchzuführen.
Auch die Einreichung einer bloßen "Reparaturbestätigung" reicht i.d.R. nicht aus, wenn aus ihr nicht eine irgendwie geartete Prüfung von Art, Umfang und Qualität der Reparatur des Vorschadens durch einen Kfz-Sachverständigen hervorgeht. Vielmehr muss der Geschädigte das gesamte Ausmaß des Vorschadens anhand von Gutachten, Fotos, Reparaturrechnungen u.Ä. nachvollziehbar darlegen. Der bloße Vortrag einer Reparatur des Vorschadens in Eigenregie verbunden mit einem angebotenen Zeugenbeweis genügt bei massiven Vorschäden nicht und stellt einen unzulässigen Ausforschungsbeweis dar.
Der Kläger hat zur substantiierten Darlegung entweder eine nachvollziehbare Reparaturrechnung oder aber zumindest eine Rechnung über den Bezug von Original-/Neuersatzteilen vorzulegen. Zum Nachweis einer sach- und fachgerechten Reparatur gehört nämlich nicht nur die Verwendung von Neuteilen (anderenfalls läge nämlich eine wirtschaftliche Besserstellung des Geschädigten vor), sondern auch deren fachgerechter Einbau, d.h., es kommt unter Umständen auch auf die Qualifikation der "Verwandten, Bekannten oder Freunde" an. Erst wenn der Geschädigte seiner Darlegungs- und Beweislast für die fachgerech...