" … II. Das zwischen den Parteien geschlossene Vertragsverhältnis ist nicht durch den Rücktritt der Bekl. beendet worden, da der Bekl. ein Rücktrittsrecht nicht zustand. Der Bekl. stand ein Rücktrittsrecht nicht zu, da es zum Einen an den erforderlichen Gesundheitsfragen des VR fehlt, zum Anderen liegt keine ordnungsgemäße Belehrung über die Folgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung vor.
1. Nach § 19 Abs. 2 VVG kann der VR vom Vertrag zurücktreten, wenn der VN seine Anzeigepflicht nach Abs. 1 verletzt hat. Nach § 19 Abs. 1 S. 1 VVG hat der VN bis zur Abgabe seiner Vertragserklärung die ihm bekannten Gefahrumstände, die für den Entschluss des VR, den Vertrag mit dem vereinbarten Inhalt zu schließen, erheblich sind und nach denen der VR in Textform gefragt hat, dem VR anzuzeigen. Voraussetzung für eine Anzeigepflicht des VN ist demnach, dass Fragen des VR vorliegen, da – anders als nach altem Recht (§§ 16 f. VVG a.F.) – keine spontane Anzeigepflicht mehr besteht.
Vorliegend sind die Gesundheitsfragen nicht von der Bekl., sondern von dem Zeugen A als Makler gestellt worden. Nach der Rspr. des OLG Hamm (VersR 2011, 469 ff.), der sich die Kammer … (r + s 2012, 426 ff.) angeschlossen hat, sind Fragen eines Interessenverwalters und rechtsgeschäftlichen Vertreters des VN den Fragen des VR grds. nicht gleichzustellen, da dies letztlich eine Wiedereinführung der spontanen Anzeigepflicht bedeuten würde. Die Annahme von Fragen des VR – trotz Stellung durch einen Makler – kommt nur dann in Betracht, wenn sich der VR die Fragen des Maklers “zu Eigen macht’. Für ein “zu Eigen machen’ reicht es, wie die Kammer bereits … ausgeführt hat, nicht aus, dass die Fragen inhaltlich auf den VR zurückgehen, sondern es ist vielmehr erforderlich, dass das Zurückgehen auf den VR auch für den VN erkennbar ist (vgl. auch Karczewski, r + s 2012, 521, 524). Denn würde man das inhaltliche Zurückgehen der Fragen auf den VR ohne Erkennbarkeit für den VN ausreichen lassen, würde der Sinn des Gesetzes, dem VN das Risiko einer Fehleinschätzung hinsichtlich Gefahrrelevanz abzunehmen, nicht erfüllt werden.
Eine solche Erkennbarkeit kann im vorliegenden Fall nur bei solchen Fragen angenommen werden, in denen die Bekl. als VR ausdrücklich genannt ist. Nur bei diesen Fragen ist für den Kl. als VN erkennbar gewesen, dass es sich nicht nur um Fragen seines Maklers handelte, sondern dass diese Fragen Relevanz für seinen VR haben. Eine solche ausdrückliche Bezugnahme auf die Bekl. findet sich jedoch allein unter Ziffer 6.3. der Gesundheitsfragen, in der nach der Anzahl der übersetzten und überkronten Zähne gefragt wird. Entgegen der Ansicht der Bekl. ergibt sich aus der Tatsache, dass die Bekl. in der Gesundheitsfrage 6.3. ausdrücklich genannt ist, nicht für den VN eindeutig, dass auch die anderen Fragen auf die Bekl. zurückzuführen sind. Das Gericht folgt insoweit nicht der Ansicht des LG Tübingen (Urt. v. 23.11.2011 – 4 O 124/11), das in der genannten Entscheidung die Ansicht vertreten hat, die Gesundheitsfragen würden dem VN als Fragen des VR erscheinen. Die fehlende Nennung der Bekl. in den übrigen Fragen lässt vielmehr den Schluss zu, dass diese Fragen für die Bekl. nicht von Relevanz sind.
Hinsichtlich der Frage 6.3. liegt jedoch keine “Falschbeantwortung’ durch den Kl. vor. Hinsichtlich der übrigen Fragen liegt bereits kein “zu Eigen machen’ durch die Bekl. vor, so dass eine Anzeigepflichtverletzung wegen der fehlenden Angabe der Behandlungen wegen Bronchitis, Sinusitis, Kopfschmerzen, Gelenkschmerzen und Borreliose mangels Fragen des VR nicht in Betracht kommt.
2. Ein Rücktrittsrecht steht der Bekl. auch deshalb nicht zu, weil eine ordnungsgemäße Belehrung des Kl. über die Folgen einer Anzeigepflichtverletzung gem. § 19 Abs. 5 S. 1 VVG nicht gegeben ist.
a. Der in dem Antragsformular enthaltene Hinweis genügt bereits in formeller Hinsicht nicht den gesetzlichen Anforderungen. Wie die Kammer bereits in ihrer Entscheidung v. 17.12.2009 – 2 O 399/09 (VersR 2010, 465) ausgeführt hat, kann der nach § 19 Abs. 5 VVG erforderliche Hinweis die vom Gesetzgeber beabsichtigte Warnfunktion nur erfüllen, wenn sich der Hinweis von weiteren Textteilen, zwischen denen er eingefügt ist, so deutlich abhebt, dass er von einem durchschnittlichen ASt. nicht überlesen wird. Diesen Anforderungen wird der Hinweis bereits nicht gerecht, da er in gleicher Schriftart, Schriftgröße und ohne jede Hervorhebung in das Antragsformular eingebettet worden ist.
b. Eine ordnungsgemäße Belehrung des Kl. findet sich auch nicht in der “Ergänzenden Mitteilung zum Antrag für Kranken-, Pflege-, Lebens- und Unfallversicherung’. Zwar genügt diese Mitteilung in formeller Hinsicht den gesetzlichen Anforderungen, da sie sich sogar auf einem gesonderten Blatt befindet und damit ihre Warnfunktion erfüllen kann.
Der Hinweis auf die Rechtsfolgen einer vorvertraglichen Anzeigepflichtverletzung ist jedoch materiell unrichtig, so dass sich die Bekl. schon allein deshalb nicht auf ein Rücktrittsre...