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In der Saarbrücker Zeitung vom 18.2.2016 war zu lesen, dass es am Tag zuvor zu einem Verkehrsunfall kam, weil ein Fahrzeug ohne Zutun des Fahrers plötzlich bremste. Fuhr das Fahrzeug allein? Die Fahrzeugführerin gab an, dass das Fahrzeug von alleine bremste, somit der Bremsassistent einsetzte.
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In einer Pressemitteilung vom 13.4.2016 des Bundesministeriums für Verkehr und digitale Infrastruktur wurde verkündet: "Weg frei für das automatisierte Fahren, Bundeskabinett beschließt Umsetzung des automatisierten Fahrens."
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Dieses beschäftige in letzter Zeit eine Vielzahl von Kommentatoren. Der AK II. des 53. Verkehrsgerichtstages setzte sich ebenfalls umfassend mit der Thematik auseinander. Die Experten empfahlen u.a.:
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"Automatisiertes Fahren kann wesentlich zur Verbesserung der Sicherheit und Leichtigkeit des Straßenverkehrs beitragen, einen Beitrag zum Umweltschutz leisten und den Fahrkomfort erhöhen. Daher ist seine technologische Entwicklung aktiv voranzutreiben und wissenschaftlich zu begleiten. Bei Bedarf ist der Rechtsrahmen anzupassen."
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Für eine vollständige oder dauerhafte Ersetzung des Fahrers durch ein System genügt die derzeitige Änderung des Wiener Übereinkommens (WÜ) über den Straßenverkehr von 1968 nicht. Ob dies auch für fahrfremde Tätigkeiten gilt, ist unklar. Hier ist der Gesetzgeber aufgefordert, für Klarstellung zu sorgen.
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Der Fahrer muss selbst entscheiden können, ob er solche Systeme nutzen möchte. Abschaltbarkeit und Übersteuerbarkeit sind zu gewährleisten, wobei der menschlichen Fähigkeit, das funktionierende System über einen längeren Zeitraum zu überwachen, natürliche Grenzen gesetzt sind. Dies muss technisch aufgegriffen und normiert werden.
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Der Fahrzeugführer muss jederzeit wissen, in welchem Automatisierungsgrad sich das Fahrzeug befindet und welche Handlungs- und Überwachungsanforderungen bestehen.
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Zur Klärung von Haftungsansprüchen nach Schadensfällen in jeglichem automatisierten Fahrbetrieb müssen Systemhandlungen und Eingriffe des Fahrers beweissicher dokumentiert werden. Gegen vorhersehbaren und gefährlichen Fehlgebrauch müssen technische Maßnahmen ergriffen werden. Gegen Manipulationen von außen ist entsprechend dem Stand der Technik Vorsorge zu treffen. Zur Akzeptanzsteigerung beim Nutzer ist eine selbsterklärende Bedienung unumgänglich.“
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Ein Jahr später hat sich etwas getan. In diesem Beitrag soll festgehalten werden, wie das WÜ erweitert wurde. Wichtig erscheint vorab jedoch auch festzustellen, dass mit dem Begriff des Fahrens im deutschen Recht in der Regel der Begriff des Fahrzeugführens gleichgesetzt wird. Daher soll neben dem WÜ beleuchtet werden, in welchen Rechtsbereichen der Begriff des Fahrzeugführers von Bedeutung ist. Welche Auswirkungen hätte dies in diesen Bereichen, wenn die im Fahrzeug auf dem Fahrersitz befindliche Person nicht mehr Fahrzeugführer wäre? Wichtig ist daher, was Gesetzes- und Verordnungstexte sowie die Gerichte unter Fahrzeugführer verstehen.
A. Wiener Übereinkommen
Das für den Straßenverkehr so wichtige Abkommen aus dem Jahr 1968 behandelt in seinem Art. 8 auch den Fahrzeugführer. Hier wird zunächst einmal nicht definiert, wer Fahrzeugführer ist. Festgehalten wird aber im Abs. 1, dass jedes Fahrzeug und miteinander verbundene Fahrzeuge, wenn sie in Bewegung sind, einen Führer haben müssen. Abs. 3 stellt fest, dass jeder Führer die erforderlichen geistigen und körperlichen Fähigkeiten haben und körperlich und geistig in der Lage sein muss zu führen. Ferner muss er nach Abs. 4 die für die Führung erforderlichen Kenntnisse und Fähigkeiten haben, und nach Abs. 5 muss er dauernd das Fahrzeug beherrschen.
Davon ausgehend muss eine Person, um als Fahrzeugführer gelten zu können, wohl anwesend sein – im Text des Abkommens heißt es "… einen Führer haben …". Die Urheber dieses Werkes sind davon ausgegangen, dass die Person sich im Fahrzeug befindet. Es darf wohl nicht davon ausgegangen werden, dass die Personen irgendwo sein können, über eine Verbindung mit dem Fahrzeug auf dieses einwirken können und mittels technischer Vorrichtungen das Fahrzeug bewegen, obwohl sie sich nicht darin befinden. Es wäre daher zu klären, ob die Anwesenheit im Fahrzeug gefordert wird – bisher wird man davon ausgehen dürfen.
Der Art. 8 des WÜ wurde erweitert und Abs. 5bis eingeführt. Danach gelten Fahrzeugsysteme, die einen Einfluss auf das Führen des Fahrzeugs haben, als vereinbar mit Abs. 5 und Art. 13 Abs. 1, wenn sie den Bedingungen für den Bau, den Einbau und die Verwendung nach den internationalen Rechtsinstrumenten betreffend Radfahrzeuge, Ausrüstungsgegenstände und Teile, die in Radfahrzeuge(n) eingebaut und/oder verwendet werden können, entsprechen. Fahrzeugsysteme, die einen Einfluss auf das Führen eines Fahrzeugs haben und die nicht den genannten Bedin...