"Der Antrag war zurückzuweisen, weil die Voraussetzungen der vorläufigen Entziehung der Fahrerlaubnis nach § 111a Abs. 1 und 3 StPO nicht gegeben sind. Es besteht kein dringender Tatverdacht einer alkoholbedingten Straßenverkehrsgefährdung. Diese erfordert nämlich die sichere Feststellung, dass die Fahrunsicherheit eine Folge des Alkoholgenusses ist. Bei der sog. absoluten Fahruntüchtigkeit ergibt sich dies aus der Überschreitung des von der Rspr. festgelegten Grenzwertes (zurzeit 1,1 Promille). Vorliegend ist jedoch nur von einem Blutalkoholgehalt von 0,65 Promille auszugehen, d.h. es kommt nur eine sog. relative Fahruntüchtigkeit in Betracht. Es müssen also Umstände vorliegen, die in Zusammenschau mit dem Blutalkoholwert eine alkoholbedingte Fahruntüchtigkeit erweisen. Hierbei sind die Anforderungen umso höher, je geringer die Blutalkoholkonzentration ist. Konkret erfordert dies, dass ein alkoholtypischer Fahrfehler festgestellt werden muss, d.h. ein solcher, der in symptomatischer Weise auf die nach Alkoholgenuss typischerweise auftretenden physiologischen und psychischen Folgen hinweist. Ausnahmsweise kann auch aus dem Verhalten des Fahrzeugführers bei der Kontrolle ein Rückschluss auf dessen Fahruntüchtigkeit gezogen werden, ohne dass ein alkoholbedingter Fahrfehler festgestellt werden kann. Das setzt aber Auffälligkeiten voraus, die sich unmittelbar auf eine Beeinträchtigung der Fahruntüchtigkeit beziehen, wie z.B. schwerwiegende Einschränkungen der Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit, mangelnde Ansprechbarkeit, Unfähigkeit zu koordinierter Bewegung und extrem verlangsamte Reaktionen (siehe insgesamt Fischer, Strafgesetzbuch, 61. Aufl. 2014, § 316, Rn 30–41)."

Angewendet auf den vorliegenden Sachverhalt ist damit eine relative Fahruntüchtigkeit nicht feststellbar. Nach dem Ergebnis der Ermittlungen ist dem Beschuldigten lediglich ein einfacher Vorfahrtsverstoß vorwerfbar. Sowohl aus den Feststellungen des untersuchenden Arztes als auch aus den Beobachtungen der Polizeibeamten ergeben sich keine schwerwiegenden Beeinträchtigungen der Wahrnehmung und Reaktionsfähigkeit im oben genannten Sinne.

Der Antrag war deshalb zurückzuweisen.“

Mitgeteilt von RA Steffen Körbs, Bitterfeld-Wolfen

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