Leitsatz
An die spätere Anfechtung eines Erbvertrages sind strenge Anforderungen gestellt. Ein Motivirrtum kann zwar ein tauglicher Anfechtungsgrund sein. Es muss dann aber tatsächlich feststehen, dass die vertragliche Erbeinsetzung auf einem Beweggrund beruhte, der für die Verfügung derart bestimmend oder zumindest derart mitbestimmend war, dass der Erblasser die Verfügung ohne die irrige Vorstellung nicht getroffen hätte.
Sachverhalt
Die Erblasserin und ihr vorverstorbener Ehemann setzten, ohne Ausschlussgründe hinsichtlich der beiden anderen Kinder zu nennen, eine Tochter erbvertraglich zur Alleinerbin nach dem Letztversterbenden ein sowie deren Ehemann zum Ersatzerben. Später focht die Erblasserin die Schluss- und Ersatzerbeneinsetzung mit notarieller Erklärung an und setzte die anderen Kinder zu gleichen Teilen ein. Sie war enttäuscht, dass die Tochter ihre vor Vertragsschluss nur mündlich abgegebene Zusage, den länger lebenden Elternteil in ihren Haushalt aufnehmen und pflegen zu wollen, nicht mehr einhielt. Der Sohn wendet sich nunmehr mit der weiteren Beschwerde gegen die auf Grundlage des Erbvertrages erfolgte Erbscheinserteilung.
Entscheidung
Der Erbvertrag macht das spätere Testament unwirksam, da die zugleich erklärte Anfechtung nicht durchgreift.
Bei der Anfechtung eines Erbvertrages kann ein Motivirrtum beachtlich sein, wenn und soweit der Erblasser bei der Errichtung der letztwilligen Verfügung tatsächlich irrige Vorstellungen und Erwartungen hatte, § 2281 Abs. 1 BGB i.V.m. § 2078 Abs. 2 BGB. Der Irrtum muss dabei als bewegender Grund für den letzten Willen ursächlich gewesen sein, wobei es auf die tatsächlichen tatrichterlichen Feststellungen ankommt.
Vorliegend fehlt es an einem unmittelbaren Zusammenhang zwischen Erbeinsetzung und Pflegeversprechen. Die bloße und in der Sache nachvollziehbare Enttäuschung der Erblasserin nach Kenntnis, dass die Erbin sie in ein Pflegeheim geben wollte, genügt als Anfechtungsgrund nicht. Weder aus dem Erbvertrag als solchem noch aus den tatsächlichen Feststellungen zu seinem Zustandekommen lässt sich ein ursächlicher Zusammenhang zwischen erbvertraglicher Regelung und Pflegeversprechen zweifelsfrei ermitteln. Folglich ist der Motivirrtum hier unbeachtlich und fehlt es an einem Anfechtungsgrund.
Hinweis
Bei Abfassung eines Erbvertrages sollte die Motivation, die zur getroffenen Erbregelung führt, ausdrücklich erwähnt werden, um es bei einem Verstoß hiergegen dem überlebenden Teil zu ermöglichen, den Vertrag wirksam anfechten und sodann neu testieren zu können.
Link zur Entscheidung
OLG München, Beschluss vom 27.07.2007, 31 Wx 051/07