Leitsatz

In einem Adoptionsverfahren über die Annahme eines ukrainischen Kindes war die Bestimmung der Zuständigkeit des Gerichts problematisch. Der minderjährige Betroffene und seine Mutter waren ukrainische Staatsbürger. Die Ehe der Mutter mit dem leiblichen Vater des Betroffenen war im April 1999 geschieden worden. Die Mutter erhielt die alleinige elterliche Sorge für das Kind. Im Februar 2001 schloss sie die Ehe mit dem Beteiligten zu 1). Der minderjährige Betroffene lebte fortan im dem Haushalt seiner Mutter und deren neuen Ehemannes, des Beteiligten zu 1).

Mit notariellem Antrag vom 22.9.2005 beantragte der Beteiligte zu 1) beim AG Reinbek die Annahme des Betroffenen als Kind. Dieser erteilte seine Einwilligung. Die Beteiligte zu 2) willigte als Ehefrau des Beteiligten zu 1) sowie als Mutter und gesetzliche Vertreterin des Betroffenen ebenfalls in die Adoption ein. Der Vater des Betroffenen hatte mit Einverständniserklärung vom 14.2.2005 zugestimmt.

Das AG Reinbek gab die Sache nach Anhörung der Parteien unter Hinweis auf § 43b Abs. 2 S. 2 FGG i.V.m. § 5 Abs. 1 S. 1 Adoptionswirkungsgesetz (AdWirkG) als das AG Schleswig ab, das die Übernahme des Verfahrens ablehnte und die Sache dem OLG zur Entscheidung über die örtliche Zuständigkeit vorlegte. Das AG Schleswig vertrat die Auffassung, dass allein die Anwendung ausländischen Rechts beim Zustimmungserfordernis des Art. 23 EGBGB eine Zuständigkeit des Konzentrationsgerichts nicht begründen könne.

Beide Amtsgerichte erachteten sich somit in der Adoptionssache als unzuständig.

 

Sachverhalt

siehe Kurzzusammenfassung

 

Entscheidung

Das OLG kam zu dem Ergebnis, zum zuständigen Gericht sei das AG Reinbek zu bestimmen, dessen Zuständigkeit aus § 43b Abs. 2 S. 1 FGG folge. Danach sei in Adoptionssachen grundsätzlich das Gericht zuständig, in dessen Bezirk der Annehmende seinen Wohnsitz hat. Dies sei der Bezirk des AG Reinbek, hier sei auch der räumliche Lebensmittelpunkt des Beteiligten zu 1) bei Beauftragung des Notars mit der Einreichung des Antrages.

Entgegen der Auffassung des AG Reinbek sei das AG Schleswig nicht als Konzentrationsgericht gem. § 5 Abs. 1 S. 1 AdWirkG zuständig. Die Zuständigkeitskonzentration nach dem AdWirkG sei nur dann einschlägig, wenn sich die Adoption insgesamt und nicht nur in Bezug auf Einzel- oder Vorfragen nach ausländischen Sachnormen richte. Sie erfasse daher nur solche Fallgestaltungen, in denen Art. 22 Abs. 1 i.V.m. Art. 4 Abs. 1 und 3, Art. 5 Abs. 1 und 2 und Art. 14 Abs. 1 EGBGB auf ausländisches Recht verweist. Die Anwendung von ausländischen Sachvorschriften im Rahmen des Zustimmungserfordernisses nach Art. 23 EGBGB genüge hingegen nicht. Der in der obergerichtlichen Rechtsprechung vertretenen Gegenansicht vermochte das OLG nicht zu folgen.

Für diese Auffassung könne zwar auf den ersten Blick der Wortlaut des § 43b Abs. 2 S. 2 FGG sprechen. Jedoch ergebe sich aus dem Sinn und Zweck der Zuständigkeitskonzentration ebenso wie aus der Historie des Gesetzes, dass sie nur dann eingreife, wenn auf die Adoption insgesamt und nicht nur bei Einzel- oder Vorfragen ausländische Sachnormen zur Anwendung gelangen.

Den Gesetzesinitiatoren sei es bei der Schaffung der Zuständigkeitskonzentration offensichtlich gerade darum gegangen, Vorgänge, die den Adoptionsakt als solchen betreffen, an ein zentrales Vormundschaftsgericht zu verlagern. Infolgedessen habe es für die nach deutschem Recht zu beurteilenden Adoptionsverfahren, bei denen lediglich in einzelnen Fragen ausländisches Recht zu prüfen sei, bei der allgemeinen Zuständigkeit des § 43b Abs. 2 S. 1 FGG zu verbleiben.

 

Link zur Entscheidung

Schleswig-Holsteinisches OLG, Beschluss vom 01.02.2006, 2 W 17/06

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