1 Leitsatz
Ist ein Beschluss wegen eines materiellen Beschlussmangels rechtskräftig für ungültig erklärt worden, entspricht ein im Kern inhaltsgleicher Zweitbeschluss in der Regel nur dann einer ordnungsmäßigen Verwaltung, wenn der materielle Beschlussmangel behoben worden ist oder wenn sich die darauf bezogenen tatsächlichen oder rechtlichen Umstände geändert haben.
2 Normenkette
§ 23 WEG; § 9 HeizkostenV
3 Das Problem
In einer Wohnungseigentumsanlage ist die zentrale Anlage zur Versorgung mit Wärme mit der zentralen Warmwasserversorgungsanlage verbunden. In den Jahren 2016 bis 2018 ist entgegen § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV kein Wärmemengenzähler für die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge installiert. In 2 Vorprozessen hat das AG die Beschlüsse über die Jahresabrechnungen 2016 und 2017 hinsichtlich der Genehmigung der Heizkostenabrechnung rechtskräftig für ungültig erklärt. In einer Versammlung im Jahr 2019 genehmigt die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer die Jahresabrechnungen für die Jahre 2016 und 2017 erneut (es gilt jeweils noch altes WEG-Recht). Im Hinblick auf die Kosten für Wärme und Warmwasser sind diese Jahresabrechnungen inhaltsgleich mit denen, deren Genehmigungsbeschlüsse für ungültig erklärt worden waren. Zudem genehmigen die Wohnungseigentümer die Jahresabrechnung 2018. Die auf die zentrale Warmwasserversorgung entfallende Wärmemenge wird in allen 3 Jahresabrechnungen nach der Gleichung des § 9 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HeizkostenV bestimmt, obwohl die Voraussetzungen des § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV nicht vorliegen. Wohnungseigentümer K geht gegen die 3 Beschlüsse vor. Er will erreichen, dass diese hinsichtlich der "Genehmigung der Heizkostenabrechnungen" für ungültig erklärt werden.
4 Die Entscheidung
Mit einem Zwischenerfolg! Der Minderheitenschutz werde nach BGH-Ansicht faktisch entwertet, wenn die Gemeinschaft der Wohnungseigentümer einen inhaltlich mit dem für ungültig erklärten identischen Beschluss fasse. Lediglich in Ausnahmefällen könnten besondere Umstände die Annahme rechtfertigen, dass ein derartiger Zweitbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Dies komme in Betracht, wenn der im Vorprozess benannte formale oder materielle Beschlussmangel behoben worden sei. Ein Zweitbeschluss könne zudem dann ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen, wenn sich die darauf bezogenen tatsächlichen Umstände geändert hätten. Schließlich könne auch eine Änderung der rechtlichen Umstände zur Folge haben, dass ein Zweitbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche. Werde ein nach den vorgenannten Maßstäben unzulässiger Zweitbeschluss gefasst, habe dies allerdings nicht die Nichtigkeit des Beschlusses, sondern in der Regel lediglich dessen Anfechtbarkeit zur Folge. Ob ein Zweitbeschluss ordnungsmäßiger Verwaltung entspreche, müsse nämlich in aller Regel in einem Anfechtungsverfahren geklärt werden. Nur in Ausnahmefällen könne ein derartiger Beschluss als evident rechtsmissbräuchlich und deshalb als nichtig anzusehen sein; das komme beispielsweise in Betracht, wenn ein Beschluss allein mit dem Ziel mehrfach gefasst werde, die Minderheit zu zermürben. Weil das LG noch keine Feststellungen zu den Beschlussmängeln getroffen habe, die dazu geführt hatten, dass die Beschlüsse im Vorprozess für ungültig erklärt worden waren, sei der Fall an das LG zurückzugeben.
In Bezug auf § 9 Abs. 2 Satz 1 HeizkostenV meint der BGH, bei einem nicht heilbaren Verstoß entspreche es in der Regel am ehesten dem Zweck der HeizkostenV, wenn eine Abrechnung vorgenommen werde, bei der die auf die zentrale Warmwasserversorgungsanlage entfallende Wärmemenge anhand der Formel des § 9 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HeizkostenV ermittelt werde. In Ausnahmefällen könne eine derartige Abrechnung allerdings einer ordnungsmäßigen Verwaltung auch widersprechen. Dies sei der Fall, wenn die Anwendung der Formel des § 9 Abs. 2 Sätze 2 und 3 HeizkostenV dazu führe, dass das tatsächliche Nutzerverhalten im Einzelfall nicht wenigstens annähernd abgebildet und somit der Zweck der HeizkostenV nicht erfüllt werde. Dieser Frage müsse das LG jetzt nachgehen.
5 Hinweis
Problemüberblick
Im Fall fassen Wohnungseigentümer einerseits rechtskräftig für ungültig erklärte Beschlüsse erneut. Sie ändern dabei, soweit es um die Kosten für Wärme und Warmwasser geht, nichts. Fraglich ist, ob dieses Vorgehen einer ordnungsmäßigen Verwaltung entsprechen kann, und ob dafür überhaupt eine Beschlusskompetenz gegeben ist. Dabei ist für das Revisionsverfahren zu unterstellen, dass die Beschlüsse im Vorprozess wegen eines materiellen Mangels für ungültig erklärt worden waren. Anderseits, nämlich beim dritten Beschluss, geht es um Probleme der HeizkostenV und die Frage, ob die Abrechnung der Kosten für Wärme und Warmwasser ordnungsmäßiger Verwaltung entsprechen kann, wenn die Abrechnung Vorgaben der HeizkostenV missachtet.
Zweitbeschluss
Der BGH hält daran fest, dass die Wohnungseigentümer mehrfach über einen Gegenstand beschließen können. Etwas Anderes kann indes gelten, wenn der erste Beschluss rechtskräftig für ungü...