Prämien für verschreibungspflichtige Medikamente
Eine Apothekerin hatte eine Zweigstelle ihrer „Hauptapotheke“ neu eröffnet. Über Zeitungsannoncen und durch die Verteilung von Flyern an Haushalte in der Umgebung warb sie mit einer „easyRezept-Prämie“. Sie versprach pro verschreibungspflichtiges Arzneimittel einen „Ein-Euro-Einkaufsgutschein“ bei einer Begrenzung der Einkaufsgutscheine auf drei Stück pro eingelöstem Rezept. Eine Bareinlösung der Prämie war nicht vorgesehen, vielmehr sollte die Prämie beim Kauf von nicht rezeptpflichtigen Artikeln verrechnet werden. Hierin sah die zuständige Landesapothekenkammer einen Verstoß gegen die für verschreibungspflichtige Arzneimittel nach § 78 ArzneimittelG und § 3 ArzneimittelpreisVO geltende Preisbindung für verschreibungspflichtige Arzneimittel.
Landesapothekenkammer drängt auf Verhängung einer Geldbuße
Bei dem für das Berufsrecht der Apotheker zuständigen Verwaltungsgericht (VG) bestand die hessische Landesapothekenkammer darauf, dass das ihrer Auffassung nach unlautere und rechtswidrige Geschäftsgebaren der Apothekerin mit einer Geldbuße geahndet wird. Die Apothekerin wandte hiergegen ein, schon aus Gründen der Berufsfreiheit müsse es ihr gestattet sein, gerade in der Eröffnungsphase einer Apotheke Maßnahmen zur Erzielung einer adäquaten Kundenbindung einzuleiten. Eine betriebswirtschaftlich sinnvolle Eröffnung einer Filiale sei anders gar nicht möglich.
Rabatt ist wettbewerbsrechtlich zulässig
Für die Apothekerin stritt das in der Rechtswissenschaft vertretene Argument, dass aus Gründen der Einheit der Rechtsordnung die wettbewerbsrechtliche und berufsrechtliche Rechtsprechung nicht auseinander driften dürften. Wettbewerbsrechtlich hatte der BGH mehrfach entschieden, dass eine geschäftliche Handlung nur dann unlauter im Sinne des UWG sei, wenn die Interessen von Mitbewerbern, Verbrauchern oder sonstigen Marktteilnehmern spürbar beeinträchtigt würde. Diese Spürbarkeitsschwelle wird bei einem Rabatt von einem Euro pro verschreibungspflichtigem Medikament nach Auffassung des BGH noch nicht erreicht (BGH, Urteil v. 9.9.2010, I ZR 193/07, Urteil v. 9.9.2010, I ZR 98/08 - Bonuspunkte -, Urteil v. 9.9.2010, I ZR 26/09).
Rabatt verstößt gegen das Berufsrecht
Das mit dem Fall befasste VG ließ sich von diesen Argumenten nicht überzeugen. Die beanstandete Bewerbung der Rezepte war nach Auffassung des VG unabhängig von einer Spürbarkeitsschwelle eindeutig rechtswidrig, da hierdurch entgegen der für rezeptpflichtige Arzneimittel geltenden Preisbindung ein indirekter Rabatt auf verschreibungspflichtige Arzneimittel gewährt worden sei, auch wenn dieser Rabatt erst über den Kauf von rezeptfreien Arzneimitteln durch Verrechnung eingelöst werden konnte. Dieser Verstoß gegen § 3 der ArzneimittelpreisVO stelle einen Verstoß gegen das Berufsrecht der Apotheker dar. Durch die Werbeaktion würden andere Apotheker, die sich an die ArzneimittelpreisVO hielten, in unzulässiger Weise benachteiligt. Das VG verhängte gegen die Apothekerin daher eine Geldbuße in Höhe von 750 € und erteilte ihr einen förmlichen Verweis.
Entscheidung ist noch nicht rechtskräftig
Die Apothekerin hat gegen die Entscheidung des VG Rechtsmittel eingelegt. Es bleibt spannend, ob das Rechtsmittelgericht die Entscheidung des VG bestätigen wird.
(VG Gießen, Urteil v. 29.1.2013, 21 K 1887/11)
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