Anforderungen an die Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung

Die Gläubigerbenachteiligung bei Rückzahlung eines Gesellschafterdarlehens entfällt nicht dadurch, dass der Gesellschaft von dritter Seite die gleiche Summe wieder zufließt.

Hintergrund

Eine Tochter-GmbH hatte an den alleinigen Gesellschafter ihrer Muttergesellschaft (diese eine GmbH & Co. KG) 100.000 EUR auf ein (Gesellschafter)Darlehen zurückgezahlt. Der Gesellschafter verwendete die 100.000 EUR zur Erfüllung einer von ihm übernommenen Kommanditeinlageverpflichtung, d.h. zur Einzahlung in die Mutter-GmbH & Co. KG. Diese wiederum zahlte die 100.000 EUR an die Tochter-GmbH zur Erfüllung einer von ihr übernommenen Verlustdeckungspflicht.

Der Insolvenzverwalter der GmbH forderte von dem Alleingesellschafter die Rückzahlung der 100.000,00 EUR aufgrund Insolvenzanfechtung gemäß § 135 Abs. 2 InsO.

Das Urteil des BGH vom 02.05.2019, Az. IX ZR 67/18

Entgegen den Vorinstanzen gab der BGH der Klage des Insolvenzverwalters statt. Denn mit der Rückzahlung des Gesellschafterdarlehens wurden die anderen Gläubiger der Tochtergesellschaft benachteiligt, so dass die Voraussetzungen der Insolvenzanfechtung gegeben sind. Die Gläubigerbenachteiligung werde auch nicht dadurch beseitigt, dass der Gesellschafter das Geld dazu nutzte, seiner Verpflichtung zur Leistung der Kommanditeinlage bei der Muttergesellschaft zu erfüllen und diese dadurch in der Lage war, ihrer Verpflichtung aus der Verlustdeckungshaftung gegenüber ihrer Tochtergesellschaft nachzukommen. Zwar sei es grundsätzlich möglich die Gläubigerbenachteiligung im Nachgang zu beseitigen, wenn der empfangene Betrag noch vor Verfahrenseröffnung an die Gesellschaft zurückgezahlt werde. Vorliegend haben der Gesellschafter und die Muttergesellschaft allerdings jeweils auf eigene Verpflichtungen geleistet. Eine Rückzahlung des ursprünglichen Darlehensbetrags war nicht bezweckt. Damit scheide die Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung aus.

Anmerkung

Der BGH konkretisiert mit seinem Urteil die Anforderungen an die nachträgliche Beseitigung der Gläubigerbenachteiligung und schafft dadurch weiter Klarheit. Entscheidend ist, zu welchem Zweck die Rückzahlung erfolgt. Denn mit der Rückzahlung des Betrags darf gerade keiner anderen Verpflichtung nachgegangen werden. Eine Gläubigerbenachteiligung kann nur dann entfallen, wenn der entzogene Vermögenswert zurückgewährt werden soll, um damit die Verkürzung der Haftungsmasse ungeschehen zu machen. Auch eine mittelbare Zuwendung über einen Dritten kann grundsätzlich die Gläubigerbenachteiligung entfallen lassen, sofern der Dritte auf Weisung handelt und die Zahlung der Wiederherstellung der Haftungsmasse dient.

Bedeutung kommt dem vor allem bei der Finanzierung innerhalb einer mehrgliedrigen Gesellschaftsstruktur zu. Denn für das Anfechtungsrisiko ist es nicht entscheidend, ob ein umfassendes Finanzierungskonzept vorliegt; vielmehr kommt es auf die einzelnen Vertragsverhältnisse an. Gerade wenn eine Gesellschaft notleidend ist, sollte bedacht werden, dass eine Umstrukturierung Anfechtungsrisiken birgt, auch wenn bei der Gesellschaft summarisch kein Defizit entsteht.


Schlagworte zum Thema:  GmbH, Gesellschafterdarlehen, Insolvenzanfechtung