Ansprüche aus Verletzung der Beratungspflicht bestehen auch dann, wenn der nach Zeichnung der Anlage überreichte Emissionsprospekt abweichende und realistischere Angaben enthält. Dass zu diesem Zeitpunkt noch eine Widerrufsmöglichkeit besteht, ändert an den Schadensersatzsprüchen gegen die Bank nichts.

Der Kläger nahm seine Bank auf Rückabwicklung der Beteiligung an einem Medienfonds in Form einer Kommanditeinlage in Anspruch.

Die Beratung durch den Mitarbeiter seiner Bank erfolgte auf der Grundlage eines Flyers, in welchem die Anlage als sicher dargestelltwurde. Außerdem sollten erhebliche steuerliche Verlustzuweisungen erfolgen.

 

Später überreichte Prospekt: deutlich ehrlicher!

Der später überreichte Prospekt – der genaue Zeitpunkt war nicht aufzuklären – wies demgegenüber auf die Möglichkeit eines Totalverlustes hin. Dies hatte der Anleger nicht gelesen. Zum Zeitpunkt der Prospektzusendung bestand zumindest noch die rechtliche Möglichkeit des Widerrufs der Beteiligung.

  • Der Verlust trat ein; die Verantwortlichen kamen zeitweise in Haft.
  • Das Finanzamt widerrief die zunächst erteilte steuerliche Anerkennung.

 

Abschluss eines Beratungsvertrags

Ein wirksamer Beratungsvertrag zwischen Kunde und Bank kommt durch jede tatsächliche Aufnahme eines Beratungsgesprächs zustande.

Auf die Richtigkeit der Auskünfte der Bank darf der Kunde sich nach Auffassung des OLG Celle verlassen. Dies gilt insbesondere für die Aussage der Bank, die Anlage sei sicher. Dem steht nicht entgegen, dass der Kunde sich bei zurückliegenden Anlageentscheidungen als risikobereit gezeigt hatte.

  • Demgegenüber ist der Kunde nicht verpflichtet, einen später überreichten Prospekt auf Widersprüche zu dem Inhalt des Beratungsgesprächs zu untersuchen.
  • Dabei spielt es keine Rolle, ob der Kunde zu diesem Zeitpunkt noch die rechtliche Möglichkeit eines Widerrufs hat.

 

Kausalität der Beratungsfehler für den späteren Schadenseintritt wird vermutet

Die fehlerhafte Beratung über die Sicherheit waren ursächlich für den dem Kläger entstandenen Schaden, nämlich dem Verlust seines Eigenkapitals. Hierfür spricht eine tatsächliche Vermutung.

  • Im Ergebnis ist hiernach das negative Interesse des Klägers zu ersetzen,
  • d.h. er ist so zu stellen, wie er ohne die schuldhafte Verletzung der Beratungspflichten stünde.

In diesem Fall hätte der Kläger die Anlage nicht getätigt, d.h. das eingesetzte Kapital einschließlich eingetretener Zinsverluste sowie mögliche steuerliche Nachteile waren zu ersetzen.

(OLG Celle, Urteil v 21.10.2009, 3 U 94/09).