Anforderungen an die Kapitalaufbringung bei der GmbH
Hintergrund
Die beschwerdeführende GmbH beantragte ihre Eintragung in das Handelsregister. Der Gesellschaftsvertrag der Beschwerdeführerin sah vor, dass eine Gesellschafterin, die einen Anteil im Nennwert von 15.000 EUR übernommen hatte, ihre Einlagepflicht bereits durch die Übereignung eines PKW im Wert von 9.725 EUR erfüllt habe. Weitere Einlageleistungen sah weder der Gesellschaftsvertrag vor, noch wurden solche getätigt. Vielmehr bestimmte § 4 des Gesellschaftsvertrages ausdrücklich, dass neben der Erbringung des PKW vor der Eintragung keine weiteren Zahlungen auf diesen Geschäftsanteil zu leisten seien. Das Registergericht hat die Eintragung der GmbH abgelehnt, da die Einlageverpflichtungen nicht vollständig erbracht worden seien. Dem tritt die Beschwerdeführerin entgegen. Die Beschwerdeführerin meinte, es genüge jedenfalls für die Anmeldung der GmbH, wenn die wertmäßige Hälfte der übernommenen Gesamteinlage erbracht ist.
Der Beschluss des OLG Celle vom 05.01.2016, 9 W 150/15
Das OLG Celle hat die Beschwerde zurückgewiesen. Es hat klargestellt, dass die alleinige Übereignung des Autos die gesetzlich vorgeschriebenen Einlagepflichten nicht erfülle. Die Übereignung stelle eine sog. Teilsacheinlage dar, da der Wert des Autos der Einlage nicht entspreche. Liegt eine Teilsacheinlage vor, so sei der verbleibende Restwert (5.275 EUR) als Bareinlage zu erfüllen. Die Bareinlagepflicht habe die Gesellschafterin jedoch zumindest in Höhe eines Viertels des Restbetrages zu zahlen (§ 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG). Da die Gesellschafterin dieser Einlagepflicht nicht nachgekommen ist, hatte das Registergericht die Eintragung der GmbH zu recht abgelehnt.
Ist im Gesellschaftsvertrag, wie vorliegend, sogar ausdrücklich bestimmt, dass keine weiteren Einlageleistungen zu erbringen sind, verstoße zudem auch der Gesellschaftsvertrag gegen §§ 19 Abs. 2, 7 Abs. 2 S. 1 GmbHG. Denn die Gesellschafterin sei in unzulässiger Weise von ihrer Ersteinzahlungspflicht befreit worden. Ohne Änderung steht damit auch der Gesellschaftsvertrag einer Eintragung der Beschwerdeführerin entgegen.
Anmerkung
Die Entscheidung des OLG Celle ist nachvollziehbar. Zwar genügt es nach § 7 Abs. 2 Satz 2 GmbHG, dass die Summe der Bareinlagen und der Sacheinlagen mindestens die Hälfte des Stammkapitals beträgt. Allerdings bezieht sich dieser Satz auf das gesamte Stammkapital und nicht auf den einzelnen Geschäftsanteil. In § 7 Abs. 2 Satz 1 GmbHG ist ausdrücklich geregelt, dass die Anmeldung der GmbH erst erfolgen darf, wenn zudem auf jeden Geschäftsanteil, soweit nicht Sacheinlagen vereinbart sind, ein Viertel des Nennbetrags eingezahlt ist. Das bedeutet für die Einlageleistung der Gesellschafter, die vor Anmeldung der GmbH zu erbringen sind:
- Sacheinlagen sind voll zu leisten;
- Geldeinlagen sind mindestens in Höhe von ¼ des Nennbetrags zu leisten;
- Im Fall einer Kombination aus Sach- und Geldeinlage (sog. „Mischeinlage“) ist die Sacheinlage voll und die zusätzliche Geldeinlage mindestens in Höhe von ¼ des Nennbetrags zu leisten;
- Insgesamt muss die Summe der Nennbeträge aller Sacheinlagen und der eingezahlten Geldeinlagen mindestens 12.500 EUR (½ des Mindeststammkapitals i.H.v. 25.000,00 EUR) betragen.
Der Gesellschaftsvertrag darf selbstverständlich keine Regelungen enthalten, die gegen diese gesetzlichen Vorgaben verstoßen. Falls bei der Gründung einer Gesellschaft gegen diese Grundsätze verstoßen und die Gesellschaft dennoch eingetragen wurde, droht den betroffenen Gesellschaftern eine erneute Einlagepflicht. Dies wird in der Regel in der Insolvenz des Unternehmens relevant.
Bei der Erfüllung der Einlagepflicht ist daher größte Sorgfalt geboten. Dies gilt nicht nur für Einlageverpflichtungen bei der Gründung einer GmbH, sondern etwa auch im Rahmen von Kapitalerhöhungen. Die Werthaltigkeit der Einlagen sollte nachgewiesen, die Einzahlungen gut dokumentiert und die Unterlagen lange aufbewahrt werden.
Rechtsanwälte Dr. Hendrik Thies, Meike Kapp-Schwoerer, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
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