Bald mehr Druck für Frauenquote in großen und bundeseigenen Unternehmen
Ausgerechnet staatliche Unternehmen hinken bei der Frauenquote immer noch hinterher Während der Frauenanteil in den Aufsichtsgremien großer deutscher Unternehmen in den letzten Jahren deutlich gestiegen ist, ist er in den Führungsgremien einiger Bundesunternehmen sogar gesunken. Die Deutsche Bundesbahn hat in ihrem siebenköpfigen Vorstand lediglich 2 Positionen weiblich besetzt.
Gesetzliche Frauenquote im Bundesgleichstellungsgesetz zeigte Wirkung
Mit dem bereits seit langem im Kanzleramt stecken gebliebenen Referentenentwurf des „Zweiten Führungspositionen Gesetzes“ soll dieser Missstand nun endgültig behoben werden. Die bundeseigenen Unternehmen sollen für die deutsche Wirtschaft nach dem Willen des BMFSFJ und des BMJV künftig beispielhaft sein. Immerhin haben das am 1.5.2015 in Kraft getretene Gesetz für die gleichberechtigte Teilhabe von Frauen und Männern an Führungspositionen in der Privatwirtschaft und dem öffentlichen Dienst (BGleiG) sowie das Bundesgremienbesetzungsgesetz dazu geführt, dass in den Aufsichtsräten der von dem Gesetz erfassten Unternehmen, die der paritätischen Mitbestimmung unterliegen (in der Regel Unternehmen ab 2.000 Beschäftigte) und börsennotiert sind ein Frauenanteil in den Aufsichtsräten von ca. einem Drittel erreicht wurde.
Miserable Frauenquote in den Vorständen soll beseitigt werden
In den operativen Führungsgremien, insbesondere den Vorständen, ist die Lage dagegen immer noch mehr als kritisch. 2019 war von zehn Vorständen in größeren Unternehmen nur einer weiblich besetzt. In den bundeseigenen Unternehmen sieht die Lage nicht viel besser aus. Die von politischer Seite initiierte freiwillige Selbstverpflichtung der Unternehmen hat die gewünschte Wirkung einer Erhöhung des Frauenanteils in Führungspositionen nicht erzielt. Gleiches gilt für die Empfehlungen des Deutschen Corporate Governance Kodex (DCGK) für börsennotierte Aktiengesellschaft. Auch diese haben nicht zu einer Verbesserung der Unterrepräsentanz von Frauen in Führungspositionen der deutschen Wirtschaft geführt.
Gesetzliche Frauenquote als Erfolgsgarant für Veränderungen
Der Missstand soll nun endgültig beseitigt werden, und zwar durch gesetzlichen Zwang. In den Aufsichtsräten der Wirtschaft wird fünf Jahre nach der gesetzlichen Einführung der Frauenquote ca. jede dritte Aufsichtsratsposition von einer Frau ausgefüllt. Dieser Erfolg wurde mit gesetzlichen Vorgaben erreicht. Das BGleiG schreibt einen Frauenanteil von 30 % in den Aufsichtsräten der paritätisch mitbestimmten und börsennotierten Aktiengesellschaften vor. Daneben sieht das Gesetz als zweite Säule der Gleichstellung von Männern und Frauen vor, dass Großunternehmen sich eine Zielgröße für den Frauenanteil in anderen Führungsgremien, insbesondere im Vorstand, setzen. Familienministerin Giffey bewertet die erzielten Fortschritte als Beleg dafür, dass es ohne gesetzliche Quote nicht geht.
Künftig Vorbildfunktion der Staatsunternehmen in Sachen Gleichberechtigung
Mit dem gemeinsamen Referentenentwurf zielen das BMJV und das BMFSJ auf eine künftige Vorbildfunktion der im Alleineigentum des Bundes stehenden Unternehmen in Sachen Gleichstellung. Mit dem „Zweite FührungspositionenG“ soll im Wege einer Änderung des Bundesgleichstellungsgesetzes vorgeschrieben werden, dass die Bundesverwaltung
- bis Ende 2025 eine paritätische Teilhabe von Frauen und Männern in Führungspositionen erreichen soll.
- Im wesentlichen betroffen davon werden 24 Bundesunternehmen sein, wie die Deutsche Bahn, die Bundesdruckerei, die Deutsche Flugsicherung, die Deutsche Gesellschaft für internationale Zusammenarbeit.
- Die Regelung soll gleichermaßen für große Kapitalgesellschaften im unmittelbaren oder mittelbaren Alleineigentum des Bundes gelten.
- Darüber hinaus sollen die zuständigen Ministerien in den vom Bund mitbestimmten Unternehmen den Frauenanteil in den Führungsgremien erhöhen.
Frauen-Mindestbeteiligungsgebot für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen
Der Gesetzentwurf sieht für börsennotierte und paritätisch mitbestimmte Unternehmen in den Vorständen ein Mindestbeteiligungsgebot in der Form vor, dass in Vorständen mit mehr als drei Mitgliedern mindestens ein Vorstand eine Frau sein muss. In Vorständen von Börsenunternehmen mit mindestens vier Mitgliedern soll künftig mindestens ein Mitglied weiblich sein.
Verschärfung der Frauenquote für Aufsichtsräte
Die bisher geltende Frauenquote für Aufsichtsräte soll verschärft werden. Diese galt bisher nur für Unternehmen, die paritätisch mitbestimmt und börsennotiert sind. Künftig soll die paritätische Mitbestimmung das alleinige Kriterium für die Frauenquote sein. Dies würde eine erhebliche Ausdehnung von zur Zeit ca. 100 auf künftig ca. 600 Unternehmen bedeuten.
Künftig Sanktionen für Gesetzesverstöße beim Frauenanteil
Unternehmen, die sich eine feste Zielgröße für den Frauenanteil im Aufsichtsrat und Vorstand sowie den beiden darunterliegenden Ebenen geben müssen, sollen künftig mit einem Bußgeld belegt werden können, wenn sie die Zielvorgabe verweigern oder gegen die Berichtspflichten über ihre Ziele und Fortschritte in der Gleichstellungsfrage verletzen. Grundsätzlich bleibt es den Unternehmen künftig erlaubt, eine Zielgröße von Null für die Frauenquote anzugeben. Diese müssen sie wie bisher schon auf künftig begründen. Verstöße gegen die Begründungspflicht, die der Vergangenheit häufig waren, sollen ebenfalls künftig mit einem Bußgeld belegt werden.
Quotenbonus für Staatsaufträge gegen Männerlastigkeit in der Führung?
Die Union sieht in dem Entwurf nach wie vor einen erheblichen Eingriff in die unternehmerische Freiheit und in die operative Unternehmensführung. Dennoch wird das Problem der unbefriedigenden Frauenquote auch dort gesehen. Ein seitens der Union vorgeschlagene Lösungsansatz ist der Quotenbonus für Unternehmen mit einer hohen Frauenquote. Anknüpfungspunkt ist der Staat als immer noch größter Auftraggeber des Landes für viele Unternehmen. Allein in die Infrastruktur würden jährlich Milliarden gesteckt.
Bevorzugung von Unternehmen mit hoher Frauenquote bei Auftragsvergabe
Bei der Auftragsvergabe sollen nach diesem Vorschlag künftig Unternehmen mit einer hohen Frauenquote bevorzugt werden. Der Nachteil: Die Wirkung dürfte sich auf einen überschaubaren Teil von Unternehmen beschränken. BMFSFJ und BMJV drängen daher auf Beratung und Umsetzung ihres Entwurfs.
Hintergrund: Frauenanteil in den Vorständen der 160 börsennotierten Unternehmen
Der Anteil von Frauen in den Vorstandsetagen der Dax-, M-Dax- und S-Dax-Unternehmen ist im vergangenen Jahr zwar erneut gestiegen, liegt aber mit 9,2 Prozent (Vorjahr: 8,6 Prozent) immer noch unter der Zehn-Prozent-Marke, so die Analyse von EY. In den 160 Konzernen arbeiteten zum Stichtag 1. Januar 2020 insgesamt 64 Frauen in den Vorstandsgremien – das sind drei Frauen mehr als noch vor einem Jahr.
66 Prozent der Vorstandsgremien sind ausschließlich mit Männern besetzt. Immerhin: Im Vergleich zum Vorjahr stieg der Anteil der Unternehmen, die wenigstens ein weibliches Vorstandsmitglied beschäftigen, von 31,4 auf 33,8 Prozent. Weiterhin eine absolute Ausnahme sind allerdings Unternehmen mit mehr als einem weiblichen Vorstandsmitglied: Ihr Anteil stieg von fünf Prozent auf 6,3 Prozent.
Immerhin fünf Unternehmen werden von einer Frau als CEO geführt: SAP, Grenke Leasing, DIC Asset, Hamburger Hafen und Logistik sowie Thyssen-Krupp.
Frauenanteile in den Dax-30-Unternehmen
Mit gutem Beispiel voran gehen nach wie vor die besonders stark im Fokus der Öffentlichkeit stehenden Dax-Unternehmen. Der Frauenanteil bei den 30 im Leitindex gelisteten Unternehmen stieg auf 14,7 Prozent. Inzwischen haben 77 Prozent der DAX-Unternehmen – also 23 – mindestens ein weibliches Vorstandsmitglied, sechs Dax-Unternehmen haben mehr als eine Frau im Vorstand.
Frauenanteile im M-Dax und S-Dax
Gestiegen ist auch der Frauenanteil im M-Dax: von 7,7 auf 8,4 Prozent, die Zahl der Frauen im Top-Management stieg von 17 auf 21. Allerdings beschäftigen gerade einmal 28 Prozent der M-Dax-Unternehmen mindestens eine Frau im Vorstand. Im S-Dax stieg die Zahl der weiblichen Vorstände von 13 auf 14, der Anteil legte somit von 5,2 auf 5,6 Prozent zu.
Aktueller Frauenanteil in Vorständen (Stand Januar 2020): Dax 30 14,7 Prozent, MDax 8,4 Prozent, SDax 5,6 Prozent.
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