Keine gemeinsame Versicherung der Geschäftsführer bei Anmeldung ihrer Bestellung zum Handelsregister
Hintergrund
Die klagende GmbH hatte beim zuständigen Amtsgericht die Eintragung der Bestellung von zwei Geschäftsführern in das Handelsregister beantragt. Beigefügt war folgende Versicherung der beiden Geschäftsführer:
„Die unterzeichnenden Geschäftsführer versichern, dass…“.
Das Registergericht verweigerte die Eintragung mit der Begründung, dass die geforderte Versicherung einzeln von jedem Geschäftsführer abgegeben werden müsse und die vorliegende Versicherung diesen Anforderungen nicht genüge. Die daraufhin eingelegte Beschwerde beim OLG München hatte keinen Erfolg.
Der Beschluss des OLG München vom 17.05.2018 – 31 Wx 166/18
Das OLG München bestätigte die Entscheidung des Registergerichts und schließt sich damit auch der Rechtsauffassung des OLG Frankfurt a.M. (Beschluss vom 04.02.2016 – 20 W 28/16) an, nach der die erforderliche Versicherung von jedem Geschäftsführer einzeln für sich abzugeben ist und eine gemeinsam abgegebene Erklärung ein Eintragungshindernis darstellt.
Die Versicherung der Geschäftsführer habe den Zweck, dem Registergericht auf einfache und schnelle Art diejenigen Informationen zu vermitteln, die es sich sonst unter erhöhtem Verwaltungsaufwand durch Einholung eines Auszugs aus dem Bundeszentralregister selbst beschaffen müsste. Diesen Zweck erfülle eine gemeinsame Versicherung nicht, da das Registergericht nicht klar erkennen könne, dass nicht nur keine die einzutragenden Geschäftsführer jeweils beide (gemeinsam) betreffenden, sondern auch keine die einzutragenden Geschäftsführer jeweils nur einzeln betreffenden Verurteilungen und Untersagungsverfügungen vorliegen.
Anmerkung
Bei der Anmeldung zum Handelsregister muss jeder neu bestellte Geschäftsführer versichern, dass keine Umstände vorliegen, die seiner Bestellung nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 2 und 3, Satz 3 GmbHG entgegenstehen. Nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. Nr. 3 GmbHG kann Geschäftsführer u.a. nicht sein, wer in den letzten fünf Jahren vor seiner Anmeldung als Geschäftsführer wegen einer oder mehrerer der dort aufgeführten vorsätzlich begangenen Straftaten verurteilt worden ist. Damit soll die Sicherheit und Lauterkeit des Rechtsverkehrs geschützt werden. Die sog. Negativversicherung ist jedoch äußerst fehleranfällig, wie mehrere in jüngerer Zeit ergangene Entscheidungen verdeutlichen:
Nach den o.g. Beschlüssen des OLG München und OLG Frankfurt sind „Wir“-Formulierungen strikt zu vermeiden. In der Kommentarliteratur finden sich verschiedene Formulierungsvorschläge, danach genügt u.a. die Formulierung
„Jeder Geschäftsführer versichert jeweils für sich, dass …“.
Diese Versicherung ist vom Geschäftsführer höchstpersönlich abzugeben und bedarf der notariellen Beglaubigung.
Wird in der Versicherung jede einzelne Norm im Strafgesetzbuch, auf die § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG Bezug nimmt, enumerativ aufgezählt, müssen etwaige Neuregelungen genau beobachtet und mitaufgeführt werden. Dies gilt seit dem 12.04.2017 auch für die neu eingeführten Straftatbestände des § 265 c StGB (Sportwettenbetrug) und § 265 d StGB (Manipulation von berufssportlichen Wettbewerben), vgl. OLG Oldenburg, Beschluss v. 08.01.2018 – 12 W 126/17. Einfacher – und ebenfalls zulässig – ist es pauschal zu versichern, dass der Geschäftsführer noch nie (oder jedenfalls nicht in den letzten fünf Jahren) wegen einer Straftat im In- oder Ausland rechtskräftig verurteilt worden ist.
Unentbehrlich ist jedoch das Wort „rechtskräftig“. Das Bestellungsverbot knüpft an die rechtskräftige Verurteilung an. Versichert ein Geschäftsführer lediglich, dass er in den letzten fünf Jahren nicht verurteilt worden ist, ist es möglich, dass eine länger als fünf Jahre zurückliegende Verurteilung noch nicht fünf Jahre rechtskräftig ist. Eine solche Versicherung vermittelt dem Registergericht nicht die notwendigen Angaben über das Vorliegen eines Ausschlussgrundes und ist daher nicht ausreichend (OLG Oldenburg, Beschluss v. 08.06.2015 – 12 W 107/15).
Ist ein Geschäftsführer allerdings vor mehr als fünf Jahren wegen einer der genannten Straftaten rechtskräftig verurteilt worden, hindert die Verurteilung zwar nicht seine Bestellung zum Geschäftsführer. Gibt der Geschäftsführer aber in der Versicherung an, „niemals“ wegen einer Straftat nach § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG verurteilt worden zu sein, ist die Versicherung falsch und die Bestellung kann nicht im Handelsregister eingetragen werden (OLG Oldenburg, Beschluss v. 03.04.2018 – 12 W 39/18). Als zulässiges Formulierungsbeispiel schlug das zuständige Registergericht vor, dass der Geschäftsführer versichert, dass in den letzten fünf Jahren kein Urteil wegen einer in § 6 Abs. 2 Satz 2 Nr. 3 GmbHG genannten Straftat gegen den Geschäftsführer rechtskräftig geworden sei.
Rechtsanwälte Dr. Frank Jungfleisch und Stephanie von Riegen, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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