Insolvenzanfechtung bei der Rückzahlung der stillen Beteiligung eines Gesellschafters
Der Hintergrund: Stille Einlage eines (mittelbaren) Alleingesellschafters
Die Beklagte war Alleingesellschafterin einer GmbH, die wiederum die Alleingesellschafterin der später insolventen GmbH war. 2005 beteiligte sich die Beklagte an dieser, ihrer Enkel-GmbH als stille Gesellschafterin. Wenige Tage, nachdem die Enkel-GmbH einen Teil der von der Beklagten gewährten stillen Einlage in Höhe von 2 Mio. EUR an die Beklagte zurückgezahlt hatte, wurde Gläubigerantrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens über das Vermögen der Enkel-GmbH gestellt. Im darauffolgenden Jahr wurde das Insolvenzverfahren eröffnet und der Kläger zum Insolvenzverwalter der Enkel-GmbH bestellt.
Der Insolvenzverwalter erhob gegen die Beklagte Anfechtungsklage auf Rückzahlung der zurückgezahlten Einlage über 2 Mio. EUR. Nachdem das Landgericht der Klage stattgegeben und die dagegen gerichtete Berufung der Beklagten keinen Erfolg hatte, begehrte die Beklagte mit ihrer Nichtzulassungsbeschwerde die Zulassung der Revision.
Der Beschluss: Rückzahlung der stillen Beteiligung eines Gesellschafters unterliegt der Insolvenzanfechtung
Der BGH wies die Nichtzulassungsbeschwerde der Beklagten als unbegründet zurück. Er stellte klar, dass der Anspruch eines mittelbaren Gesellschafters auf Rückzahlung einer durch ihn zusätzlich gewährten stillen Beteiligung eine „einem Darlehen gleichgestellte Forderung“ ist und deswegen – wenn und soweit er erfüllt wird – nach §§ 135 Abs. 1, 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO der Insolvenzanfechtung unterliegt.
Die Auswirkungen des Beschlusses des BGH für die Praxis
Der Beschluss des BGH bestätigt, worüber in der rechtswissenschaftlichen Literatur bereits seit einiger Zeit Einigkeit besteht: wenn sich ein Gesellschafter an seiner Gesellschaft zusätzlich mit einer Einlage als stiller Gesellschafter beteiligt, unterliegt die Rückzahlung seiner Einlage nach § 135 Abs. 1 Nr. 2 InsO der Insolvenzanfechtung, sofern sie bis zu einem Jahres vor Stellung des Insolvenzantrags erfolgt. Auch wenn für den Rückzahlungsanspruch eines solch „doppelt beteiligten“ Gesellschafters Sicherheiten gewährt werden (und zwar sogar bis zu 10 Jahre vor dem Antrag auf Eröffnung des Insolvenzverfahrens), kann dies nach § 135 Abs. 1 Nr. 1 InsO der Insolvenzanfechtung unterfallen.
Dieses Risiko sollte jedem bewusst sein, der neben seiner Beteiligung als Gesellschafter eine stille Einlage in die Gesellschaft leistet (wofür es mit Blick auf den mezzaninen (Finanzierungs-)Charakter einer stillen Beteiligung gute Gründe geben kann). Es sollte dabei im Blick behalten werden, dass diese Grundsätze nicht nur für unmittelbar beteiligte Gesellschafter, sondern – so wie im vom BGH entschiedenen Fall – auch für mittelbar beteiligte Gesellschafter gelten können, wenn dessen Rechtsposition der eines unmittelbar beteiligten Gesellschafters entspricht (z.B. weil mehrere Einpersonengesellschaften dazwischengeschaltet sind).
Von diesem Anfechtungsrisiko verschont bleiben vor allem diejenigen, die unter das Kleinstbeteiligungsprivileg des § 39 Abs. 5 InsO fallen, d.h. die nicht geschäftsführenden Gesellschafter, die mit nicht mehr als 10 % am Haftkapital der Gesellschaft beteiligt sind. Auch wer bei drohender/eingetretener Zahlungsunfähigkeit oder Überschuldung einer Gesellschaft Anteile zum Zwecke der Sanierung erwirbt, unterfällt nach § 39 Abs. 4 Satz 2 InsO ausdrücklich nicht dem Anwendungsbereich des § 39 Abs. 1 Nr. 5 InsO (und damit auch nicht der Insolvenzanfechtung nach § 135 Abs.1 InsO). Gerade für diese Fälle kann die Gewährung einer stillen Einlage durch den Gesellschafter daher eine sinnvolle Finanzierungsalternative sein, um z.B. das Eigenkapitalrating einer Gesellschaft zu verbessern.
Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel und Tina Bieniek, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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