Keine Beurkundungen im Ausland nach deutschem Recht
Hintergrund
Ein deutscher Notar wollte erreichen, dass er die Generalvollmacht eines in Den Haag lebenden deutschen Staatsbürgers in Den Haag notariell nach deutschem Recht beurkunden könne.
Das Urteil des Kammergerichts vom 1.6.2012, Az.: Not 27/11
Der Notarsenat des Kammergerichts lehnte das Begehren des Notars ab. Die Bundesnotarordnung (BNotO) eröffne eine solche Möglichkeit nur in besonderen Ausnahmefällen, nämlich auf Ersuchen eines ausländischen Notars und nur zu dessen Unterstützung. Europarechtliche Regelungen, vor allem die Dienstleistungsfreiheit, stünden der Unzulässigkeit einer Beurkundung durch einen deutschen Notar im Ausland nicht entgegen. Es sei auch keine Vorlage an den EuGH geboten. Die Berufung wurde allerdings zugelassen.
Anmerkung
Das Urteil des Kammergerichts ist keine Überraschung. Schließlich ist die notarielle Beurkundung die Ausübung staatlicher Hoheitsgewalt, die dementsprechend auf das deutsche Staatsgebiet beschränkt ist. Die Dienstleistungsfreiheit kann insofern keine Anwendung finden, da sie nur für Private gilt sich auch andere staatliche Verwaltungsbehörden nicht hierauf berufen können. Es bleibt danach bei der bisherigen Rechtslage, wonach zur Beurkundung nach deutschem Recht entweder (i) ein Bevollmächtigter den Erklärenden in Deutschland vertreten muss oder (ii) der Erklärende persönlich nach Deutschland reisen muss.
Hiervon zu trennen ist die vor allem aus Kostengründen diskutierte Frage, ob vor einem ausländischen Notar Erklärungen beurkunden werden können, die dem deutschen Recht unterliegen. Diese Frage ist im Einzelnen umstritten. Solange ein ausländischer Notar dem deutschen Notar gleichwertig ist, kann er nach herrschender Meinung bestimmte Rechtsgeschäfte beurkunden. Anerkannt ist Gleichwertigkeit für Notare aus Teilen der Niederlande und der Schweiz sowie Österreichs. Dementsprechend können im Ausland nach weit überwiegender Meinung die Verpflichtung zur Übertragung eines GmbH-Geschäftsanteils, Eheverträge und Grundstückskaufverträge wirksam beurkundet werden.
Heftig umstritten ist die Beurkundung im Ausland noch für die Übertragung von GmbH-Anteilen. Das OLG Düsseldorf hat am 2.3.2011 eine solche Wirksamkeit anerkannt, dieses Urteil ist jedoch umstritten. Nach wie vor gilt, dass die Rechtssicherheit bei der Übertragung von GmbH-Geschäftsanteilen nur bei einer Beurkundung in Deutschland 100 %ig gewährleistet werden kann. Das gleiche gilt für andere Verfügungsgeschäfte.
Rechtsanwälte Dr. Stefan Lammel, Jan Henning Martens, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024
-
Handelsregistervollmachten – Anforderungen und Umgang bei Rückfragen des Handelsregisters
12.11.2024
-
Datenschutzbehörden müssen nicht zwingend Sanktionen verhängen
07.11.2024
-
Typisch stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Unterschiede zwischen GmbH und AG
06.11.2024
-
Bundesnetzagentur wird nationale Marktüberwachungsbehörde bei der KI-Aufsicht
05.11.2024
-
Neue Bundesverordnung zur „Cookie-Einwilligung“
31.10.2024
-
Zahl der Datenschutz-Bußgeldverfahren steigt
24.10.2024
-
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im B2B-Bereich
23.10.2024
-
Fernmeldegeheimnis gilt nicht für private E-Mails und Telefonate am Arbeitsplatz
17.10.2024
-
Wirecard: Geschädigte Aktionäre sind keine nachrangigen Gläubiger!
16.10.2024