Evergreens, die schon so manchen Urlaub ruiniert haben
Das AG Köln hatte Gelegenheit, die gesamte Vielfalt der möglichen Mängel anhand eines Falles zu repetieren: Dar Kläger hatte für seine Ehefrau, seinen Sohn und seine 75jährige Tante eine Reise nach Hurghada in das Hotel R gebucht. Gebucht waren 2 Doppelzimmer im 5-Sternehotel mit Bad, Balkon, Meerblick, Klimaanlage, hoteleigenem Sandstrand und üppiger Poollandschaft.
Überbucht
Bei Ankunft stellte sich heraus, dass das Hotel überbucht war. Ein vorzeitiger Rückflug war wegen einer Sperrung des Luftraumes aufgrund eines Vulkanausbruchs nicht möglich. Die Unterbringung erfolgte in einem Ersatzhotel, das ebenfalls die landesspezifische 5-Sterne-Einstufung aufwies.
Umfangreiche Mängelrüge
Am Tag nach der Ankunft rügte die Tante umfangreiche Mängel. Über die mannigfachen Abweichungen von den katalogmäßig angepriesenen Leistungen wurde eine gemeinsame Liste erstellt, eine Abhilfe war nicht möglich. Nach der Reise machte der Kläger gegenüber dem Veranstalter Mängelansprüche innerhalb der gesetzlichen Einmonatsfrist geltend. Die Reiseteilnehmer hatten die Ansprüche an ihn abgetreten. Er verlangte Rückerstattung eines Teils des Reisepreises sowie einen in das Ermessen des Gerichts gestellten Schadensersatz wegen nutzlos vertaner Urlaubszeit. Der Reiseveranstalter lehnte ab.
5-Sterne sind nicht gleich 5-Sterne
Das Gericht stellt in seiner Entscheidung zunächst klar, dass die Unterbringung einem Ersatzhotel nur dann Mängelansprüche des Reisenden auslöst, wenn dieses gegenüber dem gebuchten Hotel nicht gleichwertig ist. Für die Einordnung komme es allerdings nicht auf die formale Sternekategorie, sondern ausschließlich auf das tatsächlich vorhandene Leistungsniveau bezogen auf den konkreten Reisezweck an. Gleichwertig sei ein Ersatzhotel nur dann, wenn dieses nach objektiven Maßstäben leistungsgleich und dem Reisenden subjektiv zumutbar sei.
45 % Minderung wegen Änderung des Reisezuschnitts
- Folgende Abweichungen von der Soll-Beschaffenheit des Hotels stellte das Gericht fest:
Kies- statt Sandstrand, - einfacher Pool statt Poollandschaft,
- kein Wellnessbereich mit türkischem Dampfbad und Sauna.
Die statt dessen vorhanden umfangreichen Möglichkeiten zu sportlicher Betätigung waren nach Auffassung des Gerichts kein Ausgleich, da diese subjektiv für die Reisenden uninteressant gewesen seien. Diese Abweichungen von der katalogmäßig angekündigten Beschaffenheit führten laut AG zu einer weitgehenden Änderung des Zuschnitts der gesamten Reise. Diese rechtfertigten nach Auffassung des Gerichts eine Minderung des Reisepreises um 45 %.
40% Minderung wegen Störungen - aber erst ab Rüge!
Diesen Minderungsbetrag erkannte das Gericht zu wegen störenden Baulärms ab 7 Uhr morgens und wegen Discolärms in der Nacht. Hinzu kam das Fehlen einer ausreichende Zahl an Kinderstühlen. Das Gericht sprach dem Kläger diesen Anspruch aber nur für die letzten 6 Tage der Reise zu, da die Reisenden erst für diesen Zeitraum nachweislich diese Mängel gerügt hatten. Dies zeigt, wie wichtig die sofortige Mängelrüge und der Nachweis hierüber sind.
Schadenersatz
Für diese letzten 6 Tage, in denen das Gericht eine Gesamtminderung um 85% zuerkannte, gewährte es auch Schadenersatz wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit. Diese wird grundsätzlich nur bei einer erheblichen Beeinträchtigung der Reise zuerkannt (Anhaltspunkt: Minderungsquote über 50 %). Bei einem Reisepreis in Höhe von 2.656,- € sah das Gericht insoweit eine Kompensationssumme in Höhe von 1.935,09 € als angemessen an.
(AG Köln, Urteil v. 7.2.2012, 133 C 325/10).
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.172
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.7342
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.635
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.613
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.471
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
1.400
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.368
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.305
-
Verdacht der Befangenheit auf Grund des Verhaltens des Richters
1.136
-
Formwirksamkeit von Dokumenten mit eingescannter Unterschrift
1.0461
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024
-
Handelsregistervollmachten – Anforderungen und Umgang bei Rückfragen des Handelsregisters
12.11.2024
-
Datenschutzbehörden müssen nicht zwingend Sanktionen verhängen
07.11.2024
-
Typisch stille Beteiligung an Kapitalgesellschaften – Unterschiede zwischen GmbH und AG
06.11.2024
-
Bundesnetzagentur wird nationale Marktüberwachungsbehörde bei der KI-Aufsicht
05.11.2024
-
Neue Bundesverordnung zur „Cookie-Einwilligung“
31.10.2024
-
Zahl der Datenschutz-Bußgeldverfahren steigt
24.10.2024
-
Untersuchungs- und Rügeobliegenheit im B2B-Bereich
23.10.2024
-
Fernmeldegeheimnis gilt nicht für private E-Mails und Telefonate am Arbeitsplatz
17.10.2024
-
Wirecard: Geschädigte Aktionäre sind keine nachrangigen Gläubiger!
16.10.2024