BGH erweitert Schadensersatzpflicht für Patronatserklärungen bei Insolvenz
Klage gegen die Muttergesellschaft nach Insolvenz der Tochtergesellschaft
Die Klägerin belieferte die Schuldnerin, eine Tochtergesellschaft der Beklagten, mit Gas. Die Beklagte hatte gegenüber der Klägerin eine Patronatserklärung abgegeben, in der sie sich verpflichtete, die Schuldnerin finanziell so auszustatten, dass sie ihre vertraglichen Verpflichtungen erfüllen könne. Die Schuldnerin zahlte in der Folge auch auf die Forderungen der Klägerin. Dennoch wurde über das Vermögen der Schuldnerin später das Insolvenzverfahren eröffnet und der Insolvenzverwalter konnte die an die Klägerin bewirkten Zahlungen erfolgreich anfechten. Die Klägerin musste daher rd. 2 Mio. EUR an die Schuldnerin zurückgewähren. Daraufhin nahm die Klägerin die Beklagte auf Schadensersatz in Anspruch, weil diese ihre Verpflichtungen aus der Patronatserklärung nicht erfüllt habe.
BGH dehnt bisherige Rechtsprechung aus
Der BGH (Urteil v. 12.01.2017, Az. IX ZR 95/16) hat nun entschieden, dass im Falle einer harten externen Patronatserklärung, wie sie die Beklagten abgegeben hatte, diese dazu verpflichte sei, Schadensersatz an die Klägerin zu leisten, weil die von der Schuldnerin an die Klägerin gezahlten Beträge nach der Insolvenzanfechtung zurückgezahlt werden mussten. Obgleich die Schuldnerin intern von der Beklagten so mit finanziellen Mitteln ausgestattet worden war, dass sie die Zahlungen an die Klägerin hatte erfüllen können, sei von einer Uneinbringlichkeit der Forderungen auszugehen, auch wenn diese durch die Insolvenzanfechtung gewissermaßen erst nachträglich entstehe. Die Einstandspflicht bestehe auch in dieser Konstellation. Der BGH erstreckt also seine bisherige Rechtsprechung, wonach eine Verletzung der Ausstattungsverpflichtung des Patrons vorliegt, wenn es noch vor der Insolvenz zu einem Forderungsausfall kommt, mit dieser Entscheidung auf den Fall, dass Zahlungen der Tochtergesellschaft zwar geleistet werden, diese Zahlungen aber der Insolvenzanfechtung unterliegen.
Mit Insolvenz steht Patronatsverletzung fest
Insolvenzrechtlich ist diese Entscheidung konsequent und richtig. Denn die Anfechtung der Zahlung führt dazu, dass es gewissermaßen nachträglich zu einem Forderungsausfall kommt. Genau gegen den Ausfall mit einer Forderung gegen das Tochterunternehmen soll der Gläubiger mit einem Anspruch gegen das Mutterunternehmen aus der Patronatserklärung geschützt werden. Außerdem steht bei Eröffnung des Insolvenzverfahrens fest, dass die Pflichten aus der Patronatserklärung verletzt wurden, da eine finanzielle Ausstattung, die die Erfüllung der Ansprüche des gesicherten Gläubigers sicherstellt nur erfolgt sein kann, wenn diese Ausstattung auch zur Erfüllung aller anderen Verbindlichkeiten ausreicht.
Als Sanierungsinstrument sind Patronatserklärungen häufig in Konzernsituationen anzutreffen. Bei der Gestaltung sollte beachtet werden, dass es zu einer doppelten Belastung aus dem Patronat kommen kann, wenn die Tochtergesellschaft trotz zunächst erfolgter Ausstattung später insolvent wird. Gegebenenfalls muss die Patronatserklärung so gestaltet werden, dass eine Kündigung möglich wird, wenn die fortlaufende Ausstattung nicht weiter erfolgen soll. Im Einzelfall kann es auch sinnvoll sein, anstelle der Ausstattung der Tochtergesellschaft eine Direktzahlung an den Vertragspartner zu leisten, auch hierbei können aber Anfechtungsrisiken nicht generell ausgeschlossen werden, wenn es dennoch zur Insolvenz kommt. Die Entscheidung verdeutlicht, wie weitgehend die Verpflichtung zur finanziellen Ausstattung bei Patronatserklärungen reichen kann. Aus Sicht eines Gesellschafters sollten daher stets auch alternative Sanierungsmaßnahmen in den Blick genommen werden.
Rechtsanwälte
Dr. Stefan Lammel und Dr. Ingo Reinke,
Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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