Kritische Äußerung Online-Vertriebs von Markenartikeln

Das Bundeskartellamt geht gegen Beschränkungen des Online-Vertriebs durch den Sportschuhhersteller ASICS vor. Die Behörde beanstandete, dass ASICS seinen Händlern den Produktabsatz über Online-Marktplätze ohne Ausnahme untersagt. ASICS hat die Möglichkeit dazu Stellung zu nehmen. Danach entscheidet das Kartellamt, ob es die beanstandete Praxis untersagt.

Gegenstand der Beanstandung

ASICS vertreibt seine Sportschuhe in Deutschland im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems über ausgewählte Händler. In den Vertriebsverträgen ist den Händlern ohne Ausnahme untersagt, die Produkte über Online-Marktplätze wie Amazon und ebay weiter zu vertreiben. Der Vertrieb über eigene Internet-Shops ist den Händlern zwar grundsätzlich gestattet. Allerdings bestehen auch insoweit Beschränkungen, als die Händler die geschützten Marken von ASICS nicht auf Internet-Seiten Dritter verwenden und keine Preismaschinen im Internet unterstützen dürfen. Damit besteht für die Händler praktisch keine Möglichkeit, Kunden im Internet über Drittseiten auf ihr Shop-Angebot zu lenken.

Die Begründung des Bundeskartellamts

Das Bundeskartellamt sieht in den Beschränkungen eine weitgehende Behinderung des Internetvertriebs, die vorrangig dem Ziel dient, den Preiswettbewerb zu beschränken. Jedes einzelne der drei Verbote sei als unzulässige Kernbeschränkung zu werten, weil es den Händler de facto unmöglich gemacht werde, die bezogenen Produkte über das Internet zu vertreiben.

Rechtlicher Hintergrund

Unter einem selektiven Vertriebssystem versteht man ein Absatzsystem, bei dem der Hersteller – zumeist Hersteller von Markenartikeln – seine Produkte nur an ausgewählte Händler verkauft, die sich wiederum verpflichten müssen, die Produkte nicht an außenstehende Händler weiterzuverkaufen. Wenn die Auswahl der zugelassenen Händler auf objektiven Gesichtspunkten qualitativer Art beruht, fällt ein solches Vertriebssystem nicht unter den Tatbestand des Kartellverbots. Voraussetzung ist, dass sich die Auswahlkriterien danach orientieren, was nach der Art des Produkts erforderlich erscheint, um dessen Qualität und den richtigen Gebrauch der Ware sicherzustellen. Zulässig sind daher insbesondere Auswahlkriterien, die auf die fachliche Eignung des Händlers und auf die sachliche Ausstattung seines Geschäfts abstellen; die Kriterien müssen ferner einheitlich und diskriminierungsfrei angewendet werden. Eine Beschränkung des Wettbewerbs liegt allerdings vor, wenn den zugelassenen Händlern weitere Verpflichtungen auferlegt werden, die zur Wahrung des Produktimages und seiner Qualität nicht mehr unbedingt erforderlich sind. Solche zusätzlichen Verpflichtungen können zwar vom Kartellverbot freigestellt sein, wenn die Voraussetzungen der EU-Gruppenfreistellungsverordnung für vertikale Vereinbarungen erfüllt sind, also insbesondere die Marktanteilsschwelle von 30% für Händler und Hersteller nicht überschritten ist (Art. 3 VO-EU Nr. 330/2010). Es stellt jedoch eine Kernbeschränkung des Wettbewerbs dar, die grundsätzlich nicht freistellungsfähig ist, wenn die Kundengruppe beschränkt wird, an die der Händler die Produkte verkaufen darf (Art. 4 b VO-EU Nr. 330/2010). Das Bundeskartellamt sieht im de facto-Verbot des Internet-Vertriebs eine solche Kernbeschränkung.

Praxishinweis

Mit dieser Beurteilung nimmt die Behörde einen Standpunkt ein, der gegenüber der bisherigen Praxis der Gerichte strenger ist. Nach einem Urteil des OLG München ist der Ausschluss des Weitervertriebs über Internet-Auktionsplattformen nicht als verbotene Kernbeschränkung anzusehen (Urteil v. 2.7.2009, U(K) 4842/08). Das OLG Karlsruhe hat im Urteil v. 25.11.2009 sogar noch weitergehende Beschränkungen im Rahmen eines selektiven Vertriebssystems für zulässig erachtet. Über das Verbot des Weitervertriebs über Auktionsplattformen hinaus wurden den Händlern Vorgaben für die Gestaltung der eigenen Website gemacht, die das OLG Karlsruhe als zulässige qualitative Auswahlkriterien gewertet hat (Urteil v. 25.11.2009, 6 U 47/08).

Rechtsanwalt Dr. Hans-Georg Riegger, Friedrich Graf von Westphalen & Partner, Freiburg


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