Reiseveranstalter dürfen Reisepreis-Anzahlungen bis zu 40 % fordern

40 % Anzahlung auf den Reisepreis machte TUI gegenüber seinen Kunden nach den von dem Unternehmen verwendeten AGB für bestimmte Reisekategorien geltend. Dies war dem Bundesverband der Verbraucherzentralen und Verbraucherverbände ein Dorn im Auge.
Bundesverbraucherverband klagte gegen TUI Deutschland
Der Bundesverband klagte vor Gericht mit dem Antrag, die Reiseveranstalterin „TUI Deutschland GmbH“ zu verurteilen, es zu unterlassen, beim Abschluss bestimmter Pauschalreisen eine Reisebedingung zu verwenden, die eine Anzahlung in Höhe von 40 % des Reisepreises vorsieht.
TUI unterlag in den ersten Instanzen
Der Verband hatte mit seiner Klage gegen TUI in den beiden ersten Instanzen Erfolg. LG und OLG bezogen sich auf die ständige Rechtsprechung des BGH.
- Danach ist grundsätzlich ein berechtigtes Interesse der Reiseveranstalter an einer Vorausleistung des Kunden in Höhe von bis zu 20 % des Reisepreises anzuerkennen.
- Geht die Höhe der Vorausleistung darüber hinaus, so muss der Reiseveranstalter dies sachlich begründen.
Nach Auffassung des BGH hatte die Vorinstanz weder die Gründe für die von TUI verlangten erhöhten Vorauszahlungen noch die Art der von der Klausel betroffenen Reisen hinreichend geklärt. Der BGH hob deshalb das Berufungsurteil auf und verwies die Sache an das OLG zur erneuten Verhandlung und Entscheidung zurück (BGH, Urteil v. 9.12.2014, X ZR 147/13).
TUI korrigiert Reisebedingungen in der Berufungsinstanz
Im darauf folgenden erneuten Berufungsverfahren hat TUI seine Berufung teilweise zurückgenommen, aber darauf bestanden, die Klausel in konkretisierter Form, die lediglich noch zwei Reisekategorien umfasste, weiter verwenden zu dürfen. Die AGB soll nach dem Willen von TUI künftig wie folgt lauten:
„Bei Vertragsschluss wird bei Reisen der Marken X1-2-Fly und X TUI gegen Aushändigung der Bestätigung die Anzahlung in Höhe von 40 % des Gesamtpreises fällig“.
Berufungsgericht hält auch korrigierte Klausel für unangemessen
Das Berufungsgericht hielt auch diese Klausel für unzulässig, da die Vorausleistung eines Preises in Höhe von 40 % unmittelbar bei Vertragsschluss eine unangemessene Benachteiligung für den Kunden bedeute und damit der Inhaltskontrolle des § 307 BGB nicht standhalte. TUI hatte zur Begründung der erhöhten Anzahlungsbeträge für diese Reisen seine Vorleistungsquoten der letzten beiden Geschäftsjahre berechnet, die nach Darstellung von TUI jeweils über 45 % lagen. In diese Berechnungen hatte TUI die von dem Unternehmen zu leistenden Provisionszahlungen an die Reisebüros einbezogen.
- Die Einbeziehung dieser Provisionsleistungen, die eine Gegenleistung für die Wahrnehmung der Interessen von TUI durch die Reisebüros seien, hielt das Berufungsgericht für ungerechtfertigt.
- Ohne diese Provisionsleistungen hätten die Vorleistungsquoten deutlich unter 40 % gelegen.
- Außerdem rügte das Berufungsgericht dass die Berechnung der durchschnittlichen Vorleistungsquote nicht repräsentativ sei für die Gesamtheit der Reisen.
TUI rief wiederum den BGH an
Gegen die die Berufung zurückweisende Entscheidung des OLG zog das Reiseunternehmen wiederum mit der Revision zum BGH.
- Dieser stellte nun zu Gunsten von TUI klar, dass auch Provisionszahlungen an Reisebüros die liquiden Mittel eines Reiseveranstalters deutlich verringern können.
- Das gleiche gelte für die Flugkosten, die das Reiseunternehmen nach seinem Vortrag in etwa 90 % der Fälle vorfinanzieren muss und nur in etwa 10 % der Fälle nicht.
Provisionszahlungen dürfen gleichmäßig umgelegt werden
Anders als die Vorinstanz hielt es der BGH auch nicht für erforderlich, dass das Unternehmen bei der Umlegung der Provisionszahlungen auf die Anzahlungsquote zwischen den verschiedenen Fallgruppen differenziert.
Da insoweit kein Zusammenhang zwischen Art, Zuschnitt und Qualität der Reiseleistungen aus der Sicht des Verbrauchers bestehe, sei es nicht zu beanstanden, wenn das Reiseunternehmen die Gesamtheit der Vorleistungen für alle Reisenden mit dem gleichen Prozentsatz des Reisepreises für sämtliche Reisen berechnet.
Bei touristischen Vorleistungen ist Differenzierung erforderlich
Nicht geklärt hatte das Berufungsgericht die Frage, welche Vorleistungen das Reiseunternehmen an Hotelbetreiber erbringt. Die Höhe dieser sogenannten touristischen Vorleistungen muss das Berufungsgericht noch ermitteln. In diesem Punkt ist dann nach Auffassung des Senats allerdings zwischen den verschiedenen Reisekategorien zu differenzieren.
Sollten zwischen den Kategorien signifikante Unterschiede in der Höhe der touristischen Vorleistungen bestehen, so sei es gegebenenfalls geboten, insoweit die von den Reisekunden geforderten Anzahlungen nicht mit einem einheitlichen Prozentsatz auf alle Reiseteilnehmer umzulegen, sondern zwischen den verschiedenen Reisekategorien insoweit zu differenzieren. Übersichtlich für den Verbraucher sind diese verschiedenen Umlegungsmaßstäbe nicht. Das OLG Celle muss daher nun zum dritten Mal in der gleichen Sache entscheiden.
(BGH, Urteil v. 25.7.2017, X ZR 71/16)
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