Widerrufsbelehrung auf der Rückseite rechtfertigt kein zeitlich unbegrenztes Widerrufsrecht
Das wäre ein echtes Schnäppchen gewesen: Ausstieg aus einer seit neun Jahren bestehenden Lebensversicherung mit einer kompletten Rückabwicklung und Rückzahlung aller bisher gezahlten Beträge. Diesen Wunsch und Rechtsfall verhandelte das OLG Frankfurt.
Versicherter hatte neun Jahre lang Prämien gezahlt - und wollte sie gerne zurückhaben
Bei dem Vertrag handelte es sich um eine fondsgebundene Lebensversicherung, die am 1. November 2000 abgeschlossen worden war. Der Kläger hatte bis zum Juli 2009 Prämien in Höhe von 5.368 Euro in den Vertrag eingezahlt.
Der Versicherungsnehmer wollte sich aus seinem Vertrag lösen und strebte - anstelle der wirtschaftlich nicht sehr ertragreichen Kündigung des Versicherungsvertrags - einen Widerruf an. Nach neun Jahren versuchte er den Vertrag zu widerrufen und strebte danach, alle geleisteten Beiträge zurückbekommen. Grundsätzlich galt nach damaligem Recht für Versicherungsverträge, die nach dem Policenmodell abgeschlossen wurden, ein Widerspruchsrecht von 14 Tagen, sofern eine ordnungsgemäße Widerrufsbelehrung (geänderte Widerrufsbelehrung seit 13.6.2014) erfolgt war.
14 Tage Frist für einen Widerspruch
Die 14-Tages-Frist beginnt ab dem Zeitpunkt, zu dem der Versicherungsnehmer den Versicherungsschein, die Versicherungsbedingungen und die weiteren für den Vertragsinhalt maßgeblichen Verbraucherinformationen erhalten hat (§ 5a Abs. 1 VVG a.F.).
Der Versicherte begründete seinen Anspruch auf Rückabwicklung damit, dass er über das Widerspruchsrecht nicht vollständig, zutreffend und wirksam informiert worden sei, weil die Belehrung auf der Rückseite des Versicherungsscheins abgedruckt war.
Informationen auf Rückseite nicht ungewöhnlich
Dieser Auffassung schloss sich das Gericht nicht an.
- Dass die Informationen zum Widerspruch auf der Rückseite abgedruckt waren, mache die Belehrung nicht unwirksam.
- Schließlich seien auch andere Schriftstücke zum Versicherungsabschluss auf beiden Seiten bedruckt gewesen.
- Zudem sei die Belehrung zum Widerruf in sich geschlossen und drucktechnisch durch Fettdruck besonders hervorgehoben worden.
Man könne der Versicherung deshalb auch nicht den Vorwurf einer unübersichtlichen, unklaren Gestaltung machen. Der optische Eindruck sei so, dass die Belehrung vom Verbraucher nicht habe übersehen werden können.
Nach dieser Ansicht hatte der Kläger nur 14 Tage nach Erhalt der Versicherungsunterlagen Zeit, den Vertrag zu widerrufen. Diese Frist begann noch im Jahr 2000 und war bei Erklärung des Widerrufs im Jahr 2009 damit längst verstrichen.
Bei Kündigung gab es weniger als die Hälfte der Beiträge zurück
Keine Chance also für den Mann, die gesamten gezahlten Beiträge erstattet zu bekommen. Er muss sich mit dem Rückkaufswert begnügen, den die Versicherung zum Zeitpunkt der hilfsweisen Kündigung des Vertrags im Juli 2009 mit 2.582 Euro berechnet hatte. Der Mann erhält damit nach neun Jahren weniger als die Hälfte der eingezahlten Beiträge.
(OLG Frankfurt, Urteil v. 5.2.2015, 3 U 149/13).
-
Italienische Bußgeldwelle trifft deutsche Autofahrer
2.943
-
Wie kann die Verjährung verhindert werden?
2.041
-
Klagerücknahme oder Erledigungserklärung?
1.654
-
Wohnrecht auf Lebenszeit trotz Umzugs ins Pflegeheim?
1.5782
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
1.381
-
Brief- und Fernmelde-/ Kommunikationsgeheimnis: Was ist erlaubt, was strafbar?
1.380
-
Gerichtliche Ladungen richtig lesen und verstehen
1.340
-
Patronatserklärungen: Wirkung, Varianten und praktische Bedeutung
1.333
-
Überbau und Konsequenzen – wenn die Grenze zum Nachbargrundstück ignoriert wurde
1.169
-
Wann muss eine öffentliche Ausschreibung erfolgen?
1.110
-
Rechtsunsicherheit für die Kundenanlage
17.12.2024
-
Die Verordnung über das Verbot von Produkten, die in Zwangsarbeit hergestellt wurden
11.12.2024
-
Änderungen des Energiewirtschaftsrechts – Was kommt noch nach dem Ampel-Aus?
10.12.2024
-
Anteil der Zahlungen von Cyber-Versicherungen wegen Datenschutzverstößen steigt stetig
06.12.2024
-
Das Scraping-Urteil des BGH zum Facebook-Datenleck
04.12.2024
-
BGH begrenzt Zulässigkeit von Skonti auf verschreibungspflichtige Arzneimittel
03.12.2024
-
Microsoft Advertising haftet bei fehlender Einwilligung automatisch gesetzter Cookies
28.11.2024
-
Rückbeteiligung bei Unternehmensverkäufen: Chancen und Herausforderungen
26.11.2024
-
Diese Compliance-Regelungen gelten für Geschenke und Einladungen
25.11.2024
-
Risiko der Betriebsstättenbegründung durch mobiles Arbeiten im Ausland
18.11.2024