Überprüfbarkeit eines Schiedsspruchs
Hintergrund: Schiedsverfahren vereinbart
Die Parteien eines Vertriebsvertrages hatten vereinbart, etwaige Streitigkeiten aus diesem Vertrag im Wege eines Schiedsverfahrens zu klären. Eine Vertragspartie kündigte aufgrund von Unstimmigkeiten den Vertrag und forderte (erfolglos) zur Zahlung ausstehender Zahlungen auf. Schließlich klagte sie vor dem vereinbarten Schiedsgericht. Die Schiedsklage war erfolgreich; die Gegenseite wurde im Schiedsspruch zur Begleichung der ausstehenden Forderungen verpflichtet. Die Schiedsklägerin begehrte nun die Vollstreckbarerklärung dieses Schiedsspruches vor dem OLG Frankfurt.
Kein Aufhebungsgrund - Schiedsspruch vollstreckbar (Beschluss des OLG Frankfurt a.M. v. 15.05.2017, Az.: 26 Sch 10/16)
Das OLG Frankfurt gab dem Antrag statt und erklärte den Schiedsspruch für vollstreckbar. Die Schiedsbeklagte habe keine Umstände geltend gemacht, aus denen sich ein Aufhebungsgrund aus dem Katalog von § 1059 Abs. 2 ZPO ergäbe. Die Schiedsbeklagte bestreite zwar die Wirksamkeit der Kündigung, sowie der Vertragsverletzung und mache Gegenansprüche geltend. Dabei handele es sich jedoch um rechtliche und tatsächliche Feststellungen, die aufgrund der Schiedsklausel der Entscheidung durch das Schiedsgericht vorbehalten seien. Sie seien der (erneuten) Kontrolle durch das staatliche Gericht entzogen.
Anmerkung: Eingeschränkte gerichtliche Kontrolle
Der Beschluss des OLG Frankfurt verdeutlicht die besondere Qualität von Schiedsvereinbarungen und daraus resultierenden Schiedssprüchen. Schiedssprüche (deutsche wie ausländische) können nicht von staatlichen Gerichten auf ihre Richtigkeit hin überprüft werden. Deren Kontrolle beschränkt sich vielmehr auf in § 1059 Abs. 2 ZPO abschließend aufgezählten Aufhebungsgründen. Hierzu zählen u.a., ob die Schiedsvereinbarung wirksam getroffen wurde und ob das schiedsrichterliche Verfahren ordnungsgemäß abgelaufen ist, wobei hieran geringere Anforderungen als an staatliche Gerichte gestellt werden. Einen Instanzenzug wie bei den staatlichen Gerichten gibt es nicht und auch die Überprüfung des Schiedsspruchs durch staatliche Gerichte ist kein solcher. Dies führt zwar u.U. zu einer schnellen Rechtsicherheit, dies aber um den Preis der fehlenden Überprüfung durch eine zweite Instanz. Dies will (ebenso wie die hohen Kosten) gut bedacht werden bei der Vereinbarung einer Schiedsabrede.
Ein Schiedsverfahren kann sich im internationalen Rechtsverkehr nicht nur als Kompromiss zwischen als fremd empfundenen Rechtsordnungen anbieten. Es ist vielmehr zwingend, wenn die Vollstreckbarkeit von staatlichen Urteilen im jeweils anderen Land nicht gewährleistet ist. Auf nationaler Ebene können Schiedsverfahren aufgrund ihrer nicht öffentlichen Verhandlung sinnvoll sein, wenn besonders sensible Informationen offengelegt werden müssen. In allen Fällen sind die Kosten der unterschiedlichen Verfahren im Blick zu behalten, da diese u.a. abhängig von der gewählten Verfahrensordnung (z.B. der Internationalen Handelskammer ICC (International Chamber of Commerce in Paris) oder der Deutschen Institution für Schiedsgerichtsbarkeit (DIS)) stark variieren. Hinzu kommen häufig Kosten für Übersetzungen, Gutachter, Reise und Unterbringung während der mündlichen Schiedsverhandlung, die deutlich höher als bei Gerichtsverfahren vor staatlichen Gerichten sind. Die Flexibilität und das der Vereinbarung durch die Parteien unterworfene Verfahren sind sicherlich Vorteile der Schiedsgerichtsbarkeit.
Insgesamt sollte man sich daher nicht nur die Art der Konfliktlösung (staatliche Gerichte oder Schiedsverfahren), sondern auch die zugrunde liegende Verfahrensordnung genau überlegen und in einer Schiedsklausel entsprechend vereinbaren.
Rechtsanwalt Dr. Stefan Lammel, Rechtsanwältin Julia Reinhardt, Friedrich Graf von Westphalen & Partner mbB, Freiburg
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