Abgabepreis bestimmt Zuzahlungshöhe bei Arzneimitteln
Häufig werden Arzneimittel in mehreren kleineren Packungen von der Apotheke abgegeben, wenn die verordnete Großpackung nicht lieferbar ist – das ist zulässig. Wonach richtet sich jedoch die von gesetzlich Krankenversicherten zu leistende Zuzahlung: nach Anzahl und Größe der tatsächlich abgegebenen Packungen oder nach der ursprünglich verordneten Packungsgröße?
Das Sozialgericht (SG) Aachen entschied mit Urteil v. 22.10.2013 (S 13 KR 223/13), dass bei Abgabe mehrerer Einzelpackungen von der Apotheke eine höhere Zuzahlung als bei einer Großpackungen verlangt werden muss.
Höhe der Zuzahlung bei Arzneimitteln
Im zugrunde liegenden Streitfall hatte das SG Aachen darüber zu entscheiden, welche Zuzahlung ein Versicherter zu leisten hat, wenn das Arzneimittel in der verordneten Packungsgröße nicht lieferbar ist und deshalb von der Apotheke mehrere kleinere Packungen desselben Medikamentes ausgegeben werden. Geklagt hatte die Inhaberin einer Apotheke. Sie hatte beim Versicherten die Zuzahlung nach dem Preis für die (verordnete) Großpackung berechnet und nicht für die tatsächlich abgegebenen 3 Einzelpackungen.
Gesetzlich Versicherte leisten zu verordneten Arzneimitteln eine Zuzahlung. Die Zuzahlung beträgt
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Verordnetet Großpackung eines Arzneimittels nicht lieferbar - Einzelpackungen abgegeben
Im Dezember 2012 legte ein gesetzlich Versicherter in der Apotheke ein am selben Tag ausgestelltes Rezept über ein verschreibungspflichtiges Arzneimittel vor. Verschrieben war u. a. die Großpackung N3 des Arzneimittels "Atmadisc 50/250 Diskus PUL". Die Packungsgröße N3 war in der Apotheke nicht vorrätig und auch weder beim Pharmagroßhandel noch beim Hersteller lieferbar.
Da das Medikament dringend benötigt wurde, gab die Apothekerin dem Versicherten statt der rezeptierten Packungsgröße 3 Einzelpackungen (N1). Der Apothekenabgabepreis für das Arzneimittel Atmadisc in der Großpackung (N3) betrug 150,05 EUR, wodurch sich der Zuzahlungsbetrag für den Versicherten auf 10 EUR belaufen hätte. Für die 3 Einzelpackungen (N1) betrug der Apothekenabgabepreis dagegen 3 x 56,62 EUR; woraus sich ein Zuzahlungsbetrag von 3 x 5,66 EUR = 16,98 EUR errechnet.
Die Apothekerin stellte dem Versicherten jedoch nicht den Zuzahlungsbetrag für die 3 abgegebenen Einzelpackungen in Rechnung, sondern lediglich die für die verordnete Großpackung anfallenden 10 EUR.
Abrechnungszentrum beanstandet zu niedrige Zuzahlung
Im Abrechnungszentrum wurde die Rezeptabrechnung der Apotheke geprüft und beanstandet. Der Apothekerin wurde mitgeteilt, dass sie die um 6,98 EUR höhere Zuzahlung vom Kunden hätte einbehalten müssen. Dieser „Fehlbetrag“ wurde der Apotheke bei der nächsten Abrechnung abgezogen.
Dagegen klagte die Apothekerin mit der Begründung, dass sich die Zuzahlungspflicht des Versicherten auf die verordnete Arzneimittelpackung beziehe. Ein Versicherter dürfe nicht durch Lieferengpässe gezwungen sein, eine höhere Zuzahlung zu leisten.
Abgabepreis bestimmt Höhe der Zuzahlung
Das SG Aachen wies die Klage ab. Zwar durfte die Apotheke 3 Einzelpackungen der kleineren Packungsgröße abgeben, da das verordnete Arzneimittel in der Großpackung nicht lieferbar war. Allerdings hätte der dafür anfallende – höhere – Zuzahlungsbetrag vom Versicherten einbehalten werden müssen. Die Höhe der Zuzahlung richtet sich nach dem "Abgabepreis", was dem Apothekenabgabepreis der tatsächlich abgegebenen Packungen entspricht.
Laut dem SG Aachen seien die gesetzlichen Vorschriften insofern nicht eindeutig und nicht im Sinne der klagenden Apothekerin auslegbar.
Berechnung der Apothekenvergütung
Das SG weist im seinem Urteil auch auf den sich nach den abgegebenen Packungen richtenden Verdienst der Apotheken hin. Eine Apotheke erhält je abgegebener Packung bestimmte Festzuschläge. Im Jahre 2012 waren dies 3 % auf den Netto-Einkaufspreis plus 8,10 EUR plus Umsatzsteuer. So hatte die Apotheke ihren Vergütungsanspruch auch für die abgegebenen 3 Einzelpackungen und nicht für eine (rezeptierte) Großpackung beansprucht.
Gesetzgeber ist gefordert, höhere Zuzahlung bei Arzneimittelengpässen zu vermeiden
Lieferschwierigkeiten seitens der Arzneimittelhersteller zu Gunsten der Versicherten und auf Kosten der gesetzlichen Krankenversicherung zu lösen – wie von der Apothekerin gewünscht – lasse sich laut den Entscheidungsgründen des SG, weder aus dem Wortlaut gesetzliche Regelungen noch aus deren gesetzgeberischem Sinn und Zweck herleiten. Die finanzielle Mehrbelastung gesetzlich Versicherter durch Arzneimittellieferschwierigkeiten müsse jedoch vermieden werden. Hier sei der Gesetzgeber nun gefordert.
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