Organspende: Organspendezahlen sind im Keller

Die Organspende steckt in einer Krise. Die Zahl der Organspenden und die Spendebereitschaft sind rückläufig. Licht am Ende des Tunnels: Die Zwischenbilanz nach schärferen Kontrollen zu Manipulationen und der Werbekampagne um Spender ist positiv.

Die Kampagne zur Organspende-Reform für eine Entscheidung aller Bürger zeigt nach 4 Monaten wohl erste Wirkung. Und auch Ärzte und Krankenkassen meinen, derzeit würde wohl bei Spenderorganen nicht mehr in großem Stil manipuliert. Doch die Transplantations-Skandale sind keineswegs ausgestanden, denn laut Kritikern existieren gewaltige Gesetzeslücken und Strukturfehlern in der Transplantationsmedizin.

Allgemein große Skepsis zur Organspende und -vergabe

Laut einer Forsa-Umfrage im Auftrag der Techniker Krankenkasse (TK) finden 88 %, der Ablauf bei der Organspende müsse transparenter werden. 41 % fühlen sich nicht genug informiert. Doch TK-Chef Jens Baas kann auch vermelden: Mit 31 % der eigenen Versicherten haben 10 Prozentpunkte mehr als im Bundesschnitt einen Spendeausweis. Mehr fühlen sich auch gut informiert. «Die Anschreibewelle hatte Erfolg», folgert Baas. Die TK verschickte als erste große Kasse das durch die Reform vorgeschriebene Aufklärungsmaterial.
Die meisten gesetzlich Versicherten werden jedoch erst noch angeschrieben. Und die Kassen rennen alles andere als offene Türen ein. Bei 35 % der Bundesbürger ist die Spendebereitschaft durch die Skandale laut Umfrage gesunken.

Kein Vertrauen nach groß angelegten Manipulationen

Das Vertrauen ist erst einmal ziemlich dahin, denn die Manipulationen hatten offensichtlich System. Im Regensburger Fall dauern die Ermittlungen nun seit fast 8 Monaten. Bei mehr als 40 Lebertransplantationen soll getrickst worden sein. Der verdächtigte frühere Professor wurde im Januar in Göttingen, wohin er gewechselt war, in Untersuchungshaft genommen. Hier wird inzwischen auch gegen viele weitere Uniklinik-Mitarbeiter ermittelt.

Im Fall München soll es über Jahre manipulierte Blutproben und Alkoholiker gegeben haben, die nicht auf die Wartelisten gedurft hätten. Zuletzt kam heraus, dass in Leipzig Patienten auf dem Papier kränker gemacht worden sein sollen, um sie zu bevorzugen.

Sind alle Manipulationsfälle aufgedeckt?

Das ist völlig offen. Ärztepräsident Frank Ulrich Montgomery teilt mit: «Nach der neuen gesetzlichen Grundlage wurden bislang 15 Leberprogramme überprüft.» Demnach stehen Dutzende Prüfungen noch aus, denn in den fast 50 Transplantationskliniken gibt es mit meist mehrere Programmen zu verschiedenen Organen. Krankenakten werden laut Montgomery medizinisch gründlich studiert und Klinikvertreter befragt. Bei Auffälligkeiten kommen ein Arzt und ein Jurist zum Sondereinsatz.
Das Risiko neuer Fälle hält Montgomery im Moment für gering: «Nie war die Transplantationsmedizin sicherer als heute.» Bereits 2012 habe es nur noch wenige Manipulationen gegeben. Auch Baas sagt: «Ich rechne nicht damit, dass es demnächst neue Skandale gibt.»

Neue Organspende-Reform notwendig?

Experten fordern weitere Reformschritte. Selbst bei den zuständigen Staatsanwaltschaften steht die Frage im Raum, ob die Manipulation von Daten überhaupt strafrechtlich zu ahnen ist. Und ist die Konkurrenz der Kliniken um Renommee und Bezahlung nicht weiterhin zu groß? In Koalition, Opposition und Bundesärztekammer gibt es die Forderung, weniger Häuser zur Transplantation zuzulassen. Der neue Chef der Stiftung Organtransplantation, Rainer Hess, verlangt manipulationssichere Daten.

Zeit für Gesetzesänderung wird knapp

Das Bundesgesundheitsministerium lässt noch gesetzliche Änderungen prüfen. Es geht um Strafnormen und das Ärzte-Berufsrecht. Ein Rechtsgutachten soll bis Ende April folgen. «Das Ergebnis wird nach Abnahme im Internet des BMG veröffentlicht», heißt es.

Dann rückt aber das Ende der Regierungsperiode, in der Gesetze verabschiedet werden können, immer näher .....

dpa

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