Pflegeentlastungsbetrag: Voraussetzungen bei „Haushalt-Corona-Hilfe“ durch Privatperson
Bei dem in Mannheim lebenden Antragsteller A ist der Pflegegrad 2 (seit Juli 2020: Pflegegrad 3) anerkannt. Nach § 45b Abs. 1 SGB XI haben Pflegebedürftige in häuslicher Pflege grundsätzlich Anspruch auf einen Entlastungsbetrag in Höhe von bis zu 125 EUR monatlich (Kostenerstattung gegen Nachweise bei Inanspruchnahme durch einen nach Landesrecht anerkannten Dienstleister, wie z.B. eine Sozialstation). Der Antragsteller hatte entsprechende haushaltsnahe Dienstleistungen (Einkaufen, Putzen, Botengänge, Abfallentsorgung) bis März 2020 von der Sozialstation erhalten.
Pflegekasse lehnt „Haushalt-Corona-Hilfe“ ab
Bei seiner Pflegekasse beantragte A für den Zeitraum ab April 2020 Kostenerstattung für „Haushalt-Corona-Hilfe“ unter Vorlage von Quittungen. Diese waren durch verschiedene Privatpersonen unterzeichnet. Seine Pflegekasse lehnte dies ab, weil es sich bei den Privatpersonen um keine anerkannten Dienstleister handele. Nach erfolglosem Eilantrag beim Sozialgericht legte A Beschwerde vor dem Landessozialgericht ein.
LSG: Kein Anspruch auf Entlastungsbetrag bei Dienstleistungen durch Privatpersonen
Das LSG Baden-Württemberg wies die Beschwerde zurück. Die geltend gemachten haushaltsnahen Dienstleistungen seien nicht erstattungsfähig, weil es sich bei den Privatpersonen um keine anerkannten Dienstleister handele. Die Anerkennung von Einzelpersonen sei ausgeschlossen. Dies entspreche dem Zweck der gesetzlichen Regelungen, die gewünschten infrastrukturfördernden Effekte zu erzielen. Auf die Qualifikation der von A in Anspruch genommenen Einzelpersonen komme es daher nicht an.
§ 150 Abs. 5 SGB XI: pflegerischer Versorgungsengpass muss erkennbar sein
Nach § 150 Abs. 5 SGB XI könnten die Pflegekassen zwar nach ihrem Ermessen zur Vermeidung von - durch den Coronavirus im Einzelfall im häuslichen Bereich verursachten - pflegerischen Versorgungsengpässen Kostenerstattung gewähren. Dies gelte auch dann, wenn es sich um nicht durch Landesrecht anerkannte Dienstleister handele (z.B. Hilfe durch Verwandte, Bekannte, Nachbarn…).
Im konkreten Fall sei aber ein durch das Corona-Virus verursachter pflegerischer Versorgungsengpass für den vorliegend geltend gemachten Hilfebedarf derzeit nicht ersichtlich. Zwar seien die erbrachten Hilfen in den Quittungen für April und Mai 2020 als „Haushalt-Corona-Hilfe“ bezeichnet worden. Hieraus ergäben sich aber keine Hinweise auf das tatsächliche Bestehen eines pflegerischen Versorgungsengpasses. Insbesondere sei nicht erkennbar, dass und weshalb die Hilfeleistung nicht weiterhin durch die zuvor eingeschaltete Sozialstation habe erbracht werden können. Die Sozialstation habe A auch nicht mitgeteilt, dass sie die Hilfen aufgrund eines coronabedingten Versorgungsengpasses nicht länger erbringen könne (LSG Baden-Württemberg, Beschluss vom 9.11.2020, L 4 P 3250/20 ER-B).
Hinweis: Nach § 150 Abs. 5 SGB XI können die Pflegekassen nach ihrem Ermessen zur Vermeidung von durch das neuartige Coronavirus SARS-CoV-2 im Einzelfall im häuslichen Bereich verursachten pflegerischen Versorgungsengpässen Kostenerstattung in Höhe der ambulanten Sachleistungsbeträge (§ 36) nach vorheriger Antragstellung gewähren (…); dabei haben sie vorrangig Leistungserbringer zu berücksichtigen, die von Pflegefachkräften geleitet werden. Entsprechende Kostenerstattungszusagen sind jeweils auf bis zu drei Monate zu begrenzen. § 150 SGB XI wurde mit Wirkung vom 28.3.2020 neu eingefügt. Die zunächst bis 30.9.2020 befristete Regelung wurde bis zum 31.12.2020 verlängert. |
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