Pflegestärkungsgesetz II: Änderungen ab 1.1.2016

Das zweite Pflegestärkungsgesetz tritt am 1.1.2016 in Kraft. Das neue Begutachtungsverfahren und die Umstellung der Leistungsbeträge der Pflegeversicherung werden zum 1.1.2017 wirksam.

20 Jahre nach Einführung der Pflegeversicherung soll das System umfassend modernisiert werden. Die Bundesregierung will das Leistungsangebot verbessern und die Zahl der Pflegekräfte aufstocken. Kein Pflegebedürftiger werde durch die Umstellung auf das neue System schlechter gestellt, versicherte Gesundheitsminister Hermann Gröhe (CDU) am 12.8.2015 in Berlin. Das Kabinett hatte zuvor die zweite Stufe seiner Pflegereform gebilligt. Das erste sog. Pflegestärkungsgesetz war schon Anfang des Jahres in Kraft getreten.

Erhöhung des PV-Beitrags zum 1.1.2017

Kernpunkt der zweiten Reformstufe ist ein neuer Pflegebedürftigkeitsbegriff, der dementen Patienten den gleichen Zugang zu Pflegeleistungen ermöglicht wie körperlich Behinderten. Die bisherigen drei Pflegestufen sollen auf fünf Pflegegrade erweitert werden. Beide Stufen zusammen erhöhen die Beiträge zur Pflegeversicherung von 2,35 Prozent auf 2,55 Prozent im Jahr 2017 (bzw. 2,8 Prozent für Kinderlose). Das soll rund fünf Milliarden Euro bringen. Gröhe geht davon aus, dass damit bis 2022 die Reformen finanziert werden können.

Tatsächliche Unterstützungsbedarf werde erfasst

«Diese Reform nutzt allen - den Pflegebedürftigen, ihren Angehörigen und unseren Pflegekräften», versicherte der Minister. Der tatsächliche Unterstützungsbedarf werde besser erfasst. «Über die Leistungshöhe entscheidet künftig, was jemand noch selbst kann und wo sie oder er Unterstützung braucht.»

Kritik: Personalmangel werde nicht angegangen

Anbieter von Pflegediensten äußerten sich grundsätzlich positiv, mahnten jedoch Nachbesserungen an. Die Grünen-Gesundheitsexpertin Kordula Schulz-Asche erklärte, die Reform sei nicht ganz falsch, doch der massive Personalmangel werde nicht angegangen. Auch für die Deutsche Stiftung Patientenschutz greifen die Pläne zu kurz. «Es fehlt ein Konzept, das die Pflege zukunftssicher und generationengerecht macht», sagte Stiftungsvorstand Eugen Brysch. «Schon in sieben Jahren geht das Geld aus. Dann drohen den Beitragszahlern von heute Leistungskürzungen im Alter.»

Pflegende Angehörige besser abgesichert

Mit dem Pflegegrad 1 soll die Unterstützung früher als bisher beginnen. Mittelfristig könnten bis zu 500.000 Menschen zusätzlich in den Genuss von Pflegeleistungen kommen, schätzt Gröhe. «Außerdem entlasten wir pflegende Angehörige und sorgen dafür, dass sie in der Renten- und Arbeitslosenversicherung besser abgesichert sind.»

Private Sozialdienste und Deutscher Pflegerat positiv

Die privaten Sozialdienste sprechen von einem Fortschritt. «Für die meisten Betroffenen werden die Leistungen verbessert, und sie werden genauer eingruppiert», hieß es beim Bundesverband privater Anbieter sozialer Dienste (bpa). Die AOK Baden-Württemberg begrüßte, dass «endlich die Ungleichbehandlung von Menschen mit körperlichen Beschwerden und kognitiven Einschränkungen aufgehoben» werde.

Auch der Deutsche Pflegerat begrüßte den Kabinettsbeschluss. «Mit dem neuen Pflegebedürftigkeitsbegriff wird die Pflegeversicherung auf ein neues Fundament gestellt», sagt Ratspräsident Andreas Westerfellhaus. Nachhaltigen Erfolg könne es allerdings nur mit zusätzlichem Fachpersonal geben.

Ungleiche Behandlung bei Heimbewohnern

Brysch bemängelte zudem, dass Heimbewohner medizinische Behandlungspflege wie Medikamentengabe oder Verbandswechsel durch examinierte Pflegekräfte weiter selbst zahlen müssten. Bei Pflegebedürftigen daheim komme die gesetzliche Krankenversicherung dafür auf. «Diese Ungleichbehandlung ist verfassungsrechtlich bedenklich», sagte er. Die Stiftung prüfe deshalb eine Verfassungsklage.

Zum Runterladen:

Der aktuelle Kurzratgeber „Informationen für Demenzkranke und ihre Angehörigen“ des Bundesministeriums für Gesundheit richtet sich vorrangig an pflegende Angehörige mit Hinweisen zu konkreten Herausforderungen im Alltag.

Weitere News zum Thema:

Kein Wohngruppenzuschlag bei fehlender Wählbarkeit des Pflegedienstes

Psychische Belastung Pflegender von Demenzkranken

dpa