Tattoo-Entfernung: Wann die Krankenkasse zahlen muss

Die Leistungen der gesetzlichen Krankenversicherung sind grundsätzlich im Sozialgesetzbuch (SGB V) geregelt. Es gibt jedoch auch Sachverhalte, in denen die Gerichte entscheiden müssen. So auch im Falle einer Versicherten, die mit Erfolg die Kostenübernahme für die Entfernung ihrer Tätowierung einklagte.

Die 30-jährige Klägerin war Opfer eines als "die heiligen Zwei" bekannten Täterduos und wurde von diesen zur Prostitution gezwungen. Während dieser Zeit wurde der Klägerin unter dem Vorwand der Verbundenheit zu den Tätern am Hals eine Tätowierung mit den Initialen der Vornamen beider Täter und der Abkürzung DH2 für "die heiligen Zwei" gestochen.

Krankenkasse lehnte Kostenübernahme der Tattoo-Entfernung ab

Nach der Befreiung von der Zwangsprostitution durch die Polizei beantragte die Klägerin die Übernahme der Kosten für die Entfernung der Tätowierung. Die Beklagte lehnte den Antrag ab. Die Entfernung einer Tätowierung sei keine Krankenbehandlung.

Sozialgericht: Krankenbehandlung liegt ausnahmsweise vor

Die Richter des Sozialgerichts Düsseldorf gaben der Klage statt. Es handele sich bei der Entfernung der Tätowierung ausnahmsweise um eine Krankenbehandlung. Denn die Tätowierung wirke entstellend und es drohe die Gefahr eines Rückzugs aus dem sozialen Leben.

Schlechte Heilungsprognose von posttraumatischer Belastungsstörung

Schon bei flüchtiger Betrachtung falle die Tätowierung aufgrund ihrer Größe und Lage am Hals auf und wecke Aufmerksamkeit und Neugier. Sie könne Nachfragen auch von unbekannten Passanten auslösen. Die Klägerin könne als Opfer der Zwangsprostitution erkannt werden, zumal über den Fall in der Presse berichtet worden sei. Ohne die Entfernung der Tätowierung sei die Heilungsprognose der bei der Klägerin bestehenden posttraumatischen Belastungsstörung erheblich schlechter.

Psychotherapie als Alternative?

Die Klägerin sei auch nicht auf eine Psychotherapie zu verweisen, da es nicht um das subjektive Empfinden der Klägerin mit einer natürlichen körperlichen Anomalie gehe. Die Situation sei nicht mit einer Tätowierung vergleichbar, die aus freien Stücken gestochen wurde und später schlichtweg nicht mehr gefalle.

Hinweis: SG Düsseldorf, Urteil v. 26.1.2017, S 27 KR 717/16

SG Düsseldorf

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