Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende: Rechtmäßigkeit des gesetzlich vorgesehenen Regelbedarfs

 

Leitsatz (amtlich)

Zu den Erfolgsaussichten einer Klage, mit der geltend gemacht wird, dass der seit 01.01.2016 geltende Regelbedarf zu niedrig festgesetzt wurde.

 

Orientierungssatz

Gegen die für den Zeitraum ab 1.1.2016 auf der Basis einer Fortschreibung durch das zuständige Bundesministerium festgelegten Regelsätze für die Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende bestehen keine verfassungsrechtlichen Bedenken.

 

Tenor

Die Beschwerde des Klägers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Würzburg vom 01.06.2016 wird zurückgewiesen.

 

Gründe

I.

Der Kläger (Beschwerdeführer) steht beim Beklagten im Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).

Am 28.01.2016 stellte der Kläger bei der Beklagten einen Weiterbewilligungsantrag. Mit Bescheid vom 02.03.2016 bewilligte der Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts für den Zeitraum März 2016 bis Februar 2017. Hiergegen legte der Kläger Widerspruch ein, der mit Widerspruchsbescheid vom 21.03.2016 zurückgewiesen wurde. Am 15.04.2016 und am 21.04.2016 ergingen Änderungsbescheide des Beklagten für den Bewilligungszeitraum.

Bereits am 11.04.2016 hatte der Kläger Klage zum Sozialgericht Würzburg (SG) erhoben und beantragt,

1. den Bescheid vom 02.03.2016 in der Form des Widerspruchsbescheides vom 21.03.2016 aufzuheben.

2. dem Kläger einen gesetzeskonformen Regelsatz im Sinne des § 20 Abs. 5 Satz 2 SGB II i.V.m. § 28 Abs. 1 SGB XII bzw. § 28 SGB XII ab dem 01.01.2016 zu gewähren.

Zugleich hat er beantragt,

ihm Prozesskostenhilfe (PKH) unter Beiordnung von RA R., A-Stadt zu gewähren.

Mit Beschluss vom 01.06.2016 hat das SG den Antrag auf Gewährung von PKH und auf Beiordnung von RA R. abgelehnt, weil die beabsichtigte Rechtsverfolgung keine hinreichende Aussicht auf Erfolg biete. Der Beklagte habe die Regelleistung auf der Grundlage der derzeit geltenden Rechtsnormen festgesetzt. Das SG habe keinen Zweifel daran, dass diese Vorschriften verfassungskonform seien.

Hiergegen hat der Kläger Beschwerde zum Bayerischen Landessozialgericht (LSG) eingelegt. Er trägt im Wesentlichen vor, dass der Regelsatz in rechts- bzw. verfassungswidriger Weise bislang nicht auf der Grundlage der Einkommens- und Verbraucherstichprobe 2013 angepasst worden sei.

II.

Die Beschwerde ist zulässig, insbesondere ist sie fristgerecht innerhalb eines Monats ab Zustellung des angegriffenen Beschlusses erhoben worden (§ 173 Sozialgerichtsgesetz - SGG). Ein Ausschlussgrund im Sinne von § 172 Abs. 3 SGG liegt nicht vor; insbesondere hat das SG seine Ablehnung der Bewilligung von PKH nicht auf das Fehlen der persönlichen oder wirtschaftlichen Voraussetzungen gestützt.

Die Beschwerde ist aber unbegründet, weil das SG im Ergebnis zu Recht den Antrag auf PKH mangels hinreichender Erfolgsaussicht abgelehnt hat.

Nach § 73a Abs. 1 SGG i.V.m. § 114 Zivilprozessordnung (ZPO) erhält ein Beteiligter, der nach seinen persönlichen und wirtschaftlichen Verhältnissen die Kosten der Prozessführung nicht, nur zum Teil oder nur in Raten aufbringen kann, auf Antrag PKH, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint. Bei der Prüfung der hinreichenden Aussicht auf Erfolg im Rahmen der PKH erfolgt nur eine vorläufige Prüfung. Dabei ist der verfassungsrechtlich gezogene Rahmen (Art. 3 Abs. 1, 20 Abs. 3, 19 Abs. 4 Grundgesetz - GG) zu beachten. Deshalb dürfen keine überspannten Anforderungen gestellt werden (Bundesverfassungsgericht - BVerfG -, Beschluss vom 07.04.2000 - 1 BvR 81/00, NJW 2000, 1936). Eine hinreichende Erfolgsaussicht ist anzunehmen, wenn das Gericht den Rechtsstandpunkt des Klägers aufgrund der Sachverhaltsschilderung und der vorliegenden Unterlagen für zutreffend oder zumindest für vertretbar hält und in tatsächlicher Hinsicht von der Möglichkeit der Beweisführung überzeugt ist (Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 11. Aufl. 2014, § 73a Rn. 7, 7a) bzw. wenn die Erfolgsaussicht nicht nur eine entfernte ist (vgl. z.B. BVerfG vom 13.07.2005 - 1 BvR 175/05; BVerfGE 81,347,7 f.; st.Rspr.). Denn der Zweck der PKH, dem Unbemittelten weitgehend gleichen Zugang zum Gericht wie dem Bemittelten zu gewähren, gebietet, ihn einem solchen Bemittelten gleichzustellen, der seine Prozessaussichten vernünftig abwägt und dabei auch das Kostenrisiko mitberücksichtigt (BVerfG, BVerfGE 81, 347, 356 ff = NJW 1991, 413 f; BVerfG FamRZ 1993, 664, 665).

Auch unter Zugrundelegung dieser weiten Auslegung des § 114 ZPO ist eine hinreichende Aussicht auf Erfolg zu verneinen. Mit hoher Wahrscheinlichkeit hat der Kläger keinen Anspruch auf Berücksichtigung eines höheren Regelbedarfs für den Bewilligungszeitraum März 2016 bis Februar 2017 und damit auch keinen Anspruch auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Die Erfolgsaussicht ist daher allenfalls eine entfer...

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