Entscheidungsstichwort (Thema)

Berufungsfrist. Wiedereinsetzung in den vorigen Stand. Postlaufzeit. Bosnien-Herzegowina

 

Leitsatz (redaktionell)

Für ein Schreiben von Bosnien-Herzegowina nach Deutschland ist eine Postlaufzeit von zehn Tagen nicht unüblich. Vertraut der Absender dennoch darauf, die Post werde deutlich schneller zugestellt, handelt er nicht ohne Verschulden; Wiedereinsetzung in den vorigen Stand ist dann ausgeschlossen.

 

Normenkette

SGG §§ 67, 87 Abs. 2 S. 1, §§ 151, 153 Abs. 1

 

Tenor

I. Die Berufung gegen das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15. Februar 2006 wird als unzulässig verworfen.

II. Außergerichtliche Kosten des Klägers sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist der Anspruch des Klägers auf Rente wegen Erwerbsminderung streitig.

Der 1949 geborene Kläger stammt aus Bosnien-Herzegowina und hat dort seinen Wohnsitz. In Deutschland war der Kläger zwischen April 1970 und Dezember 1975 nach eigenen Angaben als LKW-Fahrer beschäftigt und entrichtete 68 Kalendermonate an Pflichtbeiträgen zur gesetzlichen Rentenversicherung. Der Rentenversicherungsträger seiner Heimat bestätigte dem Kläger von April 1977 bis August 2003 insgesamt 315 Monate und 26 Tage an Pflichtbeitragszeiten.

Am 24.03.2003 beantragte der Kläger über den Versicherungsträger in Bosnien-Herzegowina bei der Beklagten eine Rente wegen Erwerbsminderung. Mit Bescheid vom 30.01.2004 lehnte die Beklagte den Rentenantrag mit der Begründung ab, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung nicht erfüllt seien und daher ein Anspruch auf Rente wegen Erwerbsminderung nicht bestehe. Mit Widerspruch vom 25.02.2004 machte der Kläger geltend, dass er bis zum 01.08.2003 in Bosnien-Herzegowina gearbeitet habe und daher die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen erfüllt sein müssten. Daraufhin forderte die Beklagte einen aktuellen bosnisch-herzegowinischen Versicherungsverlauf an.

Mit Widerspruchsbescheid vom 27.07.2004 wies die Beklagte den Widerspruch des Klägers zurück. Nunmehr ging sie davon aus, dass die besonderen versicherungsrechtlichen Voraussetzungen zum Zeitpunkt der Rentenantragstellung erfüllt seien, aber der Kläger nicht erwerbsgemindert sei. Dies ergebe sich aus dem Gutachten der Invalidenkommission in S. nach einer Untersuchung des Klägers am 05.06.2003, die ein zeitliches Leistungsvermögen von mehr als sechs Stunden für den allgemeinen Arbeitsmarkt festgestellt habe.

Am 13.08.2004 erhob der Kläger Klage zum Sozialgericht Landshut und machte geltend, dass er aufgrund seiner Herzkrankheit, der allgemeinen Schwäche, Schmerzen in den Beinen und Armen und weiteren Krankheiten nicht einmal mehr zwei Stunden täglich arbeiten könne. Das Sozialgericht Landshut beauftragte, nachdem der Kläger verschiedene medizinische Unterlagen über seinen Gesundheitszustand vorlegte, den Internisten Dr. P. sowie den Neurologen und Psychiater Dr. R. mit der Begutachtung des Klägers. Beide Gutachter kamen in ihrem Gutachten vom 13.02.2006, nach persönlicher Untersuchung des Klägers, zu dem Ergebnis, dass der Kläger leichte Arbeiten im Wechsel zwischen Gehen, Sitzen und Stehen, ohne Heben und Tragen schwerer Lasten, ohne besonderen Zeitdruck, ohne Zwangshaltung, ohne Nachtdienst sowie ohne Akkord vollschichtig verrichten könne. Die Tätigkeiten sollten überwiegend in geschlossenen Räumen und frei von Zugluft ausgeübt werden.

Das Sozialgericht wies die Klage mit Urteil vom 15.02.2006 ab, da der Kläger nach dem Gesamtergebnis der medizinischen Sachaufklärung trotz seiner Gesundheitsstörungen (Zustand nach Schlaganfall mit diskreter Rest-Halbseitensymptomatik links, leichte Depression, rezidivierende Kopfschmerzen, leichte Funktionsbehinderung der Wirbelsäule mit Nerven- und Muskelreizerscheinungen, coronare Herzkrankheit bei Zustand nach Herzinfarkt 1995, arterielle Hypertonie bei Adipositas sowie einer Neigung zu Magen- und Darmbeschwerden), leichte Tätigkeiten vollschichtig verrichten könne.

Das Urteil wurde dem Kläger durch Einschreiben am 05.07.2006 zugestellt.

Am 09.10.2006 hat der Kläger beim Sozialgericht Landshut Berufung gegen das Urteil eingelegt, die am 01.02.2008 an das Bayer. Landessozialgericht weitergeleitet wurde.

Auf den Hinweis des Senates, dass die Berufung verfristet sei und daher als unzulässig zu verwerfen sei, der Kläger aber Wiedereinsetzungsgründe geltend machen könne, erfolgte zunächst keine Antwort.

Mit Schreiben vom 03.08.2008 hat der Kläger mitgeteilt, dass er der Auffassung sei, dass "die am 15.02.2006 eingelegte Berufung" nicht verfristet sei. Das Urteil des Sozialgerichts sei ihm am 05.07.2006 zugestellt worden. Daher dürfte die Frist auch erst ab Zustellung des erstinstanzlichen Urteils begonnen haben, so dass seine "Berufungseinlegung vom 29.09.2006 fristgerecht" erfolgt sei.

Der Kläger beantragt sinngemäß,

das Urteil des Sozialgerichts Landshut vom 15.02.2006 sowie den Bescheid der Beklagten vom 20....

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