Entscheidungsstichwort (Thema)

Sozialversicherungspflicht. Abgrenzung von abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit bei einer formellen Ausgestaltung der Tätigkeit durch projektbezogene Teilleistungsvereinbarungen bzw Beraterverträge

 

Orientierungssatz

Nach der ständigen Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Allerdings kann dies - vornehmlich bei Diensten höherer Art - eingeschränkt und zur funktionsgerechten dienenden Teilhabe am Arbeitsprozess verfeinert sein. Demgegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Maßgebend ist, wie die Beteiligten des Beschäftigungsverhältnisses die Tätigkeit im Rahmen des rechtlich Erlaubten ausgestaltet haben. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt im Ergebnis davon ab, welche Merkmale im Einzelfall überwiegen, hier im Falle einer freiberuflichen, selbständigen Tätigkeit mit einer formellen Ausgestaltung der Tätigkeit durch projektbezogene Teilleistungsvereinbarungen bzw Beraterverträge. (vgl BSG vom 25.1.2001 - B 12 KR 17/00 R = USK 2001-25).

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 02.11.2011; Aktenzeichen B 12 KR 34/11 B)

 

Tenor

I. Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts München vom 12. März 2008 wird zurückgewiesen.

II. Der Kläger hat der Beigeladenen zu 3) die außergerichtlichen Kosten zu erstatten. Weitere außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

III. Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Zwischen den Beteiligten ist die Versicherungspflicht des Klägers im Rahmen seiner Tätigkeit für die Beigeladene zu 3. streitig.

Der 1949 geborene Kläger ist Diplom-Ingenieur für Maschinenbau und seit 1974 bei der Beklagten versichert. Nach einer Mitgliedschaft als versicherungspflichtiger Student wurde er auf seinen Antrag ab dem 01.10.1989 - mit Ausnahme einer einjährigen Einstufung als freiwilliges Mitglied ohne Berufstätigkeit - als Selbständiger ohne Anspruch auf Krankengeld geführt. Seit dem 01.08.2004 ist der Kläger freiwillig ohne Berufstätigkeit und ohne beitragspflichtige Einnahmen versichert.

Für die Beigeladene zu 3., ein Unternehmen, das mit der weltweiten Planung und Erstellung vollautomatisierter Produktionsstätten befasst ist, war der Kläger langjährig als Projektleiter tätig. In diesem Rahmen erlitt er am 28.07.2004 einen Unfall in Russland mit erheblichen Verletzungsfolgen. Am 01.11.2004 meldete sich der Kläger bei seinem zuständigen Rentenversicherungsträger, der Rechtsvorgängerin der Beigeladenen zu 1., und beantragte eine Kontenklärung durchzuführen. Im Weiteren gab er an, dass er vom 01.10.2001 bis zum 31.12.2003 bei der Beigeladenen zu 3. als Konstrukteur, Einkaufsprojektleiter und Inbetriebnehmer von Glasherstellungsanlagen beschäftigt gewesen sei. Später ergänzte der Kläger, dass er seit dem 14.08.1980 selbständig sei, am Betriebssitz des Auftraggebers arbeite, regelmäßige Arbeits- und Anwesenheitszeiten im Umfang von 40 Stunden wöchentlich einzuhalten habe, Weisungen der Firma unterworfen sei und keinen eigenen Kapitaleinsatz trage. Zur Klärung des Status des Klägers schaltete der Rentenversicherungsträger die Beklagte ein und bat um Prüfung des Versicherungsverhältnisses nach § 7 SGB IV. Ein Verfahren bei der Clearingstelle der BfA komme nicht in Betracht, da die Zweifel an der selbständigen Tätigkeit des Klägers im Rahmen eines Verwaltungsverfahrens aufgetreten seien. Am 13.01.2005 wandte sich auch der Kläger an die Beklagte und beantragte die Herabsetzung der monatlichen Beiträge für seine selbständige Versicherung. Auf Nachfrage der Beklagten teilte er dieser mit, dass er kein eigenes Gewerbe angemeldet habe, ohne schriftlichen Arbeitsvertrag Leistungen ausschließlich im Namen und auf Rechnung der Beigeladenen zu 3. als Auftraggeberin erbringe, keinen Anspruch auf Entgelt bei Arbeitsunfähigkeit bzw. Urlaub habe, über ein Firmenfahrzeug verfüge und die gleichen Arbeiten wie festangestellte Mitarbeiter ausführe. An das Finanzamt werde Umsatzsteuer abgeführt.

Der Bevollmächtigte des Klägers beantragte am 26.03.2005 bei der Beklagten die Feststellung der Versicherungspflicht des Klägers. Seit 1989 habe er ausschließlich in den Räumen der Beigeladenen zu 3. gearbeitet. Erst im Jahre 2000 seien Teilleistungsverträge unterzeichnet worden, die rückwirkend bis zum Jahr 1994 zurück datiert wurden. Der Stundenlohn wäre für eine selbständige Tätigkeit viel zu niedrig gewesen (35,80 Euro pro Stunde). Vorgelegt wurden Anwesenheitslisten und ein Telefonverzeic...

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